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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Reisenden im Sand, zwischen den Felsen. Du aber, Zierde der Mädchen, erfreust mit deinem Anblick mein Herz. Nie sehe ich deine Füße fehlen, nie zittert dein Leib. Nach Aprikosen duftet deine Haut, nach Jasmin und Hyazinthen, und weiß ist sie wie Orangenblüten, und gewiß ist sie weich wie Basbusa 24 oder Muhalabia 25 . Mit deinem Liebreiz hast du einen Dschinn auf mich geladen, einen Geist, doch einen warmen, sanften, lieben. Er macht, daß mein Herz sich verzehrt, denn ich sehne mich nach dir wie die Erde nach dem Regen, und doch – du widersetzt dich! Du verhältst dich wie ein Fischlein, das glaubt, in der Luft schwimmen zu
können. Du bist keine der Unseren, sprichst aber unsere Sprache. Wie kommt das?«
    »Darüber kann nur verwundert sein, wer außer dieser Oase nichts von der Welt kennt«, sagte die Tänzerin, sobald Saleh seinen Griff gelockert hatte. »Ich stamme aus Alemanja. Dort sind alle Menschen gebildet, manche so sehr, daß sie viele Sprachen verstehen. Die deine zu erlernen fiel mir nicht schwer. Mein Vater ist Gelehrter und hat mich noch während der Überfahrt unterwiesen.«
    »Ja, Mädchen, und Hochmut und Stolz hat er dich ebenso gelehrt. Oder schmückt man sich damit in deinem Lande, das so klein und so unbedeutend ist wie die silberne Ameise 26 ? Täusche dich nicht! Ich weiß, wozu die Menschen eures Stammes fähig sind; eben wurde von einem der Euren gesprochen. Darum höre: Wie stets hat dein Tanz mich milde gestimmt. Ich lasse dich jetzt zu deinen Alten zurückbringen. Weil heute ein bedeutender Fang eingebracht wurde, soll am Abend ganz Dschunet reichlich essen und trinken, auch du und die Deinen. Für heute wird es euch an nichts fehlen. Du aber bedenke dich. Bald wirst du wieder vor mir stehen – als mein folgsames Weib oder als bedauernswerte Sklavin!«
    Damit ließ Saleh von der jungen Frau ab.
    Schon griffen die Wachen zu, doch streiften sie dabei den Haarschleier der Gefangenen, daß dieser abfiel. Und mit einem Male, im Schein der emporgerissenen Fackeln, glänzten goldene Locken. Saleh und seinen Untergebenen entfuhren Ausrufe der Bewunderung.
    »Allah ist groß – wie schön du bist!«
    »Nein, Saleh!« rief das Mädchen wütend. »Was für ein Schinder du bist!«
    Halef in seiner Ecke hatte Mühe, an sich zu halten. Er befürchtete das Schlimmste und schickte sich an einzugreifen. Sir Edward,
mit Blick auf Faris Abbas und den Revolver, setzte alles daran, ihn zurückzuhalten.
    »Mädchen, dein Geschick verzeiht nicht alles. Als Ungläubige hast du demütig zu sein!«
    »Daß du einer Christin keine Achtung widerfahren läßt, o Saleh, wundert mich nicht. Aber daß du die eigenen Glaubensbrüder und -schwestern gefangennimmst, sogar deren Kinder, daß du ihnen Lösegeld abpreßt oder sie versklavst, das ist schändlich! Oftmals mordest du sie am Ende doch; ich habe davon reden hören. Weißt du nicht, was eure vierte Sure zu deinesgleichen sagt? ›Und wer einen Gläubigen mit Vorsatz tötet, dessen Lohn ist die Dschehenna, die Hölle; ewig soll er darin verweilen, und Allah zürnt ihm und verflucht ihn und bereitet für ihn gewaltige Strafe!‹«
    Diese Worte ließen seinerseits Saleh zurückweichen. Mit einer nur zu sichtbaren Geste der Verlegenheit strich er sich über die gleißende Narbe, drehte sich aber sofort ab und kehrte zurück zu seinem Stuhl.
    Als er wieder in der Dunkelheit Platz genommen hatte, sagte er:
    »Schön bist du in deinem Zorne, noch viel schöner, als ich dachte. Und sogar unser heiliges Buch kennst du – du, die Christin. Noch sträubst du dich, weil mein Antlitz dich verstört. Bald aber wirst du es lieben lernen und mich Gebieter nennen – oder als den Vater des Teufels mehr fürchten denn je. Entferne dich!«
    Wieder zerrten die Wachen an der Tänzerin, aber diese wehrte sich und kam aufs neue frei. Göttinnengleich trat sie zwischen den Gardisten hervor und schleuderte dem »Gebieter« entgegen:
    »Du dünkst dich mächtig in deinem armseligen Palast, Saleh, doch bedenke auch diesen Vers aus dem Koran: ›Wo immer ihr seid, einholen wird euch der Tod, und wenn ihr wäret in ragenden Türmen!‹«
    Kaum ausgesprochen, bekreuzigte sie sich, wie jeder brave Christ in Gefahr es tut. In Gegenwart von lauter Moslems freilich bedeutete das Kreuzzeichen einen ungeheuren Frevel. Hatten die Soldaten dem Mädchen bisher Respekt, ja Bewunderung erzeigt,
ließen sie nun Entsetzen hören. Sie verstummten erst, als Saleh sein Zepter ergriff und

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