Hadschi Halef Omar im Wilden Westen
Hayes nichts mehr zu tun haben!«
»Wirklich, Alma? Dann soll ich also für mich behalten, wo sich Mutter, Vater, Schwester Grüner befinden?«
»Sie tun nur so, Sie kennen lediglich unseren Familiennamen.«
»Ja? Soll ich nicht auch sprechen von Hans Gustav Grüner, von Edda Grüner, von Erna Grüner? Aber nein, Sie haben recht, ich schweige besser. Das Fräulein Alma sagt sich los, es will mit Milton Hayes nichts mehr zu tun haben.«
»Mister Hayes!« bat Alma eindringlich. »Sprechen Sie nicht in Rätseln. Seit Monaten forsche ich nach meiner Familie. Wenn Sie etwas wissen, müssen Sie es mir sagen!«
»So, muß ich das? Kann mich jemand zu sagen verpflichten, daß Ihre Lieben fern des Wilden Westens weilen, in einer Oase mitten im nordafrikanischen Sand, als Gefangene eines größenwahnsinnigen Despoten, dem Ihre Schwester, Alma, als Tänzerin zu Gefallen sein muß. Sonst nämlich drohen Ihren Eltern Hiebe mit dem Stock und der Peitsche, am Ende gar der Tod. Ob das Fräulein Erna seinen Hochmut pflegen wird wie Sie, Alma, den Ihren? Ja, dies alles könnte ich für mich behalten, aber ich sage Ihnen sogar, woher ich mein Wissen habe: Ihr redseliger Muselmann, Herr Halef, hat sich bei Herrn Pfäffle verbreitet. Dieser hielt aber seine Geschichten für eine Räuberpistole, weil er mit Vertrauen genauso geizt wie mit Gulden und Dollars.«
»Mister Hayes, wenn Sie das so lange wissen, warum haben Sie mir nichts davon gesagt?«
»Das hätte ich, Alma, ganz gewiß. Aufsparen wollte ich mir diese und weitere Mitteilungen für die nämliche Stunde, da ich aus Ihrem Munde ein Ja hörte. Zu welchem Zwecke, wissen Sie. Nun aber, da sich unsere Wege trennen und Sie sich lossagen – – – «
Für eine Weile wurde es still auf dem Plateau.
Es bedurfte nicht viel Phantasie, um sich das Entsetzen des lieben gepeinigten Wesens vorzustellen. Bisher hatte Alma wohl
gehofft, ihre Familie bald wiederzusehen. Jetzt erfuhr sie von einer Intrige, wie ich sie für eine weitere Lüge von Hayes gehalten hätte, wäre nicht Halefs Name gefallen. Ich sah ihn an, worauf er den Kopf schüttelte, was bei seinesgleichen Zustimmung bedeutete. Hayes hatte also ausnahmsweise wahr gesprochen.
Ich hörte, wie Alma, die sich wieder gefaßt hatte, zu ihm sagte:
»Wenn Sie nur einen Funken Ehre besitzen, werden Sie nicht zögern, mir zu einem Wiedersehen mit meiner Familie zu verhelfen. Bringen Sie mich zu Herrn Halef, auf daß er mir alles Nötige berichtet.«
Hayes, wie verwandelt, lachte roh. Von jetzt an duzte er Alma wie ein Straßenmädchen.
»Närrin, ein Königreich wollte ich dir zu Füßen legen! Schön bist du und stark und klug – ich war verrückt nach dir, du sollst es nur wissen. Aber ich bin nicht der einzige. Denke an Winnetou – er nannte dich Goldene Squaw. Oder Donnerwolke – ihm mußte ich dich abschwatzen, er hätte dich sofort als Beute in sein Zelt gesteckt. Und erst Old Shatterhand – ja, er – Old Shatterhand – – – «
»Was ist mit ihm?« fragte Alma besorgt.
Wieder erscholl das grausame Lachen.
»Alma, denkst du, ich hätte nicht bemerkt, wie sehr der große Westmann es auf dich abgesehen hat? Du warst es, kleine Hexe, die ihm die Schmetterhand zur Kußhand machte, Glückwunsch!«
»Hayes, sprechen Sie nicht so. Was Old Shatterhand und mich betrifft, das geht Sie nichts an. Ich habe bereits eingeräumt, daß ich mich dummputig verhalten habe. Alles würde ich tun, hätte ich Gelegenheit, mich bei ihm zu entschuldigen.«
»Ja, das würdest du, Alma Grüner! Als Tochter aus gutem Hause kannst du dir Gefühle leisten. Aber daß du es nur weißt: Old Shatterhand ist arm wie eine Kirchenmaus, er hat es mir selbst gesagt. Wenn du ihn dir erwählst, mußt du künftig Tinte trinken statt guten Wein. Euer gemeinsames Heim wird nur ein Verschlag sein, eine Weberhütte, in dem eure Kindlein nach Brot schreien,
während der Vater entweder bei dem Indianer steckt oder bei dem Beduinen. Adieu, sagte mir jüngst Old Shatterhand. Weil du es nicht anders willst, sage ich es nun zu dir – adieu, Alma Grüner!«
»Mister Hayes, wollen Sie mich etwa hier zurücklassen, mitten in der Wildnis?«
»Ich habe dir genug Zeit gewidmet, widerborstiges Fräulein. Es gilt, meine künftigen Minen in Besitz zu nehmen. Ich hätte dich gern gezähmt, aber leider erweist du dich als unbezähmbar. Deshalb wirst du hier bleiben – oder vielmehr dort unten!«
Diesen Worten folgte ein spitzer Schrei und diesem ein
Weitere Kostenlose Bücher