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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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gegen Faris Abbas, dem er einschließlich seines Turbans gerade bis zur Brust reichte. »Die Peitsche und das Schwert, die Folter und den Tod, Faris Abbas, alles das hast du mir schon beschieden. Was könnte deinen Spruch noch übertreffen? Damit du es nur weißt, dies war nur der erste Teil der Heilung. Der Verwundete ist nicht tot, er ruht nur und sollte eigentlich noch eine Weile schlafen. Aber da du gar so ungeduldig bist und da ihr alle tumb genug seid, nicht das geringste von Medizin zu verstehen, sage ich euch, daß ich eben ganz in der
Art meines Sihdi gesprochen habe. Er beherrscht eine jede Sprache der Welt, und so kann es geschehen, daß seine Worte schneller laufen als ein Rennkamel. Für euch Soldaten aber, die ihr es gewohnt seid, euch im Gange der Schildkröte fortzubewegen, werde ich also nochmals zu dem Manne treten und ihm die Verse meines Sihdi wiederholen. Befehlt aber euren Ohren, sich diesmal etwas weiter zu öffnen, denn jetzt mache ich den Mann endgültig gesund!«
    Wieder ging Halef zu dem Regungslosen, wieder erhob er über ihm Hände und Stimme. Nun allerdings sprach er langsam und deutlich, weithin war ein jedes seiner Worte zu verstehen. In deutscher Sprache und nach unserem Versmaß lautete seine aus dem Stegreif phantasierte Beschwörung etwa so:
    Dem Tod geweiht und doch gefeit
vor der Kugel, die dich traf und dir
Brust und Bauch zerschoß wie einem Stier.
Das Blei muß heraus
ohne Blut, ohne Graus,
drum sage ich dir:
Erhebe dich!
Du lebst und bist geheilt dahier!
    Und um eines letzten überwältigenden Eindrucks willen wiederholte er seinen letzten Satz und gab ihm noch eine besonders magische Färbung mit:
    » – – – du lebst und bist geheilt dahier!«
    Diese Worte abermals gesprochen, wandte der Physikus, der ein Pfiffikus war, sich ab. Im Gehen befahl er dem »Geheilten« über die Schulter hinweg:
    »Nun steh auf, und beeile dich, Allah zu danken. Er hat ein Einsehen mit dir und läßt dich noch ein wenig leben, damit du weiter Räuber sein kannst. Doch sieh dich vor – nicht jeden Tag schickt er dir einen Arzt wie mich.«
    Und so nahm das Wunder in der Wüste seinen Lauf.

    Geschmeidig wie aus Kautschuk sprang der sich eben noch verletzt wähnende Soldat in den Stand. Verrätselten Blicks stierte er umher, unfähig zu begreifen, daß er noch lebe und keineswegs tot sei. Immer wieder fuhr er sich über den blutverschmierten, aber durch Halef ja geheilten Bauch, welcher bis auf eine unbedeutende Wunde, die von der explodierten Büchse rührte, unverletzt geblieben war. Dem so wundersam Genesenen klappte der weißlippige Mund auf und zu, als er sah, daß Halef ihm zwischen Daumen und Zeigefinger ein Ding entgegenhielt. Es war, o weiteres Wunder, eine Gewehrkugel. Diese war von beträchtlichem Kaliber und konnte, mit viel Phantasie, dem Rohr der zerplatzten Waffe entstammen.
    »Dies hier ist die nämliche Kugel«, zeigte Halef das Projektil umher. »Wie ihr alle mit angesehen habt, mußte ich nicht ein einziges Mal schneiden; allein mit der Formel meines überaus gelehrten Sihdi konnte ich das Geschoß aus Eurem Manne herauspraktizieren. Wer also ist der bessere Arzt, wer ist der größere Heiler – Yussuf oder ich? Darum merkt euch, ihr Kleinmütigen: Allah ist groß! Gefällt es ihm, so läßt er es zu, daß friedliche Menschen überfallen werden und jene, die ihnen beistehen, in Gefangenschaft geraten. Dennoch beklagen diese Helden sich nicht. Sie bleiben in ihrem Mute fest und werden sogar zu Mildtätern an ihren Feinden: Gott ist mit den Starken, und diese stehen vor euch. Hier, Soldat, nimm. Behalte dein Blei als Erinnerung!«
    Und der Auferstandene, seiner Errettung endgültig gewiß, warf sich Halef weinend vor die Füße.
    »Aller Segen Allahs für dich, o Hakim! Du hast mich ins Leben zurückgebracht. Ohne dich wäre ich verblutet, verendet, gestorben. Schon gab ich mich verloren, aber Allah wollte es nicht zugeben. Ihm verdanke ich, daß ich weiterleben darf, denn er hat dir Hände und Zunge geführt. Soeben warst du sein Werkzeug und bist dadurch mein Mildtäter geworden, mein Freund, mein Bruder! Ich heiße Walid und bin nur ein armer Soldat, doch nenne deinen Preis, und ich werde ihn entrichten!«

    »Geld?« dehnte Halef angewidert. »Was ist einem Heiler Geld! Behalte, was du im Beutel hast. Ich verlange nichts. Alles, wonach mein Herz sich sehnt, ist, daß nicht weiter geschossen werde, erst recht niemand getötet. Keiner soll weiter behelligt werden

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