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Hämatom

Hämatom

Titel: Hämatom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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Tasche, in dem sie sich Notizen auf Russisch gemacht
hatte, »… außerdem ist abends Verabschiedung von Herold in die Kapelle. Er geht
in die Ruhestand.«
    Auch das hatte ich schon mitbekommen.
    Â»Diese Donnerstag ist eine Termin mit die Firma Feudel wegen neue Wischer. Und heute …«
Svetlana brach ab.
    Â»Was ist heute?«
    Â»Nix Besonderes.«
    Â»Muss ich einen Vortrag über Staubsauger halten?«
    Svetlana klappte ihren Kalender zu. »Heute ist Beerdigung
von Janna.«
    Â»Oh.«
    Â»Drei Uhr, Blumenfriedhof. Wir alle gehen deshalb halbe
Stunde eher in Feierabend.«
    Schon wieder begannen ihre stark geschminkten Augen zu
glänzen.
    Â»Mit alle anderen Sachen kann ich dir leider nicht helfen«,
entschuldigte sich Svetlana und wischte sich durchs Gesicht, ohne sich wirklich
beruhigen zu wollen.
    Â»Doch«, widersprach ich und wechselte damit das Thema. »Kannst
du mir zeigen, wie ich ein Krankenzimmer sauber kriege?«
    Svetlanas Miene hellte sich auf. Sie lächelte, fast ein
wenig geschmeichelt: »Keine Problem.«

    Â 
    Ich hatte noch nie zu der Sorte von Menschen
gehört, die nach jedem Händewaschen die Wassertropfen vom Waschbeckenrand
polierten, damit keine Kalkflecken entstanden. Ich neigte eher dazu, den
Staubsauger als Allzweckwaffe einzusetzen und damit nicht nur Fußböden, sondern
auch gleich den Küchentisch und die Gardinen zu reinigen.
    Ich hatte keine Ahnung, wie ich in fünf Minuten ein
Zimmer säubern sollte, in dem drei Menschen wohnten, von denen mindestens einer
Blut verlor, sich auf den Fußboden übergab oder die Toilette nicht ›zeitnah‹
erreichte.
    Trotzdem steckte ich nun in einer der allgegenwärtigen
grünen Schürzen, der hauseigenen Putzuniform.
    Â»Eigentlich wir haben sieben Minuten Zeit für eine Zimmer«,
erklärte mir Svetlana. »Aber wenn jemand ausfällt, wir müssen Zeit sparen.« Die
Russin schob einen vollbepackten Putzwagen vor ein Patientenzimmer und kippte
Reinigungsmittel in einen mit Wasser gefüllten Eimer. »Beim Reinkommen guckst
du, ob irgendwo größere Missgeschick passiert ist. Eine nicht in die Urinsack
eingestöpselte Blasenkatheter oder so.«
    Ich schob meine Brille hoch. Wie um alles in der Welt war
ich auf die Idee gekommen, mich um eine Stelle als Putze zu bewerben?
    Â»So was machst du zuerst. Dann Fußboden wischen, immer
bis in die Ecke, da gucken alle nach Wollmäuse. Dafür brauchst du unter die
Betten nur wischen, wenn jemand abreist und die Bett entfernt wird. Über die
Nachttische musst du nur bei die alten Leute putzen, die verschütten gerne
klebrige Getränke und schmieren mit Essen. Jüngere machen selbst sauber. Die
Waschbecken musst du immer machen, auch die Spiegel. Handtücher auswechseln,
Seife und Desinfektionsmittel auffüllen und die Mülleimer leeren.«

    Während sie gesprochen hatte, hatte sie bereits das erste
Zimmer gereinigt.
    Â»Du musst nur eine Station machen und die Verwaltung in
die achte Stock. Die Büros in die Verwaltung ist wenig Arbeit, da kannst du
Staubsauger nehmen. Der steht oben in Abstellraum. In zwei Stunde bist du da
durch.«
    Also brauchte ich mindestens vier. Und auch die Zimmer
auf der Station würde ich im nächsten Jahr noch nicht im Siebenminutenzakt
schaffen.
    Svetlana schien mir meine Bedenken anzusehen: »Wir können
die Station tauschen. Ich mache die Innere, da ist wegen der alten Leute immer
viel zu tun. Du kriegst die Chirurgie, da putzen die meisten ihre Nachttische
selbst. Eigentlich unsere Abteilungsleiterin hat nur die Verwaltung geputzt,
statt zwei Flure wie wir anderen. Weil sie noch Zeit brauchte wegen die
Organisationsaufgaben. Aber jetzt fehlt uns eine Stelle, deshalb du musst mehr
arbeiten. Noch Fragen?«

    Svetlana schob den Reinigungswagen in einen Abstellraum
am Ende der Station und wir machten uns wieder auf den Weg in den Keller.
    Â»Zeit sparen kannst du auch mal in die Flur und die Aufenthaltsraum
der Patienten. Da weiß sowieso niemand, wer wann welche Dreck gemacht hat.«
    Â»Wieso fehlt eine Stelle?«, erkundigte ich mich, als wir
in den leeren Sozialraum Reinigung zurückkehrten.
Schließlich ersetzte ich Janna, dann war das Team doch komplett. Oder nicht?
    Svetlana schenkte sich einen Kaffee ein und füllte auch
meine Tasse wieder auf: »Janna war noch nicht lange Leitung.«
    Â»Ich weiß«, nickte ich.

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