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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
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will ich nur einen gottverdammten Whisky. Tschuldigung, habs nicht so gemeint.“
    Henry spürt ihre Mundwinkel zucken.
    „Wissen Sie ...“ Julius zieht die Nase hoch. „Das Mädel ist ein gottver ... ein echtes Geschenk. Und ich enttäusch die Kleine nur. Dabei ist sie gar nicht mehr so klein ... Henriette hat Lydias Augen. Und meine miese Laune hat das arme Ding auch abgekriegt, du lieber Herr Gesangsverein! Tschuldigung, war wieder ein Fluch, oder?“
    Henry legt ihre feuchten Handflächen auf das Sprechgitter.
    „Sie haben nach meiner Frau gefragt. Ich bin jetzt so weit, darüber zu reden.“
    Ihre Brust krampft sich zusammen.
    „Lydia wollte es. Sie ertrug den Krebs nur mit literweise Morphium ... trotzdem waren die Schmerzen immer da. Können Sie sich vorstellen, wie sich das anfühlt, wenn sich Ihre Eingeweide auflösen, Herr Pfarrer? Angefleht hat sie mich, ihr zu helfen. Ich hatte doch keine Wahl ...“ Julius Stimme bricht. „Ich hab ehrlich gebüßt für meine Sünden. Hab alle Brücken hinter mir abgebrochen und mich gestellt, als dieser dänische Mistkerl mich erpressen wollte. Zwanzig Jahre hab ich nicht mehr existiert und trotzdem ... stellte man mich heute vor die Wahl – ich würde genau dasselbe wieder tun.“ Julius schnieft, die Bank knarrt. Sie zuckt zurück, als sie einen warmen Atemhauch an den Fingern spürt und das Gesicht ihres Vaters am Sprechgitter erscheint.
    „Nun bin ich hier, um dem Herrn was zu versprechen. Wenn das alles vorbei ist und Katta das Cook & Chill wieder übernimmt, geh ich zu den Anonymen Alkoholikern, meinetwegen auch in den Entzug. Meine Tochter braucht mich nicht, ist ein zähes Stück. Aber ich will dem Mädel das Gefühl geben, dass ich da wär, falls sie doch ... Es tut mir unendlich leid.“
    Henry schließt die Augen, ihr Herz klopft ihr bis zum Hals. Dann nimmt sie allen Mut zusammen.
    „Nein, mir tut es leid. Und ich brauche dich sehr wohl.“
     
    Melitta Dukakis hat geweint. Ich weiß nicht, ob ich überraschter über das tränenverquollene Gesicht bin, das durch den Spalt linst, oder sie, ausgerechnet mich vor ihrer Wohnungstür vorzufinden. Ich hatte die Frau makelloser in Erinnerung.
    „Frau Lehner?“
    Sie öffnet die Tür und weicht zurück, ohne uns hereinzubitten. Der Schwesternkittel schlackert an ihr herum, als sei er zwei Nummern zu groß. Eine Strähne löst sich aus ihrem Zopf und wirft einen Schatten auf die hohlen Wangenknochen.
    „Guten Abend, Frau Dukakis. Entschuldigen Sie die Störung.“ Ich werfe Felix einen Blick zu. „Das ist Felix Sander, mein ... ein Freund. Ist Roúla zu Hause?“
    Melittas Miene verschließt sich sofort. „Meine Mutter fühlt sich nicht wohl. Sie will im Moment mit niemandem reden.“
    „Das verstehe ich. Sagen Sie ihr bitte trotzdem, dass ich da bin?“
    „Kommen Sie morgen wieder. Bis dahin geht es ihr bestimmt besser“, erwidert Melitta frostig und macht Anstalten, die Tür zu schließen.
    „Frau Dukakis, ich möchte nicht unhöflich sein, aber es ist wirklich wichtig!“ Meine Hand greift zu und ich beiße mir auf die Lippen, als die Türkante meine Fingerknöchel quetscht.
    „Melitta? Haben wir Besuch?“, erklingt eine müde Stimme im Hintergrund.
    „Roúla? Darf ich Sie einen Augenblick sprechen?“ Ohne Rücksicht auf Melittas entsetzte Miene drücke ich die Tür auf.
    „Nein! Das dürfen Sie nicht! Das ist Hausfriedensbruch!“ Verzweifelt stemmt sie sich gegen das Sperrholz. Felix berührt meinen Arm.
    „Katta, sollten wir nicht ...“
    „Kind! Warum bittest du die Leute nicht herein?“
    Roúlas Gesicht erscheint hinter Melittas hochgezogenen Schultern. Jäh lässt die junge Griechin die Tür los und ich stolpere über den Perserteppich in den Flur.
    „Offensichtlich ist Hausfrieden in Ihren Kreisen ein Fremdwort.“ Melitta verschränkt die Arme vor der Brust. Ich rappele mich mit brennenden Wangen auf.
    „Entschuldigung ...“
    „Nehmen Sie es Frau Lehner nicht übel. Sie fällt gern mit der Tür ins Haus.“ Felix ignoriert meinen giftigen Blick, zwinkert Melitta zu und streckt seine Hand aus. „Felix Sander, Fotograf und Notfall-Chauffeur. Ich entschuldige mich für unsere Unhöflichkeit, aber bitte erlauben Sie uns, unser Anliegen vorzutragen. In fünf Minuten sind wir wieder weg.“
    Die Griechin starrt ungläubig auf seine Finger, als halte er ihr ein Faltblatt der Zeugen Jehovas entgegen. Gleich bekommt sie einen Tobsuchtsanfall, denn Melitta Dukakis ist garantiert immun

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