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Hämatom

Hämatom

Titel: Hämatom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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»Vorher war das diese Frau Möllering.«
    Die Russin zog erstaunt die Brauen hoch.
    Â»Das hat mir Herold jedenfalls erzählt«, rechtfertigte
ich mein Wissen schnell.
    Â»Vorher war Janna normale Putzfrau«, sprach Svetlana
weiter. »Sie war Einzige, die Vollzeit arbeitete und gut in Deutsch war. Deshalb
Adolf hat sie zur Leitung gemacht, aber ihre Stelle ist nicht wieder besetzt.«
    Â»Adolf?«
    Svetlana schrak zusammen: »Ich habe nicht Adolf gesagt,
oder?«
    Â»Doch, Adolf«, bestätigte ich.
    Â»Ich – äh, weißt du, das ist eine Spitzname, ein paar
Leute im Haus haben eine –«
    Â»Gott zum Beispiel«, erinnerte ich mich an den Chefarzt.
    Svetlana nickte verblüfft: »Oder Maik, von die Haustechnik.
Der heißt Eros, weil er so schön ist und weil er mit allen Krankenschwestern … Und
unsere alte Abteilungleiterin, Edith Möllering, sie hieß die Besen.«
    Schöne Idee.
    Â»Und wer ist nun Adolf?«, ließ ich nicht locker.
    Svetlana sah sich so ängstlich um, als befürchtete sie,
Hitler höchstpersönlich könnte unter dem Tisch hocken und lauschen.
    Â»Adolf ist unsere Leiterin von Klinikmanagement.«
    Â»Katja A. Schrage?«
    Â»Weil niemand weiß, wofür die A steht.«
    Also A für Adolf. Wie passend.

    Â 
    Ob ich nun die Nachttische abwischte oder nicht,
es blieb völlig ausgeschlossen, dass ich in den verbleibenden drei Stunden
meiner Arbeitszeit vierzig Zimmer säuberte – von dem zugehörigen
Aufenthaltsraum, Flur und Treppenhausabschnitt ganz zu schweigen.
    Dabei wollte ich unbedingt zu Jannas Beerdigung gehen.
    Ich spielte mit dem Gedanken, die Hälfte der Zimmer
schmutzig zu lassen. Wenn sich natürlich jemand darüber beschwerte, kam
schneller, als mir lieb war, heraus, dass ich noch nie in meinem Leben einen
Profiwischmopp namens Opti-Clean bedient hatte.
    Als ich nach einer guten Viertelstunde das erste Krankenzimmer
fertig hatte, schwitzte ich. Und weil ich seit Wochen nicht ordentlich gegessen
hatte, war mir von der ungewohnten Anstrengung schwindelig.
    Wütend steckte ich den Hochleistungsschrubber in die
dafür vorgesehene Halterung an meinem Putzwagen. Vollbeladen ließ der sich
ungefähr so leicht schieben wie Oma Busch im Rollstuhl. Tatsächlich hätte es
keinen großen Unterschied gemacht, wenn die übergewichtige Oma selbst noch
zwischen meinen Putzeimern gehockt hätte. Warum zum Teufel bewegten sich diese
Dinger nicht von allein?
    Wahrscheinlich, weil es noch keinen Roboter gab, der
Zimmer putzen konnte. Ich musste unbedingt dafür sorgen, dass diese eingesparte
Stelle wieder besetzt wurde. Adolf konnte gut Personal wegrationalisieren,
solange sie in ihrem schicken Bürokostümchen nicht selbst im Akkordtempo
ausgelaufenen Urinbeutelinhalt wegwischen musste!
    Ã„rgerlich stemmte ich mich gegen den schweren Wagen. Es
dauerte einen Augenblick, bis ich die dicke Frau in der grünen Putzuniform wahrnahm,
die mich vom Ende des Flures aus beobachtete.
    Viktoria Lebrecht.
    Ich blieb stehen.
    Sie bemerkte, dass ich sie entdeckt hatte. Schnell verschwand
sie um die Ecke im Treppenhaus.
    Echt unauffällig.
    Ich ließ den Wagen stehen und rannte hinter ihr her. Sie
war nicht die Sportlichste, ich holte sie noch auf der ersten Treppe ein. »Jetzt
warte doch mal!«
    Gehorsam blieb sie stehen. Wieder sah sie mich nicht an,
sondern starrte auf die klobigen Spitzen ihrer braunen Lederschuhe, die unter
Schürze und Jeans hervorguckten.
    Ich ging die paar Stufen zu ihr hinunter und stützte mich
neben ihr aufs Geländer. Vom Laufen war mir noch schwindliger geworden.
    Â»Du heißt Viktoria, oder?«
    Sie schwieg.
    Â»Ich bin Lila. Hi! Sorry, dass ich dich heute Morgen im
Büro erschreckt habe.« Ich hielt ihr meine Hand hin und diesmal packte sie zu.
Ich biss mir auf die Unterlippe, um nicht vor Schmerz zu stöhnen, denn ihr
Griff quetschte meine Hand wie ein Schraubstock zusammen.
    Â»Alle nennen mich Vicky«, murmelte sie undeutlich.
    Â»Freut mich, Vicky«, presste ich zwischen meinen zusammengebissenen
Zähnen hervor. Ich rieb meine Hand, nachdem sie endlich losgelassen hatte. »Hast
du nach mir gesucht? Kann ich irgendwas für dich tun?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Ihre Haltung war merkwürdig, sie zog die Schultern so
hoch, dass es aussah, als fehlte ihr nun auch noch der Hals.
    Â»Ich wollte sehen, ob ich dir

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