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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
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soeben das Licht erlischt. Misstrauisch betrachtet Johannes den stöhnenden Knut in Käferstellung und scharrt eine Bananenschale beiseite. „Was ist hier los, Katta?“
    Ich strecke ihm ergeben die zerknitterten Unterlagen entgegen. Johannes braucht Sekunden, um eins und eins zusammenzuzählen, ehe mich ein strafender Anwaltsblick trifft. „Ich weiß“, winke ich ab.
    Im Nu scharrt sich ein Grüppchen Alkohol ausdünstender Menschen um mich. Britta umfasst meine Hand, Julia rutscht an meine Seite, und Vida legt ihre Arme um meinen Hals. Sie schnürt mir fast die Luft ab. Zu meiner Verblüffung schlendert Henry auf die Polizeibeamten zu und schlägt einem der jungen Männer freundschaftlich auf die Schulter.
    „Hey Tom, wie geht´s? Kann ich dich kurz unter vier Augen sprechen?“
    „Was macht sie da?“, murmele ich. Ich bin so müde ... und plötzlich vermisse ich Felix wie verrückt. Ein paar Uniformhosen betreten mein Sichtfeld.
    „Katharina Lehner?“
    „Ja, ich bin das.“
    Der Polizist nickt seinem Kollegen zu, der dem stöhnenden Knut auf die Beine hilft. Enttäuschenderweise klicken keine Handschellen und niemand liest ihm seine Rechte vor, wie in einschlägigen Polizeiserien üblich. Der Beamte komplimentiert Knut höflich, aber bestimmt in den Fond der Streife und schließt die Tür.
    „Es wäre nett, wenn Sie uns aufs Revier begleiten würden, um den Tathergang aufzunehmen. Sie wollen doch Anzeige erstatten, Frau Lehner?“
    Jørgensens Handlanger drückt seine Stirn gegen die Seitenscheibe. Er grinst schadenfroh, als er meinen Blick bemerkt. Reißt seinen Mund auf, als gähne er herzhaft, das Glas beschlägt von seinem Atem. Dann malt sein Zeigefinger ein Kruzifix mitten hinein. Ich strecke ihm die Zunge raus und wende den Kopf.
    „Natürlich erstattet sie Anzeige!“, dröhnt die Ich-bin-Anwalt-Komma-mit-mir-ist-nicht-zu-spaßen-Stimme. Johannes zückt sein Mobiltelefon und knurrt in die betretene Schar meiner Kochschüler: „Geht nach Hause, Leute. Es genügt, wenn zwei, drei von uns Katta begleiten.“ Ohne den Protest zu beachten und ganz Strafverteidiger, winkt er den wartenden Polizeibeamten zu. „Wir nehmen ein Taxi zur Wache.“
     
    Krankenhäuser und Polizeireviere haben eins gemeinsam: Kein Mensch bewegt seinen Hintern freiwillig dorthin. Im Foyer des Präsidiums schlägt uns ein klischeebehafteter Aromendunst aus Schweiß, Maschinenkaffee und Essigreiniger entgegen. Aus irgendeinem Zimmer dringen gedämpftes Gemurmel und Weinen heraus. Auf der Bank im Gang kauert eine arg mitgenommen aussehende Frau im Pyjama und mit Lockenwicklern im Haar, gegenüber schläft ein Halbstarker seinen Rausch aus. Ich blicke sehnsüchtig zur Schwingtür zurück, über der das grüne Ausgangsschild leuchtet.
    „Wo steckt Henry?“, flüstert Britta.
    Henry ist beim Eintreten in die Wartehalle spurlos verschwunden. Ich zucke die Achseln. Inzwischen habe ich es mir abgewöhnt, mich über das Mädchen zu wundern, das strikt darauf bestand, uns zu begleiten.
    Julia rümpft ihr Näschen und mustert den zusammengesunkenen Teenager mitleidig. Sie streckt eine Hand aus, zuckt aber zurück, als der Junge ein lang gezogenes Schnarchen von sich gibt. Ich sinke neben der Lockenwicklerfrau auf die Bank, während Johannes an der Glasscheibe der Anmeldung stehen bleibt. Der korpulente Beamte am Schreibtisch sieht nicht auf.
    „Meinst du, ich muss auch eine Aussage machen?“ Britta knabbert nervös an ihrem Daumennagel.
    „Du bist Zeugin, keine Angeklagte. Und ich glaube nicht, dass man sich für deine Jugendsünden interessiert. Der alberne Joint gehörte dir nicht mal, den du vor fünfzehn Jahren in der Sonntagsdisco probiert hast“, antworte ich trocken.
    „Bist du sicher?“
    „Da bin ich sogar sehr sicher, Frau Kern“, ertönt eine amüsierte Stimme. Britta wird bettlakenweiß. Henry lehnt in einer offenen Bürotür, verschränkt ihre Hände ineinander und dreht den Handteller nach oben. Das Knacksen ihrer Fingerknöchel irritiert mich allerdings weitaus weniger, als die Polizeiuniform, die sie da trägt.
     
    Henry führt uns in ein winziges Dienstzimmer. Die Beamtenschuhschachtel wirkt erstaunlich behaglich mit ihren senffarbenen Wänden und den Pflanzen, die den furnierten Aktenschrank schmücken.
    Die Polizeibeamtin platziert uns auf den polsterbezogenen Besucherstühlen vor dem Schreibtisch, billigt kommentarlos Johannes Wunsch, zu stehen und nimmt im Bürosessel gegenüber Platz. Ein absurder

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