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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Remingtons.
    So geisterhaft, wie er sich gezeigt hatte, verschwand Faris Abbas auch. Im nächsten Moment hatte er seinen Platz neben Saleh wieder eingenommen.
    Im Schatten des rußenden Lichtes, das die beiden Fackelschwenker erzeugten, wippte der Wüstendämon auf seinem Stuhle
vor und zurück. Genauso ungeduldig sog er abwechselnd am Mundstück seiner Wasserpfeife oder schlürfte seinen Tee. Mit der anderen, freien Hand ließ er beiläufig Harz in den glutroten Kessel neben sich rieseln. Jede dieser Gaben erneuerte die daraus aufsteigenden Wölkchen, und bald roch es weithin nach einer träge machenden Art von Heilkraut.
    Da änderten Ud, Rebab und Riq unerwartet ihr Spiel. Aufreizend lockten sie mit einem Male, und zwar in einer so belebenden Weise, wie man sie vom Schwunge vieler unserer Ouvertüren kennt.
    Ein Luftzug, nur ein kleiner Wind wehte herein, dem ein kurz aufblendender Lichtstrahl folgte. Offenbar war eine andere »Tür« geöffnet, mithin ein weiterer Vorhang zurückgeschlagen worden. Es erschien, unhörbar dahertrippelnd, eine barfüßige, sonst aber verhüllte weibliche Gestalt. Laut und immer lauter wurde dabei die Musik, immer stärker ihr Rhythmus, zu welchem die Diener die Fackeln nun mehr oder minder im Takte schwenkten. Jene Gestalt aber, abwechselnd in Schatten und Helligkeit getaucht, geriet vom Tippeln ins Tanzen. Als sie sich dem hellen Scheine des Metallkessels näherte, ließ sich mehr von ihr erkennen.
    Umgeben vom Rauche der Würzwolke sah man ein überaus gerade und gewiß an die fünfeinhalb Fuß 22 hoch gewachsenes Mädchen, mit dem die Natur sich Umstände gemacht hatte. Kopf und Körper waren von einem wie dahingehauchten, zartblauen Gewande vollständig verhüllt. Es bestand aus mehreren Schichten eines beinahe durchsichtigen Gewebes. Unter diesem ragten feingeschnittene, fast zart zu nennende Gliedmaßen hervor, die Arme, Waden und Füße fast noch eines Kindes. Auffallend war ferner, daß jenes Fräulein keinerlei Schmuck trug, während doch Orientalinnen für gewöhnlich das Gepränge mit Ringen, Halsketten und Armreifen gar zu sehr liebten.
    Ein Knall zerriß die Musik – Aidschans Peitsche gab das Zeichen
zum Beginn des Tanzes. Wild spielte nun die unsichtbare Kapelle los, und die hingegen sehr sichtbare Tänzerin gab sich dieser Wildheit hin. Als erstes warf sie den äußersten ihrer Schleier ab. Wie befreit drehte sie sich mehrmals um die eigene Achse, immer schneller und ohne ein einziges Mal ins Schwanken zu geraten. Eine Darbietung nahm ihren Lauf, die so recht eine orientalische war – und doch auch eine europäische.
    Keineswegs nämlich wurde hier, im Palaste Abu Salehs, ein morgenländischer Bauchtanz vollführt, wie man von ihnen in den Salons unserer Hemisphäre oftmals schwärmen gehört, sie aber wohl kaum jemals zu sehen bekommen hat. Nein, die Verschleierte nahm alle die Rhythmen und Harmonien in sich auf, aber ihre Bewegungen folgten einer ganz anderen, unhörbaren Musik.
    Ein paar Augenblicke lang verbarg sich das Geschehen hinter weiterem Rauch. Erst als durch die Ritzen der verhängten Fensterschlitze genug frische Luft hereingeströmt war, löste die Wolke sich auf.
    Nun sah man die Elfe fast bewegungslos verharren, kaum daß ihr Leib noch Ehrgeiz zu gleichmäßiger Bewegung zeigte. Wie schlaftrunken kippte der verhüllte Kopf immer wieder nach vorn, bis auf den Ansatz der zarten Brust.
    Bei diesem Anblick rutschte Saleh auf die Vorderkante seines fremdländischen Stuhls. Ein weiterer Knall – wieder hatte die Nilpferdpeitsche sich in Erinnerung gebracht, so daß die Tänzerin aufschreckte. Gleich einer angespannten Feder löste sie sich aus ihrer Andacht, und als wären die zerschlissenen Teppiche unter ihren Sohlen die feinst gewachste Bühne der Pariser Oper oder des Moskauer Bolschoitheaters, glitt sie mit der größten Anmut dahin. Zwei muskulöse Ballerinenschenkel drehten sich bald auswärts, bald einwärts; sie streckten, bogen, spannten und dehnten sich, indes die einmal angewinkelten und wieder ausgebreiteten Arme, aber auch Hände und Finger gegenläufig standen. Kräftige Zehen hoben und senkten und trieben das Mädchen an, das mit Aplomb die scharmantesten Ballettfiguren ausführte: Arabesque,
Pirouette, Battement, Croisé – je kühner der Tanz wurde, desto kühner wurden die Kapriolen der Musik.
    Dann, mitten im wildesten Gezirpe und Getrommle, brach jeglicher Klang ab. Die Unbekannte strebte auf dem vorletzten Meter dem Throne zu,

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