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Hämatom

Hämatom

Titel: Hämatom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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Gründe.«
    Ihre Augen wurden zu Schlitzen.
    Â»Außerdem waren die Aufstiegschancen gering«, ergänzte
ich.
    Damit pokerte ich hoch. Möglich, dass sie mich als karrieregeile
Zicke abstempelte. Doch sie selbst hatte die vierzig noch nicht erreicht und
war leitende Managerin einer der größten Kliniken Bochums. Diese Position hatte
sie wohl auch nicht nur einer göttlichen Fügung zu verdanken.
    Â»Wir haben keine Stelle ausgeschrieben«, bemerkte sie.
    Ich zuckte die Schultern: »Es liegt mir nicht, zu Hause
zu sitzen, bis Sie bei mir klingeln und mir eine passende Stelle anbieten.«
    Sie schwieg.
    Ich schwieg ebenfalls und wartete ab, während Herolds
Schweiß zu Boden tropfte und in Kürze eine Pfütze bilden würde.
    Â»Ich gehe davon aus, dass wir so schnell niemanden mit
einer ähnlichen Qualifikation finden«, entschied Katja A. Schrage. »Wir suchen
eine Leitung für den Reinigungsdienst. Bezahlung nach Tarif, halbes Jahr
Probezeit. Ist das in etwa, was Sie sich vorstellen?«
    Â»Das ist genau, was ich mir vorstelle.«
    Â»Wann könnten Sie anfangen?«
    Schnelle Entscheidungen schienen ihr keine Probleme zu
bereiten.
    Mir auch nicht: »So bald wie möglich.«
    Sie lächelte schmal. »Meine Sekretärin wird Ihren Arbeitsvertrag
aufsetzen. Bitte geben Sie Ihre Personalien an. Ich denke, die
Einstellungsuntersuchung können wir auch heute noch erledigen. Herr Herold wird
Sie morgen früh einarbeiten und Sie dem Team vorstellen. Dienstbeginn ist –
wann fangen die in der Reinigung an, Karl-Heinz?«
    Â»Sechs Uhr«, half Herold ihr erschrocken weiter.
    Na, wer sagte es denn!

    Â 

11.
    Ich gab der solariumbraunen Sekretärin meine erfundenen
Personalien an und ließ mir von einem müden Internisten den Blutdruck messen.
Dann sammelte ich in der Cafeteria meine Cordjacke und die Tüte mit meinen
Klamotten wieder ein.
    Der Arbeitsvertrag steckte unterschrieben und zusammengerollt
in meiner Jackentasche.
    Ich nahm die Brille ab. Ich war Anführerin einer Putzkolonne.
Dabei hatte ich in meinem ganzen Leben noch keine Toilette geschrubbt.
    Ich war mir ziemlich sicher, dass das Ganze eine an Größenwahn
grenzende Schnapsidee war. Außerdem hatte ich mich strafbar gemacht. Wie viele
Jahre bekam man für Hochstapelei? Das Vernünftigste wäre mit Sicherheit, meinen
lila Rolli einzupacken und abzuhauen.
    Aber wohin?
    Eine Sekunde lang bildete ich mir ein, dass meine Hände
wieder zitterten.
    Ich brauchte eine Zigarette.
    Oder wenigstens eine Tasse Kaffee.
    Und ich musste einen Platz finden, an dem ich übernachten
konnte.
    Aber die Zigarette war dringender.
    Ich schnorrte mir vor dem Haupteingang eine Marlboro von
einem vielleicht Vierzehnjährigen in einem Rollstuhl. Ein paar Sekunden genoss
ich, wie das Gemisch aus Rauch und kalter Dezemberluft meine Lungen
durchströmte. Nach dem dritten Zug beruhigten sich meine Hände wieder.
    Na toll, nikotinsüchtig war ich auch noch.
    Ich merkte, dass der Junge im Rollstuhl meine Nadelstreifenhose
betrachtete, die so gar nicht zu meiner zerschlissenen Cordjacke passen wollte.
Tatsächlich konnte ich morgen schlecht in Nadelstreifen die Flure wischen. Ich
musste meine Garderobe wohl noch etwas erweitern.
    Weil ich mit meinem Schlafplatzproblem mitten im
Schichtwechsel sowieso nicht weiterkam, fuhr ich in die Stadt und besorgte mir
zwei biedere Blusen, eine dunkle Jeans und ein Paar schwarze Schuhe ohne
Absatz.
    Gegen sechs kehrte ich zurück ins Krankenhaus.
    Als wäre es ganz selbstverständlich, aktivierte ich meine
Schlüsselkarte, fuhr mit dem Fahrstuhl in den Keller und hoffte, niemandem
aufzufallen. Irgendwo musste ich einen Platz finden, an dem ich unentdeckt
blieb, bis ich mein erstes Gehalt bekam und mir irgendwo eine Bude besorgen
konnte.
    Der Kellerflur war menschenleer und wirkte in der Dunkelheit
unendlich. Ich erinnerte mich an die Pathologie und an meine Albträume und
blieb unentschlossen im sicheren Fahrstuhl stehen.
    Wo wollte ich hin?
    In meinem zukünftigen Abteilungsleiterbüro zu übernachten
war riskant. Früher oder später würde mich Svetlana dort erwischen.
    Andererseits …
    Es war vielleicht gar keine schlechte Idee, mit Svetlana
zu reden, bevor Herold mich als neue Vorgesetzte vorstellte. Schließlich würde
sich die Russin daran erinnern, dass ich gestern noch als Patientin auf der
Inneren gelegen

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