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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Aber selbst wenn es gelang, auch sie mitzunehmen, wie sollte es weitergehen? Wie konnten wir zum Yellowstone gelangen, mit ein paar hundert Indianern im Rücken? Man würde uns kaum in Ruhe Vorräte und Ausrüstung packen lassen, und man darf nicht übersehen, daß am Ziele eines jeden Abenteuers immer noch ein weiteres bevorsteht, nämlich die Rückkehr. Wie ein zweites Mal durch das Indianergebiet ziehen, zurück nach Cheyenne, falls der nahe Winter es unmöglich machte, über die Berge ins benachbarte Montana oder Idaho auszuweichen? Alles dies sollte ein einziger Mann bewerkstelligen, nämlich Winnetou?

    Mir erklärte sich seine Unsichtbarkeit so: Der Übermacht der Schoschonen bereits auf dem Wege zu ihrem Lager entgegenzutreten, hatte er genau wie ich als Wahnsinn erkannt. Auch jetzt war ihre Wachsamkeit unvermindert hoch. Donnerwolke legte es darauf an, noch in dieser Nacht für klare Verhältnisse zu sorgen; offenbar fürchtete er die Beschämung, wenigstens mich durch Winnetou befreit zu sehen.
    Es blieb nur eine wirklich geeignete Gelegenheit: jener Moment, da unsere lieben Gastgeber ihre Beratung abgeschlossen und ein Urteil gegen uns gefällt hätten. Gegen uns, erst recht gegen mich würden sie entscheiden, das stand bei mir fest. Ma-ta-weh würde nicht lockerlassen. Dann würden die Roten bis zur Verzückung tanzen und sich an ihren mysteriösen Pilzen berauschen. Unter deren aufputschender und zugleich betäubender Wirkung würde ihnen das Schlachten noch leichter fallen. Dieser Zeitpunkt, der gegen Mitternacht gekommen sein könnte, würde der beste Augenblick für einen Befreiungsversuch sein, also unmittelbar bevor man uns an die Pfähle bände. Danach würde es jedem noch so verwegenen Manne kaum mehr möglich sein, uns alle freizuschneiden, uns zu den Pferden zu bringen und aus dem Lager zu galoppieren – es sei denn, dieser Verwegene brächte ausreichende Verstärkung mit.
    Das brachte mich auf die nächste Frage: Wo war Vogel, der junge Upsaroka?
    Seit wir am Ocean Lake angelangt waren, hatte jener Kolkrabe nicht mehr getschilpt. Auch an diesem Schweigen glaubte ich ein Zeichen zu erkennen: ob Winnetou sich mit dem Knaben zusammengetan hatte?
    Noch mehr dachte ich an die »Erdgeister« und die erwähnten Geysire, an »Old Faithful«. Ein kraftvoller, beeindruckender Kerl mußte das sein, dieser vulkanische Wasserauswurf, daß man ihm einen solchen Namen gegeben hatte. Worum ging es Hayes mit ihm, weshalb hatte er die Washburn-Männer nicht einfach töten lassen? Sein Ziel war diese geheimnisvolle Quelle, es konnte gar
nicht anders sein. Um dort einen bestimmten seiner finsteren Zwecke zu verwirklichen, war er auf Hilfe angewiesen – aber würde Washburn, unter welchen Drohungen auch immer, einem Verbrecher zu Willen sein?
    Es mag unverantwortlich erscheinen, aber ich beschloß, meine wiedererlangte Bewegungsfreiheit nicht für einen Fluchtversuch zu nutzen. Ein anderes Wagnis mußte ich eingehen, und zwar versuchen, Hayes’ Beweggründe zu erkunden sowie uns lange genug von den Marterpfählen fernzuhalten und gleichzeitig darauf hinzuwirken, daß die Roten ausgiebig von ihren Rauschmitteln kosteten. Winnetous heimliches Wirken konnte nur gelingen, wenn ich dazuhalf.
    Unversehens bot sich dazu eine Gelegenheit.
    Während ich mich meinen Gedanken hingegeben hatte, war ich von Donnerwolke an das größte der Feuer geführt worden. Dort sollte die nächtliche Versammlung abgehalten werden, und dort wies er mir nun meinen Platz zu. Zwar war ich, wie sich denken läßt, nach links und rechts von Kriegern umgeben, aber in meinem Rücken befanden sich nur ein paar Tipis. Aus Respekt vor den erwarteten Alten und wohl auch weil gleich noch getanzt werden sollte, saß ich damit weit genug von der Feuerstelle entfernt, aber auch nahe genug an jenen Zelten, so daß sie mir Deckung bieten konnten.
    »Donnerwolke«, sagte ich, ehe ich mich setzte. »Bin nur ich es, der sich vor deinem Stamme zu verantworten hat, oder sind auch meine Gefährten und das weiße Mädchen angeklagt? Ferner hältst du ein Bleichgesicht namens Washburn sowie seine Männer gefangen. Was ist mit ihnen?«
    »Old Shatterhand wird ihnen allen begegnen, sobald die Beratung beginnt. Er mag für sie alle sprechen. Wird der Tod über ihn beschlossen, so trifft es alle Bleichgesichter, spricht man ihn frei, so kommen auch sie frei – ist Old Shatterhand nun davon überzeugt, daß keiner der Schoschonen ihn fürchtet?«
    »Ja«, sagte

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