Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
Vom Netzwerk:
nix.«
    »Gott sei Dank. Aber Alma! Haben Sie – – – «
    Ich kam nicht dazu, meine Frage zu vollenden, denn auf den ersten und zweiten Schrecken folgte nun für die Schoschonen der dritte. Mir jedoch begegnete er als Freude: Winnetou rückte an!
    Wie bei einem Wetterumschwunge wurden die Schüsse am Waldesrande plötzlich durch Angriffsgeheul sowie das neuerliche Getrappel von Pferden abgelöst. Aus dem Wald und von den Felsen herab flutete eine ganze Armee von Reitern und Läufern heran. Was ich vermutet hatte, war eingetreten: Winnetou hatte sich mit den Upsarokas zusammengetan, die, wie ich später erfuhr, tatsächlich von dem Indianerjungen Vogel auf die Spur der »Schlangen« gesetzt worden waren.
    Es mag den Leser erstaunen, wenn ich sage, daß ich auch bei dieser dritten aufeinanderfolgenden Überraschung ganz ruhig blieb. Mir war sofort klar gewesen, daß die Angreifer es nicht auf Blutvergießen anlegten. Sie beließen es dabei, das Lager von der Landseite her zu umzingeln, so daß es kaum einem Schoschonen möglich war zu entkommen. Auch über den See gab es kein Entrinnen. Ein Schwarm von Kanus bedeckte die Wasseroberfläche; überall blitzten Gewehrläufe sowie zum Wurfe ausgeholte Messer und Tomahawks. Die Schoschonen waren eingekesselt, von wenigstens dreihundert Mann, wie ich schätzte.
    Dies war, selbst ohne einen einzigen Toten, eine empfindliche Niederlage für Donnerwolke. Er hatte sein Volk in eine schlimme Lage gebracht, doch war ich froh, daß er Geistesgegenwart genug besaß, seinen Kriegern Waffenstille zu verordnen, die auch eingehalten
wurde. Sie ahnten, daß es zum Schutze ihrer Angehörigen besser war, sich zu fügen.
    So empfing nicht Kugel- oder Pfeilhagel den vordersten Reiter des ersten Pulks, der nun herankam, sondern ungläubiges Staunen: Den »Krähen« ritt ein als Apache gekleideter Indianer voraus, und über seinem Kopfe schwang er als Erkennungszeichen seine berühmte Silberbüchse, deren Beschläge das Sternenlicht reflektierten. Es gab kein Rätseln um den Namen dieses Mannes, jedes der Schoschonenkinder hatte schon von ihm gehört.
    Ich stellte mich neben Donnerwolke, der um ein wenig Schützenhilfe froh sein mußte, und schon sprang Winnetou von seinem Rappen und begrüßte mich:
    »Der Große Geist hat über meinen Bruder Scharlih gewacht. Er ist unverletzt – Winnetous Herz ist froh!«
    »Ja«, sagte ich. »Und der Große Geist hat auch Winnetou beschützt. Genau im richtigen Moment führt er ihn herbei. Neben mir steht Donnerwolke, der Häuptling der Schlangen. Er ist klug genug zu erkennen, daß Manitou auch ihm und den Seinen nichts Böses bringt. Wo Winnetou und Old Shatterhand sich zeigen, haben Haß und Zorn keinen Platz.«
    Befriedigt nickte Winnetou. Im nächsten Moment blickte er suchend über meine Schultern. Als erstes sah er Halef und Hirtreiter, als nächstes die Washburn-Leute. Wie wir hatten auch sie es vorgezogen, die weitere Entwicklung abzuwarten, statt kopflos in die Nacht zu fliehen. Bis auf Everts sahen sie den Häuptling zum ersten Mal. Entsprechend hielten sie sich zurück, obwohl Washburn sichtlich darauf brannte, die »Phantasiegestalt«, als welche Hayes auch ihn hingestellt hatte, kennenzulernen.
    Aber mein Blutsbruder blickte besorgt.
    »Winnetou ist erfreut, die Freunde meines Bruders und auch die anderen Bleichgesichter wohlauf zu sehen. Doch vermißt er die Goldene Squaw – ist ihr etwas zugestoßen?«
    Es erwies sich, daß nirgends im Lager eine Spur von ihr zu finden war. Mitnichten war sie unter die Hufe geraten oder von
einem Schuß getroffen worden. Das konnte nur bedeuten, Hayes hatte sich ihrer bemächtigt, sie als Geisel mitgenommen. Versiert als Reiter und kaltblütig als Kämpfer, wie er war, traute ich ihm zu, daß er sie einfach gepackt und zu sich aufs Pferd gezogen hatte. Wohin er sie verschleppen würde, wußte ich. Aber wie lange würde es dauern, bis ich Alma befreien konnte?
    Ich mußte mir meine Sorge aufsparen. Für den Augenblick waren andere unerläßliche Dinge zu klären. Die Schoschonen befanden sich gewissermaßen in den Händen der Upsarokas. Ein falsches Wort, eine falsche Geste, und das Hauen und Stechen konnte losgehen. Wollten sie nicht niedergemacht werden, hatten sie ihren Bezwingern Tribut zu leisten – Mustangs, Felle, Fleisch, vielleicht auch Waffen. Denkbar war auch, daß eine Abordnung Mädchen zu den Krähen übertreten mußte. Deshalb mußten Winnetou und ich versuchen, die anstehenden

Weitere Kostenlose Bücher