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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
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mehr.“
    Melitta runzelt die Stirn. Roúla intoniert die Europahymne. Laut. Und zwei Tonlagen zu hoch.
    „Mammá liebt ‚Freude schöner Götterfunken‘, weiß der Himmel warum. Sie singt schauderhaft“, flüstert Melitta und verzieht das Gesicht. Ich lache auf.
    „Sie haben richtig Glück mit ihrer Mutter.“
    Melitta schweigt.
    „Ich meinte natürlich nicht ihre Demenz, sondern ...“ Mal wieder typisch. Katharina Lehner auf verbalem Fettnäpfchenparcour.
    „Ich weiß, wie das gemeint war.“ Sie schaut erneut in den Rückspiegel und schmunzelt zu meiner Erleichterung.
    Allmählich finde ich Melitta Dukakis echt nett. Beruhigt lehne ich mich in meinem Sitz zurück und verzichte nach dem dritten Versuch darauf, meinen Gips auf der Armablage aufzustützen. Hilfsweise halte ich mich am Türhaltegriff fest und gebe mir zehn Minuten, bis ich einen Blutstau erleide.
    „Warum sind sie nicht mehr mit Felix zusammen?“
    „Ist eine hässliche Geschichte“, wehre ich ab und schaue zur Seite. Irgendwo heult eine Polizeisirene. Ein Ruck geht durch das Auto, als Melitta bremst und die Wagenkolonne auf der Aachener Straße zum Stillstand kommt.
    „Verflixte Rushhour. Sieht aus, als müssten wir noch etwas Zeit hier drin verbringen. Davon abgesehen, sterbe ich im Gegensatz zu Ihnen vor Lampenfieber und das Autoradio ist kaputt. Also bitte – lenken Sie mich ab!“
     
    „Was soll das heißen, die Cook & Chill Leute sind nicht im Studio?! Wir gehen in wenigen Minuten auf Sendung!“
    Manfred Novela stiert missmutig auf die golfballgroße Kaugummiblase vor Lenas Mund, die soeben mit einem „Plopp“ zerplatzt. „Himmel Lena! Du musst mittlerweile die Kaumuskulatur einer Hirschkuh besitzen!“
    Seine Assistentin schaut nicht mal auf, sondern blättert in ihrem Skriptblock.
    „Keine Ahnung, Chef. Weder Zander noch seine Schüler haben sich Backstage gemeldet. Aber die Jury ist vorhin in die Maske gegangen“, strahlt sie und setzt erneut zu einer rekordverdächtigen Blase an.
    „Nimm sofort das Zeugs aus dem Mund, Lena!“
    „Jawoll Chef.“ Sie grinst, schluckt einmal kräftig und reißt demonstrativ den Mund auf. Ein warmer Pfefferminzehauch schlägt ihm entgegen. Angewidert starrt er seine Assistentin an, die den Kiefer zuklappt und unschuldig zurückblinzelt. „Eine Julia Wagner wollte Sie vorhin sprechen, Chef. Scheint die neue Geschäftsführerin vom Cook & Chill zu sein. Aber Sie waren gerade auf dem Klo ... äh, auf der Toilette.“
    „Bring sie her, verdammt!“, raunzt Novela und taxiert den Kontrollmonitor. Die Techniker richten die Kameras aus und nehmen Probeaufnahmen von der Showküche. Falscher Winkel, falscher Zoomfaktor. Er könnte aus der Haut fahren! Der Plastikkugelschreiber in seinen Fingern gibt ein entkräftetes Knacken von sich. Finster betrachtet er Mine und Feder in seinem Handteller.
    „Der Deckenstrahler benötigt einen Weißabgleich und im vorletzten Rang gähnt eine Zuschauerlücke. Sag den Platzanweisern Bescheid, wenn du da vorbei kommst! Und die Dicke mit der Topffrisur verschwindet gefälligst aus der ersten Reihe, sie versaut das Bild!“
    Lena klemmt ihr Brett unter die Achsel und salutiert.
    „Ich fliege! Oh, Entschuldigung!“ Beinahe wäre sie in Mats Jørgensen hineingerannt, der sich mit hochrotem Gesicht in der Tür aufgebaut hat und suchend in der kleinen Kammer umhersieht.
    „Haben Sie Knut Ziegler irgendwo gesehen?“
    „Sakrament! Sehe ich aus wie ein Personensuchdienst?!“, donnert Novela.
    Lena schleicht mit eingezogenem Kopf zur Tür hinaus.
     
    Eine halbe Stunde später stellt Melitta den Motor ab. Ihre Miene wirkt halb amüsiert, halb betroffen.
    „Das war alles? Und ihr habt kein Wort mehr darüber verloren?“
    Ich nicke und schüttele den Kopf. Ihre Frage macht überdeutlich, wie dämlich ich mich in Beziehungsangelegenheiten anstelle.
    „Irgendwie hat es sich nicht ergeben ...“
    „Ist nicht dein Ernst!“
    Melitta scheint nicht zu merken, dass sie ins vertrauliche „Du“ gewechselt hat.
    „Es ist vorbei. Felix wohnt bei seiner neuen Freundin.“
    „Weißt du das genau oder vermutest du das?“
    „Na, ich glaube ...“ Ehrlicherweise habe ich keine Ahnung.
    „Ich glaube, ich denke, ich nehme an!“ Melitta schnaubt. „Du solltest ihn erst fragen, bevor du ihn vor die Tür setzt!“
    „Aber ich habe ihn gar nicht ...“ Ich verstumme mitten im Satz. Allmählich bekomme ich wirklich ein schlechtes Gewissen. Weshalb sind Beziehungen auch so

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