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Hämatom

Hämatom

Titel: Hämatom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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Putzfrauen da
waren. Nicht mal Herold, der mit der Gebäudereinigung zusammengearbeitet hatte.
    Â»Auf dich warte ich schon den ganzen Abend.« Eros stieß
sein Sektglas gegen meines.
    Ich trank nicht, während er sein Glas in einem Zug
leerte.
    Â»Ich habe gehofft, dass du nicht kommst«, informierte ich
den Handwerker kühl.
    Offensichtlich hatte er mir nicht zugehört oder ihn interessierte
nicht, was ich gesagt haben könnte.
    Â»Komm mit, ich stell dich ein paar Leuten vor.« Er strahlte
mich mit einem blitzend weißen Zahnpastareklamelächeln an und nahm mich am Arm.
    Ich widerstand dem Impuls, ihm mit einem schnellen Karategriff
die Hand zu verdrehen, und zog nur meinen Arm weg. Ich sah mich nach Ramona um,
doch die war verschwunden. Ein paar Meter weiter entdeckte ich die Sekretärin
mit Gundel, Gott und Osleitschak, dem lockenköpfigen Betriebsratsvorsitzenden.
    Gundel sah mich im gleichen Augenblick.
    Oje.
    Am Runzeln ihrer brauenlosen Stirn erkannte ich, dass sie
überlegte. Schnell wandte ich mich ab, doch sie stellte sich bereits neben
Ramona und deutete mit ihrem Wasserglas zu mir herüber.
    Ramona antwortete etwas und an der Art, wie Gundels Augen
größer wurden, ahnte ich, dass es mein Name war, den die Sekretärin der
Krankenschwester verraten hatte.
    Was jetzt?
    Gundel musterte mich ungläubig.
    Oh, oh.
    Sie starrte mich an und ich starrte zurück.
    Gespannt wartete ich auf die Reaktion der Krankenschwester.
    Doch sie starrte nur weiter.
    Weil sie nichts zu ihren Begleitern sagte, verkrümelte
ich mich zwischen den Menschen aus ihrer Sichtweite. Ich hätte mehr Glück als
Gehirn, wenn sie dichthielt.
    Ich war noch nie auf einer After-Work-Party gewesen und
wunderte mich über diesen verwirrenden Mix aus Meeting und Singlefete. Alle
taten, als könnten sie sich keine schönere Gesellschaft zum fröhlichen Feiern
vorstellen, obwohl all diese Menschen eigentlich nur eins verband: Sie hatten
den gleichen Arbeitgeber.
    Ich fragte mich, ob es auch dazu Richtlinien gab: Der motivierte
Mitarbeiter erscheint gut gelaunt zu dienstlichen Feierlichkeiten, verliert
kein Wort darüber, dass in seiner Abteilung wieder eine Stelle eingespart
wurde, sondern identifiziert sich mit dem Betrieb und lehnt keinesfalls ab,
wenn die Chefin ihn nach der zweiten Flasche Sekt auf ihrem Schreibtisch
vernaschen will.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich alle so lieb
hatten, wie sie vorgaben.

    Â 
    Gegen halb zwölf ging mir der inzwischen vollstramme
Eros so auf die Nerven, dass ich beschloss, mich in meinem Keller zu
verkriechen.
    Ich verabschiedete mich von Herold.
    Â»War mir eine Freude, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, Frau
–« Mein Name fiel dem schwitzenden Dicken nicht mehr ein, sein Blick hatte sich
an meinem Busen festgesogen und er schwankte stark. Ich fragte mich, ob er wohl
umkippen würde, wenn ich mich bückte.
    Mit einigen Schwierigkeiten konnte ich meine Hand aus
seiner nassen Pranke befreien.
    Kaum jemandem der anderen Gäste fiel auf, dass ich die
Kapelle verließ. Die Eingangshalle der Klinik war noch hell erleuchtet. Ramona
saß mit Osleitschak auf einem der abwischbaren Ledersofas im Empfangsbereich.
    Ich schlich in Richtung der Stationen davon.
    Alles war still. Die Flure lang und dunkel, wie grüne Tunnel.
Die Patienten schliefen längst und ein leichter Anflug albtraumhafter Angst
stieg in mir auf. Wurde stärker.
    Auf der Treppe hörte ich die Schritte. Diesmal nicht
leise und schleichend, sondern unregelmäßig, stolpernd …
    Â»Halluzination. Die nächste Panikattacke«, versuchte ich,
mich selbst zu beruhigen, und lief trotzdem schneller.
    Selbst schuld! Hätte ich die Finger von Alkohol und Drogen
gelassen, wäre ich jetzt kein Fall für den Psychiater. Ich fragte mich, ob das
je wieder nachlassen würde.
    Ich hastete weiter und atmete auf, als ich endlich die
Tür neben dem Fahrstuhl erreichte. Als ich sie öffnete, wurde das allgegenwärtige
Brummen der Heizungsanlage laut und trockene, warme Luft schlug mir entgegen.
    Erleichtert sprang ich die ausgelatschten Stufen in den
niedrigen Gerümpelkeller hinunter, als mir bewusst wurde, dass die Stahltür
noch immer nicht hinter mir zugerumst war.
    Mein Herz machte einen Satz. Ich drehte mich um: Eros
stand direkt hinter mir!
    Verdammte Scheiße!
    Der Elektriker sah auf mich herab: »Jetzt erklär mir doch
mal, was du

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