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Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein

Titel: Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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sich nach außen, stehen bald horizontal zur Tischplatte, gebeugt von einer Kraft, welche die Wände des Raumes mühelos durchdringt. Unaufhaltsam fließt die Energie, sucht und erreicht ihr Ziel.
    Wie ein aufgeschlagenes Buch liegt sein Verstand vor ihr. Hier muss sie vorsichtig sein, das weiß sie, denn der menschliche Verstand ist empfindlich und lässt sich nicht gern manipulieren. Darin ist sie zu einer Meisterin geworden, und doch kann auch sie die Folgen nicht immer abschätzen. Ganz sanft dringt sie ein, behutsam, sie will ihm ja nicht wehtun.
     
    Tränen schossen Sebastian in die Augen und liefen als dicke Tropfen seine Wangen hinab. Von einer Sekunde auf die andere war er blind, sah nur noch tanzende weiße und schwarze Punkte, sah Ringe, die sich ausweiteten, als habe jemand einen Stein ins Wasser seiner Tränen geworfen. Er blinzelte heftig und wischte sich mit dem Handrücken über seine Augen, änderte damit aber nichts.
    Eben hatte er sich die letzte Gabel seiner über ihr intensives Gespräch erkalteten Ravioli in den Mund geschoben, aber er hatte sich nicht verschluckt, keine Teigtasche klebte in seinem Hals, und einen typischen Asthmaanfall hatte er auch nicht. Zwar bekam er kaum noch Luft, aber der Druck kam von außen, so als habe sich eine Klammer um seinen Hals gelegt. Gleichzeitig schien eine Hand in seinen Kopf zu fahren, in sein Gehirn zu greifen und darin herumzuwühlen.

    Mit einem hustenden, würgenden Laut stieß er sich vom Tisch ab. Die Stuhlbeine kratzten über den Terrakottaboden. Gespräche verstummten, Augenpaare zuckten zu ihnen rüber. Saskia sagte etwas, doch Sebastian konnte sie nicht verstehen. Er wollte die Augen öffnen, als plötzlich etwas wie ein Derwisch vorüberhuschte. Er zuckte zurück, stöhnte, als hätte er einen Schlag bekommen.
    Lebensmittelvergiftung! Das Wort schoss wie eine Kugel durch seinen Kopf. Jemand hat dich mit Gehacktem vergiftet und jetzt gehst du drauf!
    Aber es hörte in dem Moment auf, da Saskia ihre Hand auf seinen Arm legte. Durch sein nasses Blinzeln hindurch sah er sie neben sich hocken, ihre warme Hand tätschelte seinen Unterarm, eine Berührung, die zu brennen schien. Jetzt drangen auch ihre Worte wieder zu ihm durch. Sie war es, die ihn aus dem Teich des Todes zog, in dem er beinahe untergegangen wäre.
    »Sebastian! Was ist denn los? Hast du dich verschluckt?«
    Er schüttelte den Kopf, brachte zunächst kein Wort hervor. Mit zitternder Hand klaubte er eine Serviette vom Tisch, wischte sich die Feuchtigkeit von den Wangen und aus den Augen.
    »Sebastian … geht es wieder?«
    Er fühlte sich vergewaltigt, ausgelaugt. »Ja, ja, es geht schon, danke.«
    Nur widerstrebend löste sie sich von ihm, kehrte zu ihrem Platz zurück, ließ ihn aber nicht aus den Augen. Genauso wenig wie der Kellner oder die anderen Gäste. Für ein paar Minuten waren sie die Attraktion des Restaurants.
    Saskia beugte sich vor und flüsterte: »Was war denn los, um Gottes willen? Ich dachte, du erstickst.«

    »Das dachte ich auch.«
    »Hast du dich verschluckt?«
    »Ich … ich weiß nicht, nein, eigentlich nicht. Das war wie ein Anfall.«
    Der Restaurantchef, ein gedrungener Italiener mit Schmerbauch und freundlichem Gesicht, kam an ihren Tisch. Mit gesenkter Stimme erkundigte er sich nach Sebastians Befinden, fragte, ob mit dem Essen alles in Ordnung sei. Sebastian versicherte es und griff die Ausrede auf, er habe sich verschluckt. Genau das wollte der Mann hören. Er lächelte mitfühlend, versprach ihnen pronto zwei Glas Wasser auf Kosten des Hauses und entschwand wieder in die Unsichtbarkeit.
    Sebastian wollte nur noch raus, er fühlte sich plötzlich eingeengt, bedrängt, als wären die Mauern und Nischen zusammengerückt. »Können wir gehen? Ich möchte an die frische Luft.«
    »Natürlich! Lass uns gehen. Du bist ja immer noch ganz blass.«
    Der Kellner kam mit dem Wasser. Sebastian zahlte die Rechnung, sie tranken aus und verließen das Lokal. Unter der Weite des sternenüberzogenen Nachthimmels holte Sebastian tief Luft. Das Gefühl, nicht richtig atmen zu können, verschwand nun vollends. Er füllte seine Lunge, so gut es ging. Saskia stand daneben und beobachtete ihn. Was für eine Vorstellung! Unübertrefflich peinlich! Seine erste Verabredung mit diesem bemerkenswerten Mädchen, und er bekam während des romantischen Essens einen Anfall. Große Klasse!
    »Gehst du ein paar Schritte mit mir?«, fragte er sie.
    »Gern.«
    Langsam schlenderten sie

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