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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
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ich um die Ecke gebogen, remple ich in Britta hinein, die wie angewurzelt an der Hoftür steht. Meine Erleichterung, sie wohlbehalten vorzufinden, geht unmittelbar in den nächsten Schrecken über: Etwas Haariges berührt meinen Unterschenkel! Ich quieke auf und trete reflexartig zu. „Mauuuu!“
    Wie ein geölter Blitz wetzt die Nachbarsmieze durch das Tor und verschwindet im Hauseingang gegenüber.
    „Pssst!“ Brittas Atem ist dicht an meinem Ohr. Ich presse die Hand auf meinen Mund, um nicht hysterisch loszukichern und starre angestrengt ins Dunkel. Totenstille.
    Dann ein Rascheln, das Zerreißen von Plastiktüten und ein Geräusch, als schlüge ein dumpfer Gegenstand auf Metall. Sekunden später bricht die Wolkendecke auf, Vollmondlicht flutet über den Lieferwagen und die Abfallcontainer.
    „Das darf ja wohl nicht wahr sein!“, entfährt es Britta, während ich fast aufgelacht hätte. Der Anblick wäre zu komisch, wenn ich mich nicht so furchtbar gruseln würde.
    In einem der aufgeklappten Container hängt ein Mensch, genauer gesagt … balanciert diese Person auf einer Leergutkiste und beugt sich dabei kopfüber in einen der Müllcontainer hinein. Mehr als seine Beine und seinen Hintern kann ich nicht ausmachen. Wahrscheinlich ein Obdachloser.
    Er hebt ein Bein, die Getränkekiste wackelt gefährlich und fast hätte ich aufgeschrien. Der arme Mann! Doch er fängt sich und beugt sich noch tiefer in den Behälter. Irgendwas kommt mir merkwürdig vor. Ich kneife die Augen zusammen und suche angestrengt den Fehler in dem mondbeschienenen Bild. Britta zupft mich am Ärmel.
    „Komm, lassen wir ihn. Vielleicht findet er ja was, der bedauernswerte Tropf.“
    Plötzlich dämmert es mir. Mit Herrenbekleidung kenne ich mich aus.
    „Britta!“
    „Was denn?“
    „Seit wann tragen Obdachlose feine Anzüge und Lackschuhe?“, raune ich und lege beschwörend den Finger auf den Mund. Britta glotzt mich an.
    „Du meinst ...?“
    Weitere Worte sind nicht nötig. Sie drückt meine Hand und deutet mit dem Kinn zum Container. Seite an Seite pirschen wir los.Als uns nur noch wenige Schritte vom Tatort trennen, schnellt Britta nach vorn und kickt die Kiste beiseite.
    „He! Was ...? Verdammt!“
    Der Mann kippt vornüber, ich ergreife einen baumelnden Schenkel, Britta den anderen. Es bedarf nur einer kräftigen, gemeinsamen Hebelbewegung nach oben und der Fremde landet unter ohrenbetäubendem Geschepper im Container. Britta schiebt die Klappe zu, das Schloss rastet ein, mit zitternden Fingern schiebe ich den Riegel vor. Klappe zu, Maus tot.
    In der dritten Etage gehen die Lichter an, ein zerknitterter Julius erscheint am Fenster: „Was zum Henker ist da los?!“
    „Einbrecher im Hof!“, brülle ich und tippe die Notrufnummer in mein Handy.
    „Du Arschloch! Mach sofort die Klappe auf!“ Unser Gefangener tritt wütend von innen gegen das Metallgehäuse, der Behälter schwankt und rollt ein Stück zur Seite. Wie ein Äffchen klettert Britta hinauf und setzt sich rittlings auf die Schiebeklappe, während ich mich gegen die Seitenverkleidung des Containers stemme.
    „Wichser! Hurensohn!“, hallt es dumpf heraus.
    „Pfui. Was sind das für Ausdrücke?“ Britta schlägt mit der flachen Hand auf den Deckel und kichert albern.
    „Notrufzentrale Köln?“
    „Katharina Lehner vom Cook & Chill in der Brüsseler Straße! Bei mir wird gerade ... eingebrochen!“, keuche ich in die Sprechmuschel, klammere mich krampfhaft an die Verriegelung und bete, dass der rostige Riegel den wütenden Stößen von innen standhält.
    Dann herrscht im Container plötzlich Mäuschenstille.

Arme Ritter
     
    Frenchtoast oder zu Deutsch „armer Ritter“ ist die Bezeichnung einer Brotspeise aus dem Mittelalter. Während sich edle Ritter bei Turnieren den Bauch mit Fleisch und Wein vollschlugen, blieb für die Knappen häufig nur altes Graubrot übrig. Um das Brot nahrhafter zu machen, tunkte man es in eine Mischung aus Rahm und Eiern und briet es in Butterschmalz an. Fertig war der „Arme Ritter“oder auch die „Güldene Schnitte“.
    (Aus www.wdr.de/servicezeit)
     
     
    „Ist er tot? Oder sind ihm bloß die Flüche ausgegangen?“, fragt Britta.
    „Meinst du, er bekommt da drinnen genug Luft?“
    „Und wenn? Er ...“ Ein hässliches Knirschen verschluckt Brittas Antwort. Das Schloss bricht unter meinen Fingern aus der Verankerung. Verblüfft betrachte ich den Metallstift in meiner Handfläche, den bröseligen Überrest meiner Illusion

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