Haeppchenweise
gegen Tür-und-Angel-Flirts. Doch meine Vorfreude zerbröselt, als sie errötend zurücktritt.
„Melitta Dukakis. Kommen Sie herein. Wollen Sie ... Kaffee? Oder einen Tee?“
„Kaffee wäre wunderbar!“ Er strahlt.
Roúla schaut zwischen Felix und mir hin und her. Ihre Miene wirkt völlig neutral, als rufe mein Gesicht nicht das geringste Wiedererkennen in ihr hervor.
„Sind das Freunde von dir, Kind? Oder wollen sie Aleksandros besuchen?“
Melitta kehrt uns ruckartig den Rücken.
„Na dann, willkommen in unserem alltäglichen Wahnsinn.“
Sie gehen schweigend auf dem Pflasterweg zum Dienstwagen, ohne einander zu berühren oder anzusehen. Erst beim dritten Versuch gelingt es Henriette, den Schlüssel ins Schloss der Beifahrertür zu stecken. Sie öffnet die Tür, er hievt seinen Körper schwerfällig auf den Beifahrersitz. Julius schwitzt und auch seine Hände zittern. Alkoholentzug. Er lacht leise in sich hinein.
„Möchtest du etwas trinken?“, fragt sie besorgt.
„Wasser wäre nett.“
„Ich gehe rasch zum Kiosk rüber. Wartest du so lange?“ Sie kaut auf ihrer Unterlippe wie Lydia, wenn ihr etwas unangenehm war.
„Natürlich warte ich.“
Julius beobachtet im Seitenspiegel, wie Henry die Straße überquert und an das Verkaufsfenster des Büdchens tritt. Erst jetzt füllt er seine Lungen mit Luft und befreit das dümmliche Grinsen, das sich schon die ganze Zeit in seinem Gesicht breitmachen will. Nur noch eine Sache, die er in Ordnung bringen muss.
Ein Geräusch auf dem Rücksitz lenkt ihn ab. Schwerfällig dreht er sich herum und zieht den Pappkarton näher. Es raschelt und ... fiept? Julius klappt vorsichtig den mit Luftlöchern versehenen Deckel hoch. Ein süßlicher Geruch dringt ins Wageninnere, ein feuchtes Schnäuzchen reckt sich ihm entgegen.
„Wer bist du denn?“
„Wäff!“ Der Welpe versucht sofort, seinem Gefängnis zu entkommen und klettert die Pappwand hinauf. Mit mäßigem Erfolg. Ein unerwünschtes Gefühl regt sich beim Anblick der winzigen Tatzen in Julius´ Brust.
„Nana, du wirst doch nicht ausbüxen wollen, kleiner Freund?“
Vorsichtig umgreift er das runde Bäuchlein. Der Hund wiegt nicht mehr als ein Pfund Äpfel und strampelt heftig in seinen Händen. Er hält das braun gefleckte Bündel auf Armeslänge von sich. „Wäff, wäff!“, japst das Tierchen, verdreht seine Knopfaugen und schnappt nach seinem Daumen. Julius lächelt.
Schon von Weitem erkennt Henry, dass Julius das Paket entdeckt hat. Sie umfasst die Wasserflasche fester und verringert ihr Tempo. Julius beachtet sie kaum, als sie auf den Fahrersitz rutscht und ihm die Wasserflasche reicht.
„Du hast einen Hund?“
Henry schüttelt den Kopf und bemüht sich um einen beiläufigen Tonfall. „Er stammt aus einer Wohnungsräumung. Zwanzig Hunde hatte der Freak, den wir eingebuchtet haben. Das ist der Letzte aus dem Wurf. Ich bring ihn für die Kollegen ins Tierheim.“
„Soso. Ins Tierheim.“ Julius kichert, als der Kleine über sein Gesicht leckt.
„Genau. Ins Tierheim. Gleich morgen Früh.“ Henry startet mit unbewegter Miene den Motor, während sich in ihr ein Gefühl des Triumphes breitmacht.
Allmählich fühle ich mich ausgesprochen unwohl. Melitta hat uns auf dem Zweisitzer im Wohnzimmer platziert und ist wortlos in der Küche verschwunden. Dort zeugt heftiges Geschirrklappern davon, wie sehr es ihr widerstrebt, den unerwünschten Besuch bewirten zu müssen.
Roúla thront steif in einem grellbunt gemusterten Ohrensessel, der so gar nicht mit dem Rest der eher biederen Einrichtung harmoniert, und starrt abwesend an die Wand. Ich drücke die Knie zusammen, um Felix nicht zu berühren. Dank meines Gipsarms ein unfruchtbares Unterfangen, denn die Couch geht allenfalls als Eineinhalbsitzer durch.
„Sind Sie ein Paar?“ Roúlas munterer Tonfall passt nicht zu ihren trüben Augen, die den Blütenornamenten der Tapete folgen. Felix räuspert sich.
„So in der Art, Frau Dukakis.“
„Nein, sind wir nicht.“ Ich schiebe den Kiefer vor.
„Woher kennen Sie Aleksi?“, lächelt Roúla.
Ich werfe Felix einen verunsicherten Blick zu. „Wir kennen ihren Sohn gar nicht. Eigentlich sind wir wegen Ihnen hier, Roúla.“ Ich atme erleichtert aus, als Melitta mit einem Kaffeetablett das Zimmer betritt.
„Wegen mir? Aber warum denn? Machen Sie eine Bürgerbefragung?“
Das Tablett knallt auf den Wohnzimmertisch. Melitta hält finster die Thermoskanne in die Höhe. „Wie trinken
Weitere Kostenlose Bücher