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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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sind Deutsche. Wir kommen aus einer Stadt in Sachsen, welche Dresden heißt.«
    »Hamdulillah! « jubelte Halef leise. »Mein Sihdi stammt auch aus Alemanja, aus ebenjener Stadt, die du nanntest. Wie oft hat er mir davon erzählt! «

    »Welch ein Zusammentreffen!« freute sich nun auch Erna. Dem Engländer zugewandt, fragte sie: »Kennt Ihr denn meinen Vater?«
    »Persönlich nicht, aber ich habe etliche seiner Berichte gelesen, die über seine Ausgrabungen in der Nähe von Kairo erschienen sind; ich selbst erforsche Altertümer.«
    »Aber mein Sihdi wird ihn kennen!« triumphierte Halef. »Er kennt einen jeden wichtigen Mann, wie erst jemand aus seiner Heimat. Doch genug! Die Askaris haben ihren Tschibuk 28 geschmaucht. Mädchen, folge ihnen ohne Widerstand, damit man dich zu deinen Eltern zurückbringt und du ihnen zu berichten vermagst. Sage ihnen, daß sie hoffen dürfen. Saleh mag denken, er hätte leichtes Spiel mit uns; ich werde ihn eines Besseren belehren. Allah wird mir beistehen, und dann wird die Schlange in deinem Beutel bald zuschnappen!« – – –

    Nun trennten sich die Wege der Gefangenen.
    Die Soldaten hießen Erna, eine Sänfte zu besteigen, behandelten sie aber mit Respekt. Sie schlossen die Vorhänge, und im Laufschritt brachten sie die Tänzerin zu einem Zelte nahe dem schattigen Seeufer, zu ihrem milden Gefängnis.
    Halef und Sir Edward stand die angekündigte Züchtigung bevor. Weit um den »Palast« herum wurden sie, entlang den Ufern des ausgreifenden, von Mensch und Tier umlagerten Gewässers, durch die Oase geführt.
    Erst jetzt zeigte sich, wie groß und wunderbar diese Insel im Sande beschaffen war. Mochte Saleh auch räuberisch gegen Reisende auftreten, er versäumte es nicht, mit seinem Reichtum an Wasser zu wuchern. An ausgedehnten Feldern vorbei führte man Halef und Sir Edward, an Rabatten und Gärten. Überall blühte
und gedieh es in diesem Eden, weshalb es ein Rätsel war, weshalb seinem Beherrscher die vielen zusammengeraubten Schätze nur solch traurige Verhältnisse wie in dem Thronsaale erlaubten.
    Der Fußmarsch endete bei einer Ansammlung von Hütten. Diese waren, entgegen der Landessitte, seltsam hoch gebaut, Pfahlhäusern gleich. Noch seltsamer war es, daß sich in ihrer Nähe kaum mehr eine Menschenseele blicken ließ. Als Halef und Sir Edward schließlich in die letzte, vom Palaste am weitesten entfernt gelegene Hütte geschoben wurden, erkannten sie, weshalb ein jeder die Gegend mied. Das Obdach jener Behausung bestand nämlich nur aus einem einzigen großen Raume. Aus dessen nacktem, festgestampftem Boden ragten die Stämme dreier brutal geköpfter Palmen. Um sie herum hatte man die Hütte errichtet, sie wohl überhaupt nur aus diesem Grunde erbaut. In Kopfhöhe der Stämme befanden sich massive Haken, die ohne Zweifel Fesselungszwecken dienten. Sonst beschränkte sich die Ausstattung wie in Salehs Refugium auf das Allernotwendigste. So gab es als einziges Mobiliar nur einen weiteren unansehnlichen Polsterstuhl sowie ein weiteres metallenes Becken. Hierin hatte man anstatt aromatischer Räuchereien ein Bündel Scheite zum Glühen gebracht; Holz von Bäumen, die keineswegs in der Oase zu finden waren. Es mußte sich also um Beutegut handeln. Schwerlich diente das geworfene Licht zum Zwecke der Beleuchtung, denn noch blendete die späte Sonne durch den Eingang. Sie stand schon tief, rotgolden drückte sie auf den See herab. Auf diesem wurde soeben ein Nachen herangerudert, in welchem der Vater des Teufels saß. Saleh wollte der Bestrafung also beiwohnen.
    Um die Pfähle herum hatte ein ordnungsliebender Geist die schönste Auswahl an Werkzeugen bereitgelegt. Auf den ersten Blick waren diese mit viel zu groß geratenem chirurgischem Besteck zu verwechseln, und doch wies das Instrumentarium einen so starken Befall von Rost auf, daß an eine menschenfreundliche Verwendung kaum zu denken war. Skalpellartige Messer befanden sich darunter, Schaber und Raspeln, Zangen in unterschiedlichen
Längen und Größen, ferner Widerhaken für wahre Haifischmäuler sowie stilettartige Feilen. Zweifelsohne sollten sie zur weiteren Vorbereitung in das schwelende Feuer gehalten werden.
    Wie zur Bestätigung der schlimmsten Ahnungen drang aus der Nachbarhütte ein furchtbarer Schrei. Ihm folgte ein zweiter, dritter, vierter; immer kürzer wurden die Abstände zwischen den Schmerzensrufen, bis sie in ein einziges langgezogenes Geheul übergingen. Für Minuten hielt es an und war einem

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