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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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unverputzten Lehmziegeln, deren Transport in dieses Irgendwo unsägliche Mühen gekostet haben mußte. Behütet wurde er von einem Dache aus zufällig ineinandergeschobenen Wedeln, die schon der nächste stärkere Wüstenwind in
einen fliegenden, ja davonfliegenden Teppich verwandeln mußte. Von einem reichlich verwegenen Architekten in die Höhe gepfuscht, mußte man das Gemäuer als jederzeit vom Einsturz bedroht ansehen. Fenster im eigentlichen Sinne gab es keine, nur zahlreiche Durchbrüche oder Schlitze in den Wänden, grob und schmal hineingehauen wie Schießscharten. Aus ihnen hingen gegenwärtig die allerliebsten Wäschestücke. Weil dieses Durcheinander von bunten Fetzen kaum als Beflaggung anzusehen war, blieb nur der Schluß, daß auch in einer Wüstenfestung Leib- und Tafelwäsche besorgt sein wollten.
    Unausgesetzt strebten Menschen durch das Hauptportal in das Gebäude und wieder aus ihm heraus. Demnach mußten darinnen die wichtigsten Geschäfte locken. Sofern diese nicht die Menschen unter den Oasenbewohnern betrafen, waren es eben ihre Ziegen und Hammel, welche scharenweise in die kommode Stallung drängten. Dabei meckerten sie freudig und hinterließen sich auf beinahe jedem Quadratmeter in der eindeutigsten Weise. Auf dieses Idyll brannte die Nachmittagssonne hernieder, und so verbreitete der Wind ein Odeur, das keines Menschen Nase über gewisse, sehr spezielle Geheimnisse des Orients in Zweifel lassen konnte. Vom benachbarten See blökten die Kamele herüber. Die Tiere hatte man zuerst an die Tränke geführt, was über die Wertschätzung, die man dagegen den Gefangenen widmen würde, Bände sprach.
    Doch nicht nur dieses Orchester stimmte sich ein. An vielen Stellen wurden Vorbereitungen für ein Freudenfest getroffen. Es verstand sich ja von selbst, daß es die neu eingebrachten Gefangenen sein würden, welche die Zeche für das Gelage zu bezahlen hatten.
    Die Leibgardisten im Palastinneren störten sich nicht am geräuschvollen Kommen und Gehen. Der Abteilung von Faris Abbas vorausparadierend, kämpften sie sich durch die Menge, wobei sie großzügigst von den Stumpfseiten ihrer Waffen Gebrauch machten. Unzählige schmale und niedrigbauende Gänge waren zu durchlaufen, puppenstubenhafte Vorzimmer zu durchqueren,
bröckelnde und schiefgesetzte Stufen mit Umsicht zu erklimmen. Erst vor zwei weltvergessen in den Angeln hängenden Pendeltüren wurde haltgemacht. Die Wachen teilten sich vor Faris Abbas und verbeugten sich abermals in glaubhafter Ehrfurcht. Derselbe winkte seinem Zuge, und man trat in den sogenannten Thronsaal ein.
    Mit vielleicht zehn mal zehn Schritten war dieser der bisher größte Raum in der fragwürdigen Residenz, zugleich war er als bisher einziger mit Marmor ausgelegt. Das kostbare Material wurde jedoch überwiegend von Teppichen verdeckt, welche zwar die Schritte dämpften, dafür bei jedem Tritte Wölkchen gelben Staubes freigaben.
    Eines dieser Meisterstücke arabischen Knüpfhandwerks hielt ein dicklippiger Schwarzer besetzt. Dem goldsamtenen Tone seiner Haut zufolge mußte der Mann aus dem Sudan verschleppt worden sein. Auf Grund seiner enormen Körpergröße und Masse schien er Glück gehabt zu haben. Ihm war unschwer anzusehen, daß er vom Sklaven zum Diener avanciert war; jedenfalls blitzte ihm der Stolz über seinen Aufstieg aus jedem Zuge seines einfältigen, vielfach von Kampfwunden gezeichneten Gesichtes. Barbrüstig und die massigen Schenkel zum Schneidersitz gezwängt, hielt er seinen Teppich besetzt. Sein Hinterteil, das so ausladend war wie ein Zweirumpfschiff 18 , wurde von einer seidenen, safranfarbenen Pluderhose umfaßt, welche mit roten Paspeln verziert war. An den Füßen trug er ein Paar mit Goldfäden umsponnene Ledersandalen, doch mehr als dieser für einen Diener so unnütze wie ungewöhnliche Schmuck verwies sein Bauch auf die Freiheit, sich nach Herzenslust an der allabendlichen Reistafel gütlich tun zu dürfen. Demnach war Vorsicht im Umgang mit dem Domestiken geboten. Ob Sklave oder Diener, er war ein Leibeigener geblieben. Als ein solcher mußte er sich darauf verstehen, sich vermittelst hündischen Gehorsams das Wohlwollen seines Herrn zu erhalten.

    Des weiteren fiel an dem Hünen eine seltsame Kurzatmigkeit auf. Immer wieder gab der ruhig Sitzende keuchende, fast asthmatische Laute von sich, daß man um sein Leben hätte fürchten können, wäre ihm nicht zwischendurch immer auch ein zufriedenes Grunzen entfahren. Als Faris Abbas mit den

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