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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Sache zu klären hatte, stapfte sie in ihren Stiefeln auf das Feuer zu, mitten hinein in die Indianermenge. Das Groteske geschah, und leider auch das Unglückliche, denn sowie die Roten Hayes Platz gemacht hatten, so öffnete sich die Menge von der anderen Seite für die Goldene Squaw. Im Feuerscheine sah sie genauso stolz und aufrecht aus wie neulich bei dem Überfall am Flusse. Auch jetzt wirkte sie entschlossen, obwohl ich keine Waffe an ihr sah.
    Hayes, der ihr Kommen nicht hatte sehen können, setzte eben zu einer Rede an, als das Fräulein ihn übertönte:
    »Verbrecher! Mörder!«

    Die Achtung des gesamten Stammes richtete sich auf die schöne Sächsin. Daß sie keine Fesseln trug, war seit unserer Gefangennahme ein Zugeständnis von Hayes gewesen; gleichwohl machte niemand Anstalten, sie in Gewahrsam zu nehmen.
    »Intrigant! Betrüger!« rief auf englisch Alma und trat Hayes gegenüber. »Alles habe ich mit angehört, drüben in dem Zelt, alles! Ihr verbargt Euch mit Eurem Spießgesellen Kilmer und spracht deutsch. In Cheyenne habt Ihr mir eine Komödie vorgespielt, und jetzt tut Ihr das gleiche bei den Indianern!«
    Ich konnte sehen, daß Hayes zutiefst erschrak. Eigenartig genug, verband uns in diesem Moment wohl derselbe Gedanke: Wie hatte Alma es angefangen, zu entschlüpfen und Hayes und Kilmer zu belauschen? Sie also war es gewesen, die mir jenes unbestimmte Gefühl eingegeben hatte, mich nicht allein an dem Tipi zu befinden. Dieser war in seinem Durchmesser groß genug, daß sich hinter seinen Außenseiten jeweils ein Mensch verbergen konnte – das unfaßbare Mädchen hatte Ma-ta-weh beschlichen, und ich, Old Shatterhand, hatte sie nicht entdeckt.
    Zuvor war es Halef gewesen, der sich in Rage geredet hatte, nun war Alma an der Reihe. Mit der Entrüstung ihrer jungen Jahre warf sie Hayes seine Schlechtigkeit an den Kopf. Bedenklich wurde es, als sie jenen Punkt berührte, der ihn um Kopf und Kragen bringen mußte: seine vorgetäuschte Rettung von Donnerwolkes Vater:
    »Und wie war das mit dem Gelben Blitz? Mit dem Grizzly, den Ihr allein mit Eurem Bärenmesser gefällt haben wollt? Mit der Großtat, die Euch zum Helden unter Euren roten Freunden machte? Jedes Wort, das Ihr Eurem Freunde Kilmer erzähltet, habe ich mir gemerkt!«
    Hayes setzte zum Sprunge auf das Fräulein an – das war der Augenblick von Theobald Hirtreiter!
    Bisher war es ihm nicht gelungen, den Kordon der ihn zurückhaltenden Indianer zu durchbrechen. Weil er aber etwas im Schilde führte, was absolut keinen Aufschub duldete, mobilisierte er nochmals alle Kraft. Mit seinen ungefesselten Füßen stieß er zahlreiche
der Krieger von sich. Diese strauchelten und fielen gegen Hayes, dessen Absicht fürs erste vereitelt wurde. So gelangte Hirtreiter vor Donnerwolke. Daß der Schoschone den Bayern überragte, beeindruckte ihn nicht. Gestählt von seiner Zeit als Küchenjunge bei jenem unvergeßlichen Johann Rottenhöfer, grätschte er die Beine, genau wie bei dem Messerwerfen im Boarding House, doch diesmal gab er sich weniger bescheiden, denn er reckte das Kinn, was ihm fürwahr ein trotziges Aussehen verlieh. Nie werde ich das mundartlich gefärbte Englisch vergessen, in dem das Oberhaupt der Königlich Bayerischen Hofküche das Oberhaupt der »Schlangen« ansprach:
    »Bittschön, Herr Häuptling, Ihr machts einen Fehler! Das Mädel sagt die Wahrheit; dieser Sakramenter, der Herr Ma-ta-weh, ist alles andere als Ihr bester Freund, ich kann’s beschwörn! Es war nämlich so: Einen Wurfkampf mit seinem Messer hat’s geben, im Wirtshaus vom Herrn Pfäffle, dem Schwabenmanderl. Wie er aber g’merkt hat, daß er nix reißt, der feine Herr Hayes, da ist er ausg’ruckt. Ihr müßt’s wissen, Herr Häuptling, daß er und seine Leutl in der Stadt Spuren g’legt haben, damit Ihr und Eure Krieger als ein rechtes G’sindel ausschauts, als Diebe und Räuber. Dabei hat Euer Herr Bruder selbst einbrechen lassen ins Magazin, während er uns mit seinem Kirschkernderlmesser abg’lenkt hat. Eine schöne Bagage treibt sich umanand 83 in Eurem Wilden Westen, bin i a Bayer, oder bin i a Preiß!«
    Wären die Umstände nicht todernste gewesen, ich hätte laut auflachen mögen. Unser bayerischer Kamerad las dem roten »König« die Leviten!
    Doch nichts weniger als Anlaß zum Lachen gab es, als Hayes dieses weitere schlechte Zeugnis vernahm; dabei hatte ich, dessen Wort er doch am meisten fürchtete, noch gar nicht gesprochen. Alles war

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