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Hämatom

Hämatom

Titel: Hämatom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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wirbelte
verfolgt vom Scheinwerferlicht durch den Raum. Gerade hielt sie einem pickligen
Jungen, der seinen achtzehnten Geburtstag vor höchstens einer Woche gefeiert
haben konnte, ihre wippenden Brüste unter die Nase.
    Ich überlegte, ob das alles die Mühe wert war.
    Janna und ihre Geschichte gingen mich ja gar nichts an.
    Halt! Falsche Gedankenrichtung!
    Janna und ihre Geschichte gingen mich sehr viel an –
jedenfalls solange ich nicht über mich und meine eigene Geschichte nachdenken
wollte.
    Außerdem würde ich nie wieder eine Misshandlung
schweigend hinnehmen. Nicht bei mir selbst und nicht bei anderen. Meinen Vater
hatte niemand zur Rechenschaft gezogen, ging es mir durch den Kopf. Womöglich
sollte ich das irgendwann nachholen. Und Janna konnte nicht mehr dafür sorgen,
dass der Verursacher ihrer Verletzung seine verdiente Strafe bekam. Wenn ich
nicht nachforschte, tat es niemand.
    Die Musik stoppte. Vivi, die drei Minuten lang wirklich
alles gegeben hatte, konnte gerade noch rechtzeitig ihr Podest erklimmen und
blieb schwer atmend, schwitzend und nackt, wie es sich gehörte, im
Scheinwerferlicht stehen.
    Sekunden später war es wieder finster.
    Wumm!
    Das leichte Summen, mit dem der Scheinwerfer direkt über
mir ansprang, dröhnte wie ein Paukenschlag in meinen Ohren. Das Licht kam mir
unnatürlich heiß vor, ich kam sofort ins Schwitzen. Ich war dem grellen
Scheinwerferlicht gnadenlos ausgesetzt.
    Irgendwer pfiff durch die Zähne – wohl vor Verblüffung,
weil mein korrektes Businessoutfit ganz und gar nicht der üblichen Kleiderordnung
entsprach.
    Die Musik setzte ein. Ich spürte den dumpfen Beat als
leichtes Beben des Bodens, auf dem ich stand. Eine Melodie war kaum zu hören.
    Ich sollte mich wohl jetzt bewegen. Doch auf keinen Fall
würde ich wie Vivi von meinem Podest springen und mich zwischen diese
besoffenen Möchtegernvergewaltiger wagen. Ich griff nach der Stange, ging
einmal drum herum.
    Noch einmal.
    Ich hätte vorher was trinken sollen, dachte ich und begann,
die Knöpfe meiner Bluse zu öffnen.

    Â 
    Dreieinhalb Minuten später blieb ich verkrampft
unter dem heißen Scheinwerfer stehen. Meine Brille in einer Hand hinter dem
Rücken wartete ich darauf, dass endlich das Licht ausging. Selten hatte ich
mich so schmutzig gefühlt. Die Sekunden dehnten sich zu Ewigkeiten.
    Endlich wurde der summende Scheinwerfer ausgeschaltet.
Einen Augenblick lang fühlte ich mich nicht nur blind, sondern auch taub, ein
beängstigender Verlust der Sinneswahrnehmung, der glücklicherweise nachließ,
als irgendwer müde applaudierte.
    Der Scheinwerfer auf der gegenüberliegenden Bühne flammte
auf und die Schwarze vom Anfang lenkte die Aufmerksamkeit auf sich.
    Hastig schlüpfte ich in meine auf dem Podest verteilt liegende
Kleidung, stopfte die Unterwäsche in die Hosentasche und griff nach meinen
Schuhen, während ich schon die Stufen hinuntersprang.
    An einem Tisch schnarchte ein Zuschauer, sein Kopf war
neben seinen Cocktail gesunken. Einen anderen Gast sah ich gerade noch als
Schatten durch den Vorhang der Eingangstür verschwinden. Besonders mitgerissen
hatte mein Auftritt wohl niemanden.
    Ich schlüpfte in meine Schuhe, weil ich gar nicht wissen
wollte, in was man hier auf dem Weg zur Theke reintreten konnte.
    Lily Munster stellte mir ein Glas Champagner hin.
    Â»Diese Sekretärinnennummer hat was«, erklärte Vero, die
Chefin, zu meinem Erstaunen ein wenig weniger schmallippig als vor meinem
Auftritt. »Mach nächstes Mal kurz vor Schluss noch deine Haare auf«, riet sie
mir mit einem Kopfnicken auf meine streng zurückgesteckte Abteilungsleiterinnenfrisur.
    Â»Beim nächsten Mal?«
    Â»Ich ruf dich an.«

    Â 

25.
    Montagmorgen pünktlich um acht saß ich in der gleichen
blasslila Bluse, die ich im Babajaga ausgezogen hatte, im Meeting. Die
Spuren meiner Nebentätigkeit hatte ich am Wochenende im Waschsalon beseitigt.
    Bei der Sitzung handelte sich um die angekündigte Veranstaltung
zum Thema Mitarbeiterzeugnisse .
    Kurz zuvor hatte ich zwei SMS über das Adolf-Frühwarnsystem
erhalten: A verlässt Büro und A Verwaltungsflur.
    Im nächsten Moment betrat ›A‹ den Vortragsraum.
    Außer mir saßen ungefähr zwanzig Leute am Tisch. Die
anderen ›Führungskräfte‹ kannten sich und begrüßten sich mit Umarmung, als
hätte sich die Familie zum

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