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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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meiner Milde! Die Falaka 21 könnte ich euch geben lassen und anschließend das Messer, aber ich habe anderes mit euch vor. Faris Abbas, stecke diese Wichte unter deine Soldaten! Lasse sie die niedrigsten, demütigendsten Arbeiten verrichten, auf daß sie sich bewähren. Abgestraft werden sie noch heute, in den Hütten, doch zuvor sollen sie meine Gastfreundschaft genießen. Ja, staunt nur, Fremde: Der Vater des Teufels läßt euch bewirten, damit ihr um so länger der Tortur standhaltet; er erlaubt es euch sogar, mit ihm und seinen Getreuen die Schönheit dieser Welt zu schauen – Aidschan, hole das Mädchen! Diener, sorgt für Tabak, Tee und Musik!«
    Sogleich war der Mohr auf den Beinen und begann die vielfältigsten Anweisungen zu treffen. Danach entfernte er sich für einige
Zeit. Halef und Sir Edward durften in dem finsteren Saale verweilen, wurden aber unter strenger Bewachung in eine Ecke geführt, wo sie sich erstmals setzen konnten.
    »What a mess!« murmelte Sir Edward. »Unsere Lage ist keine alltägliche. Welch ein ärmlicher Palast, welch ein widerlicher Hausherr! Ich dachte, die orientalischen Herrscher liebten den Prunk. Aber gegen das hier ist jedes Londoner Armenhaus reich.«
    »Effendi, schließe nicht von den Habseligkeiten auf den Mann«, rügte Halef. »Sieh mich an, und blicke auf dich selbst – würde man dich in deinen Fetzen für einen Lord halten, mich für einen Scheik? Gewiß hat Saleh Gründe, seinen Reichtum nicht zu zeigen. Ich möchte gern herausfinden, welches diese Gründe sind.«
    »Gern, sagt Ihr? Findet lieber heraus, wie wir uns die Peitsche ersparen. Ich bin in dieses Land gekommen, um Narben alter Zeit zu entdecken, nicht um mir selbst welche zu holen.«
    »Ja, Effendi, du bist neu in meinem Lande. Immer noch nicht hast du gelernt, daß hier an einem einzigen Tage mehr geschehen kann als anderswo in einem ganzen Jahr. Ich fürchte die Peitsche nicht, und da du erst recht nichts von ihr zu befürchten hast, warte ab.«
    Mehr Gelegenheit zum Sprechen gab es nicht, die Wachen drohten bereits mit ihren Lanzen.
    Unterdessen war für Saleh eine Wasserpfeife bereitgemacht worden, ein gewaltiges Ding mit einem Kopf aus Meerschaum, an der auch Faris Abbas sich gütlich tun durfte. Aidschan hingegen, der zurückgekehrte Haushofmeister, durfte dem erlauchten Tabakskollegium nicht beitreten. Er hatte die leibtuchgeschürzten Sklaven zu kommandieren, die Minztee auftrugen, stark gesüßt und so betörend duftend wie der Tabak. Nachdem wiederum Saleh als erster gekostet hatte und Faris Abbas als zweiter, reichten die Sklaven die restlichen henkellosen Täßchen reihum. Wie Saleh gesagt hatte, wurden neben den Soldaten auch Halef und Sir Edward bedacht.

    Als endlich alle versorgt waren, durfte Aidschan sich wieder in Salehs Nähe niederlassen, und die Sklaven zogen sich zurück. Sie versäumten es dabei nur scheinbar, den Vorhang zu dem Nebengelaß, in welches sie verschwanden, zu schließen. Leise und allmählich kräftiger werdend, drangen aus dem Zimmer nämlich zirpende Klänge. Sie rührten von einer Ud, einer fünfsaitigen Kurzhalslaute. Ihr hinzu gesellte sich ein Rebab, ein lediglich mit zwei Saiten bespannter Vorfahre unserer Geige. Während die Ud dunkle, arabische Harmonien anklingen ließ, kontrastierte der Rebab mit einer wehmütigen, eher europäischen Hörgewohnheiten entsprechenden Tonfolge. Ergänzt wurden diese beiden tonalen Instrumente von einem Riq. Dabei handelt es sich um eine mit Ziegenhaut bespannte Schellentrommel, welche mit einer Hand geschüttelt und mit den Fingern der anderen geschlagen wurde. Solchermaßen zum Trio vereint, schrummten, kratzten und klopften die unsichtbaren Musikanten nach Herzenslust, was die Spannung im Hauptraume noch erhöhte.
    Während alles auf die klangvolle Türöffnung blickte, bemerkte Halef eine leichte Berührung an der Schulter. Er fuhr herum und blickte in die dunklen Augen von Faris Abbas. Nur für ihn und Sir Edward hörbar, sagte dieser:
    »Gleich wird eine Gefangene für unseren Gebieter tanzen. Betragt euch still dabei, und euren Augen wird ein unvergleichlicher Genuß zuteil. Sprecht ihr nur ein einziges Wort oder bezeigt ihr ihr Respektlosigkeit oder versucht ihr zu fliehen, werdet ihr auf der Stelle erschossen. Nicht die Wachen, ich selbst tue es!«
    Das war nicht so dahingesagt. Der oberste Askari unterstrich seine Drohung mit einem gezückten Revolver. Trotz der Dunkelheit erkannte Halef einen seiner beiden

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