Haeppchenweise
mutmaßlichen Herkunft des Kaffees), mittlerweile ist der Begriff ein Fauxpas; seit der Zypernkrise 1974 gilt der Slogan: “Wir nennen ihn griechisch“. (Wikipedia)
Die Dukakis´ wohnen in einem grau verputzten Mehrparteienklotz mit handtuchbreitem Vorgarten. Wir parken im Halteverbot vor dem Elektronikladen im Erdgeschoss. Das Rollgitter rattert vor dem Schaufenster herunter und ein dickbäuchiger Mann starrt uns mürrisch durch die Glastür an, einen Zigarettenstummel im Mund.
„He! Könnens nit lese? Dat is ne Ladezone und kein Parkplatz!“
Unwillkürlich umklammere ich meine Handtasche fester und presse sie wie einen Schutzschild an den Bauch. Mein Gipsarm baumelt an meiner Seite, als gehöre er nicht zum Rest meines Körpers.
Felix nickt dem Fettwanst freundlich zu. „Das passt ja wunderbar. Haben Sie einen 40 Zoll LED Flachbildschirm im Sortiment?“
Der Dicke schlurft misstrauisch näher. „Han isch watt??“
„Haben Sie oder haben Sie nicht?“, wiederholt Felix milde.
Der Mann kratzt sich am Hinterkopf.
„Alsu, nit op Lager. Isch han nur dat Vorführmodell im Fenster ...“
„Ich zahle mit Kreditkarte. Laden Sie ihn bitte ein – und falls Sie noch entsprechendes Zubehör finden, nehme ich das gleich dazu. Wir sind in zehn Minuten zurück.“
Felix drückt dem verduzten Verkäufer den Autoschlüssel in die Hand und schiebt mich an dem Rippshirtbauch vorbei in den Hausgang hinein.
Im kühlen Eingangsbereich der Kirche benötigt Henry einen Moment, bis ihre Augen sich an das Zwielicht gewöhnt haben. Sie meidet den Blick nach oben zur Kuppel, atmet das ängstliche Kind aus und zwingt die Polizistin, die Kontrolle über ihre Gefühlswelt zu übernehmen.
Mit seinen in Rot und Gold gemalten Wänden wirkt das Innere des Baus weniger abweisend, als sie beim Eintreten erwartet hat. Ihr prüfender Blick erfasst das gesamte Kreuzschiff, streift den Gesangbücherwagen, verweilt auf den flackernden Lichtern des Opferkerzentischs und wandert die Fluchtlinie der Bankreihen entlang. Keine Menschenseele.
Gemächlich geht Henry den Mittelgang hinunter. Das schlichte Eisenkreuz auf dem Altar übt einen eigentümlichen Sog auf sie aus. Ein Geräusch lässt sie einhalten. Automatisch schließt sie die Augen, um ihre Wahrnehmung zu schärfen und tastet nach dem Hüftholster. Erneutes Knarren.
Sie fixiert den Beichtstuhl neben dem Seitenaltar, der mehr Beklemmung als Interesse in ihr auslöst. Entschlossen hebt sie das Kinn und steuert das holzvertäfelte Monstrum an. Ein menschlicher Laut mischt sich unter das Knistern arbeitenden Holzes. Sie lauscht ... und schlüpft lautlos in die benachbarte Beichtzelle hinein.
„Das musstest du nicht tun“, schnaufe ich, als wir den zweiten Stock erreicht haben, und quetsche mich mit angezogenem Bauch an einem Zwillings-Buggy vorbei. Das ganze Treppenhaus ist mit Kinderwägen, Fahrrädern und Rollern aller Größenordnungen zugestellt.
„Der Fernseher passt sowieso nicht in den Kofferraum“, schmunzelt Felix, wird aber sofort ernst, als er meinen Blick auffängt. Ich drehe den Kopf und mustere die Namensschilder an den Wohnungstüren. Seine aquamarinfarbenen Augen sind im Augenblick wirklich mehr, als ich verkrafte.
„Wir müssen weiter hinauf“, murmele ich.
Felix geht wortlos voran. Mein Herz schlägt schneller. Ich frage mich, ob der Anblick seines Jeans-Hinterns die bessere Alternative zu seinen unwiderstehlichen Augen ist. Zwei Fahrräder, ein Surfbrett und vier Fußabtreter höher, bleibe ich vor einer senfgelben Kokosmatte mit der Aufschrift: „Καλος ὀρισατε!“ stehen.
„Hier ist es.“
Felix runzelt die Stirn. „Du verstehst griechisch?“
„Nein. Auf dem Türschild steht Dukakis.“
Unentschlossen mustere ich den Türknauf. Ich habe keine Ahnung, was uns erwartet, geschweige, was ich ... Leider drückt Felix den Klingelknopf, ehe ich es mir anders überlegen kann.
Henry rutscht im Dunkeln auf die Holzbank. Auf der anderen Seite schnäuzt jemand geräuschvoll. Sie räuspert sich und schiebt vorsichtig die in der Trennwand eingelassene Klappe beiseite.
„Herr, ich ...“
Sie erkennt die weinerliche Stimme sofort. Henry unterdrückt einen überraschten Ausruf und setzt zu einer Entgegnung an.
„Herr Pfarrer, sagen Sie nichts. Bitte!“
Sie schließt den Mund.
„Ich sollte nicht hier sein. Es gibt eine Menge Leute, denen ich was schuldig bin. Sie warten auf mich ... erwarten von mir ... und eigentlich
Weitere Kostenlose Bücher