Haeppchenweise
ängstlich um und deutet zögernd auf den Transporter einer Mietwagenfirma. Ihr Boss muss ein echter Arsch sein. „Bitte beeilen Sie sich, ich lasse die Kiste einfach verschwinden und besorge eine Neue.“ Ihr Stimmchen klingt einen Tick weinerlicher.
„Kein Problem. Ich verrate ihrem Chef nix.“ Knut steuert grinsend die offene Ladeklappe an. Der Van ist leer, bis auf ein paar leere Säcke und einer Pappkiste. Das Firmenlogo auf dem Karton rührt erneut in seinem Unterbewusstsein. Er stellt seine Last ab und klettert in das Wageninnere, um die Schrift auf dem Deckel zu lesen. Cook & Chill Catering.
„Sagen Sie mal, ist ihr Boss etwa ...? He!“
Der Stoß kommt mehr als unerwartet. Knut stolpert überrascht in den Laderaum hinein, greift geistesgegenwärtig nach dem Feststellgurt an der Seitenwand, doch die Leine glitscht aus ihrer Verankerung. Er spürt einen Ruck am Knöchel, kurz darauf verliert er das Gleichgewicht. Instinktiv dreht er sich im Fallen seitwärts und stürzt schwer auf die Schulter.
„Klappe zu und gute Reise, Knut!“, spottet eine zweite, selbstbewusstere Frauenstimme in sein eigenes Stöhnen. Zu seiner Fassungslosigkeit ertönt der Knall einer zuschlagenden Laderaumtür, gefolgt von völliger Dunkelheit. Sekundenbruchteile später startet ein Motor – und die Ladenfläche unter ihm beginnt zu vibrieren.
Mit gemischten Gefühlen betritt Julia hinter Britta die Treppe der Zuschauertribüne. Noch auf dem oberen Absatz grinst Britta und hält den Daumen nach oben, was von der Cook & Chill Crew mit lautem Gejohle quittiert wird. Mittlerweile haben sich Friedrich Busch, Vida und Lukas sowie Dr. Johannes Hennemann dem Grüppchen in der VIP-Box angeschlossen.
„Das ist mein Mädchen!“ Andreas tätschelt seiner Frau den Hintern.
„Ich hab nur die Ladeklappe geschlossen und den Fahrer bezahlt, Schatz!“ Britta versetzt ihrem Mann einen Klaps und zieht die widerstrebende Julia neben sich auf den Sitz.
„Aber ihr hättet unser Schneckenvögelchen sehen sollen! Der arme Knut hatte keine Chance!“ Britta gluckst, umfasst ihr Gesicht mit beiden Händen und reißt die Augen auf. „Das ist sähr nett von iiihnen“, imitiert sie weinerlich. „Mein Schäf feuert misch, wänn är die verdällten Dosän sieht!“
Der Trupp bricht in schadenfrohes Gelächter aus.
„Das Ganze war natürlich ein Versehen, hoffe ich“, brummt Johannes.
Julia lächelt gequält und fummelt geistesabwesend an ihrem Betelarmband herum. Die anerkennenden Blicke machen sie nervös, denn obwohl sie sich ein Gefühl von Stolz nicht verkneifen kann, stand sie nie gern im Mittelpunkt. Das hat sich in den Jahren ihrer Metamorphose von der Raupe zum Falter nicht verändert. Kurz und knapp: Sie fühlt sich schrecklich. Und Mission hin oder her ... dieser Knut, der vermutlich gerade auf irgendeinem gottverlassenen Rastplatz außerhalb der Stadt geparkt wird, tut ihr leid.
„Knut fiel in den Lieferwagen, keiner sah´s, und der Fahrer muss zufällig eine Vier-Stunden-Tour abreißen. Natürlich ohne Pippipause. Und er liebt Metallica, schön laut und über Kopfhörer. Was für ein bedauerliches Missgeschick!“ Britta zwinkert Johannes verschwörerisch zu.
„So was kann passieren“, antwortet er trocken.
„Genau. Pech.“ Britta grinst, während Julia nach der Getränkekarte angelt.
Auf den Schreck braucht sie dringend einen Schnaps. Oder besser: zwei davon.
Ob Felix tatsächlich zum Sender nachkommen wird? Ich kaue nervös an der Nagelhaut meines Daumens herum. Seit rund einer Viertelstunde hat niemand in dem Opel Kadett auch nur einen vollständigen Satz gesprochen. Melitta stiert ausdruckslos auf die Straße, und Roúla summt auf der Rückbank vor sich hin. Ein Seufzer erfüllt das Wageninnere und erst Minuten später wird mir bewusst, dass der Laut aus meiner Brust kam. Roúla verstummt abrupt. „Wohin fahren wir?“, murmelt sie.
Melitta lächelt in den Rückspiegel. Ihr Gesicht wirkt nicht mehr so streng, wie ich es aus unserer ersten Begegnung in Erinnerung habe.
„Wir fahren zum Kochwettbewerb, Mammá. Ins Fernsehstudio. Höllenverkehr heute Abend.“ Ich merke zu spät, dass der zweite Satzteil an mich gerichtet war.
„Allerdings“, pflichte ich ihr rasch bei und richte mich auf.
Melitta sieht mich prüfend an. „Sind sie aufgeregt?“
„Nicht besonders. Meine Lage kann sich kaum verschlechtern.“
„Sie haben einen netten Freund.“
„Felix ist nicht mein Freund. Nicht
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