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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Gefangenen heranrückte, wurde deutlich, was es mit den Geräuschen auf sich hatte.
    Der Mohr hatte nämlich eine äußerst wichtige Aufgabe zu versehen. Allein mit den Zehenspitzen seines rechten Fußes betätigte er gleichmäßig einen verwitterten, ausgefransten Blasebalg. Dieser war mit einem ingeniösen, vielfach gewundenen Schlauche verbunden, welcher aus rohem Tierdarm gefertigt war. Durch die Leitung gelangte der künstliche Atem in eine tönerne Schale, aus welcher sich wiederum stoßweise eine Fontäne erhob. Diese gierte zuweilen bis an die Zimmerdecke, verblieb aber während der meisten Versuche mehr dünner Strahl als gewaltiges Wasserspiel. Was als eindrucksvolle Kaskade, als Sinnbild für Macht über das Wasser gedacht war, glich einem, wenn letztlich auch kraftlosen, Geysir: Der Schwarze, mehr Faktotum als Majordomus, saß und pumpte und pumpte, und die Vorrichtung, sie ächzte und ächzte, und in dem Schlauche rappelte es, und in dem Innenleben des Gefäßes gluckerte es, und als finales Ergebnis dieses Zusammenwirkens von Mensch und Mechanik wurde der wahre Reichtum der Wüstenei sichtbar: die Kopie eines Springbrunnens, wie man ihn als ganz normalen Einrichtungsgegenstand in jedem türkischen Kaffeehause fand. In der Oase bedeutete allein das Vorhandensein einer solchen Apparatur allerdings einen unerhörten Luxus, blieb Wasser doch selbst in der Nähe zum quellengespeisten See eine Kostbarkeit. Es erlaubte keine Verschwendung, erst recht keine solch spielerische Herabwürdigung – eigentlich. Ein Herrscher aber, der seinen Diener in solch nutzloser Weise prunken ließ, mußte sich dem Zustand der Allmacht sehr nahe fühlen. Diese Allmacht war es, die Halef und Sir Edward sogleich zu spüren bekommen sollten.

    »Aidschan!« rief Faris Abbas. »Erhebe dich, ich bringe zwei besondere Gefangene, einen Beduinen und einen Engländer!«
    Erstaunlich war es, daß der Kommandeur dem Lakaien mehr wie einem Gleichgestellten zuwinkte. Dieser, die prall aufgeworfenen Lippen schürzend, machte keinerlei Anstalten, sich zu erheben. Seelenruhig verharrte er auf seinem Teppich und pumpte und pumpte, noch fleißiger als zuvor, wie um dem Offizier zu verdeutlichen, wessen Befehl mehr zähle – natürlich Salehs. Wenigstens winkte er, wenn auch ohne besondere Ehrerbietung, einen Gruß zurück.
    Es mußte Gründe geben, weshalb ein hoher Militär wie Faris Abbas sich an dieser Geringschätzung nicht störte. Vielmehr blieb sein Ton vergleichsweise milde, als er anordnete:
    »Genug mit der Kaskade! Eile, Aidschan, bereite deine Werkzeuge! Unser Emir wird dir diese beiden überantworten, nachdem ich sie ihm vorgestellt habe.«
    In der Art, wie der Koloß nun doch seinen Dienst an dem Brünnlein quittierte und auf die Beine kam, lag zwar weiterhin Widerwille, aber er gehorchte. Beide Männer, der Kommandeur und der Mohr, waren ihrem Emir untertan; so unterschiedlich ihre Stellung bei Hofe jeweils sein mochte, es herrschte Rivalität zwischen ihnen.
    Für eine Weile verschwand Aidschan hinter einem weiteren Vorhange, von woher alsbald Gewisper zu hören war. Als er zurückkehrte, wirkte er wie verwandelt. Mit unfaßbarer Eile schlug er die Gardine zurück. Die Hände bis zur Nasenspitze vors Gesicht gefaltet, marschierte er soldatengleich in den Saal, geradewegs auf Faris Abbas zu. Überflüssigerweise tat er dabei immer wieder ein paar Schritte rückwärts, als wiese eine unsichtbare Gewalt ihn zurück. Schließlich vollführte er einen ungelenken Luftsprung, woraufhin er sich zu Boden plumpsen ließ, auf den reichlich gepolsterten Bauch, Arme und Beine weit von sich gestreckt – ein Zeichen unbedingter Ergebenheit.
    War der Anblick dieses Zeremoniells noch geeignet, trotz der
widrigen Lage zum Lachen zu reizen, so konnte man ins Staunen darüber geraten, daß gerade diese Regung keinem der Anwesenden einfiel. Sehr zum Erstaunen nämlich von Halef und Sir Edward fand das Verhalten Aidschans unerwartete Fortsetzung. Auf ganz ähnliche Weise folgten ja auch alle anderen Lakaien dessen albernem Beispiele. Sie warfen sich ebenfalls zu Boden, selbst Faris Abbas, der Stolze, Ehrwürdige, zögerte nicht, es dem Mohren gleichzutun, so daß in der Tat an eine Art Hofsitte, wenngleich eine absonderliche, zu denken war.
    Halef und Sir Edward blieben auf den Beinen. Sich vor irgendeinem Menschen in den Staub zu werfen konnte weder dem Moslem noch dem Christen einfallen.
    Als die hohen wie niedrigen Diener Salehs allesamt also

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