Hände, die der Satan schuf
Magenwände resistent machte. Wenigstens seine. Er trank aus der Flasche. Das Licht hatte er gelöscht. Wie immer benutzte er den alten Hauklotz als Sitzplatz. Da die vordere Ofenplatte offenstand, konnte er in die Flammen schauen, die manchmal wie lange Fingerspitzen aus der Öffnung leckten und einen Teil seines Arbeitsraums erhellten, während der andere im Schatten blieb.
Es war eine völlig normale Werkstatt. Wenn ihn jemand aus dem Dorf besuchte, sah der Kunde nichts Außergewöhnliches. Ebenso verhielt es sich mit den Wohnräumen. Sie waren durch eine Tür mit der Werkstatt verbunden. Seit über einem Jahr hatte sich Ricardo Bachara in dieses einsam stehende Haus zurückgezogen.
Natürlich hatten die Leute zunächst geredet. Die Mäuler hatten sie sich zerrissen. Das legte sich allerdings, nachdem er einmal ein Fest im Gasthaus gegeben hatte.
Da war die Hälfte der Einwohner total betrunken gewesen. Eine irre Feier. Er freute sich noch jetzt darüber. Man akzeptierte ihn. Auch der Polizist, der den Spitznamen Waldläufer trug. Zu Anfang hatte er Ricardo schief angesehen, jetzt nicht mehr. Und niemand ahnte, welch eine Vergangenheit hinter ihm lag.
Als Terrorist und Killer. Er stand auf.
Obwohl er den Schnaps wie Wasser getrunken hatte, ging er noch kerzengerade. Bachara hielt sich immer gut. Man mußte hier gut sein, um etwas losmachen zu können.
Flammenschein hauchte seine Gestalt rötlich an. Bachara sah älter aus, als er in Wirklichkeit war. Es lag vielleicht an den schwarzen Haaren und an dem ebenso schwarzen Bart, der Mund, Wangen und Kinn wie ein dichtes Gestrüpp umwucherte. Die Kinder hatten mal Waldschrat zu ihm gesagt. Manchmal kam er sich auch so vor.
Als er vor seiner Werkbank saß, spürte er die Wärme des Feuers im Rücken. Er schaltete die Lampe ein. Der Schein, breit und gelb, paßte nicht zum Feuer. Er zerstörte die Atmosphäre. Ohne Licht konnte er nicht arbeiten.
Er war nervös. Wo die Schwielen dick wie Kröteneier an den Innenflächen der Hände saßen, spürte er den Schweiß. Wie kam das nur? Sonst ging immer alles glatt.
Jetzt nicht.
Lag es an den Bildern? Er schaute sie an.
Rechts von ihm lag das des Mannes. Der Typ hatte ein offenes Gesicht, das Lächeln wirkte echt. Er konnte sich vorstellen, daß dieser Mann ein Feind des Teufels war.
Und die Frau?
Hatte Asmodis nicht von einer Hexe gesprochen? Bachara lachte glucksend. Ja, Hexen waren die Weiber fast alle durch die Bank weg. Da konnte er ein Lied von singen. Verrat, Liebe. Leidenschaft und eine gewisse Besessenheit lagen bei ihnen dicht beieinander. Das war schlecht. Deshalb reagierten sie manchmal so gefühlsbetont. Sie verloren einfach zu oft den Blick für die Realitäten. Vor allen Dingen beim Geschäft.
Er überlegte, mit wem er beginnen sollte. Mit dem Mann? Das war leichter, aber danach war er nie gegangen. Also entschloß er sich, den Würfel Schicksal spielen zu lassen.
Er lag bereit. Bachara hatte ihn selbst geschnitzt. Man konnte ihn soeben noch mit der Hand umschließen. Zeigte der Würfel eine gerade Zahl an, würde er mit dem Mann beginnen, bei der ungeraden mit der Frau. Und wenn er die Sechs würfelte, würde er sich beide zugleich vornehmen. Eine gerechte Sache, wie er fand.
Ricardo nahm den Würfel in die Hand und ließ ihn fallen. Mit einer Kante prallte er auf, überschlug sich einige Male und wurde vom Schraubstock gestoppt.
Eine Sechs.
»Verdammt, ausgerechnet!« Bachara mochte es nicht. Aber er war ehrlich und würfelte kein zweites Mal. Wenn das Schicksal so entschieden hatte, bitte sehr.
Also mußte er sich die beiden Personen zur gleichen Zeit vornehmen. War auch kein Beinbruch.
Zunächst das Grobe, danach das Feine. Nach dieser Devise arbeitete er. Die Holzstücke lagen bereit, die scharfen Messer ebenfalls. Ihre Klingen blitzten im Licht der Lampe. Die Holzstücke, aus der die Figuren geschnitzt werden sollten, besaßen die Länge von halben Männerarmen, und Ricardo Bachara überlegte, ob er die Frau nicht ein wenig kleiner als den Mann schnitzen sollte.
Das konnte er später noch. Zunächst einmal mußte er sich das Grobe vornehmen.
Er griff zum Messer, und dabei fielen ihm wieder die Worte des Teufels ein. Der Satan war nicht so einfach zu begreifen. Seine Existenz akzeptierte Bachara, aber die Worte, die der Teufel ihm unterbreitet hatte, wollten ihm nicht aus dem Kopf. Da stimmte etwas nicht, denn er hatte davon gesprochen, daß dieser Harald West sterben sollte. Dies war
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