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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Sosehr bei dem Überfalle Munition gespart worden war, sosehr schien es nun nicht auf die Patrone anzukommen.
    Bei den Gefangenen keimte so etwas wie Zuversicht auf, daß es vielleicht doch nicht zum Äußersten käme. Einem jeden Wüstenbewohner war ja die Furcht vor Mißhandlung oder Ermordung eingeboren, weil entfesselte Menschen zu den widerwärtigsten Taten fähig waren. Wer in dem Zuge nur ein wenig Geld oder Wertsachen besaß, schöpfte darum Hoffnung. Sich und den Seinen Leib und Leben zu bewahren, selbst wenn es die Preisgabe des gesamten Besitzes erforderte, würde womöglich auszuhandeln sein – welcher Beduine wäre kein geborener Händler?

    Und so, in der Glorie von Pulverdampf und Büchsengeknalle, hielt Faris Abbas Einzug. Sein Vorbeimarsch an den vielen zerlumpten, jedoch bis an die Zähne Bewaffneten geriet zu einer regelrechten Konkurrenz zwischen ihm, dem würdig zurechtgemachten Sieger, und seinem nicht weniger aufgeputzten Kamel. Als leibhaftige Trophäen hatten ihm Halef und Sir Edward zu folgen. Zum Zeichen seiner Souveränität hatte er die beiden ungefesselt gelassen. Derart aufrecht und selbstbewußt saßen sie in ihrem Sattel, daß man sie in der Oase zunächst für Potentaten, wenigstens für Gäste halten mußte: der kleine rundliche Haddedihn-Scheik, der freilich in diesen Breiten kaum auf Bekanntheit rechnen durfte, sowie der hochgewachsene Lord aus Großbritannien, welchem selbst in seinem strapazierten Beduinengewande etwas Herrschaftliches anhaftete.
    Eifrig wandte sich die Schar der daheim gebliebenen Räuber den Dutzenden von Lasttieren und ihrer mutmaßlich kostbaren Fracht zu. Ihre vielen Arme und Hände langten jedoch nur symbolisch in die Luft, weil die Askaris die Anweisung hatten, jeden Zugriff mit der Waffe zurückzuweisen. Es war also nicht verwunderlich, daß die Siegesparade ihren Höhepunkt bald überschritten hatte und zwischen den Palmen vertröpfelte. Das Absitzen wurde befohlen, woraufhin die wunderliche Armee unverzüglich retirierte, das heißt, sich in alle Richtungen zerstreute. Während die Kamele mit ihrer Ladung hinter Palisaden aus kreuz und quer wachsenden Schößlingen gebracht, die Gefangenen aber hinter eine getrennte, stark bewachte Umzäunung getrieben wurden, befaßte Faris Abbas sich wieder mit Halef und Sir Edward:
    »Den Vater des Teufels beeindruckst du nicht mit Worten und Gesten. Zähle dein Geld, und hoffe, daß dein Lasttier genug Kostbarkeiten trägt – alles dies verfällt an Abu Saleh!«
    »Du bringst uns zu ihm?« begehrte Halef zu wissen.
    »Ihr habt mir und meinen Askaris Widerstand geleistet. Unser Emir wird kaum so nachsichtig sein, wie ich es mit euch gewesen bin, vor allem nicht, wenn ich ihm von deiner Wundertat berichte.
Die einzige Strafe, die es für alles das geben kann, wird er euch nennen!«
    »Aber du sagtest selbst – – – «
    Weiter kam Halef nicht. Vor dem zum Schlage ausgeholten Säbel seines Feindes mußte er einsehen, daß es für den Augenblick besser war zu schweigen. Zudem war man vor dem Palaste des geliebten Emirs angelangt. Auch hier kannte die Freude der Vasallen keine Grenzen, doch aus Respekt vor dem siegreichen Feldherrn krümmte ein jeder untertänigst den Rücken.
    Faris Abbas genoß diesen Anblick weidlich und wartete, bis ein Dutzend einigermaßen gleich gekleideter Gestalten vor ihn trat. Sie stellten offenbar die hiesige Leibgarde dar. Bewaffnet waren die Männer mit dem unglaublichsten Schießzeug seit Erfindung der Muskete, ja noch ihrer Vorgängerin, der Arkebuse. Jener Kämpfer, der im Range eines Feldwebels zu stehen schien, verneigte sich noch ein wenig tiefer als die anderen.
    »Melde mich dem Emir!« befahl ihm Faris Abbas. »Reiche Beute bringe ich sowie diese Gefangenen!«
    Der Unteroffizier verbeugte sich nochmals tiefer.
    »Du wirst bereits erwartet, o Faris Abbas, ehrwürdiger Befehlshaber! Die Kunde deines Sieges ist dir vorausgeeilt; der Palast bebt vor Freude über deine Rückkehr, Glorreicher. Wir küssen die Erde, über die du wandelst, und wir loben den Tag deiner Geburt!«
    Zum Zeichen der allgemeinen Zustimmung klapperten die sämtlichen anderen Helden mit ihren Lanzen.
    Zwei seiner Adjutanten hinter sich, schritt Faris Abbas die dünnen Reihen ab. Halef und Sir Edward sowie einige Soldaten als Ordonnanz hatten zu folgen.
    Was sich freilich Palast nannte, entpuppte sich als ein nüchterner, in die Mitte des Hains gequetscher Kasten. Die Mauern bestanden aus blanken,

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