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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
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einander vorzustellen. Sicher ist zu Ihnen vorgedrungen, dass Frau Lehner einen Autounfall hatte.“
    Das Raunen verebbt, spätestens jetzt gebührt ihm die volle Aufmerksamkeit aller.
    „Ehe Sie durcheinander plappern: Katta geht es so weit gut. Sie wird zwei Wochen ausfallen, solange werden Sie mit mir vorlieb nehmen müssen. Wird sich rausstellen, ob das für Sie einen Segen oder die Hölle bedeutet. Oder für mich, wie man´s nimmt.“ Sein Scherz poltert unerwidert auf die Küchenfliesen, also spricht er rasch weiter.
    „Wenn meine Rechenkünste mich nicht im Stich lassen, bleiben uns exakt zwölf Tage bis zur Sendung. Zwölf Tage, das Wochenende mit eingeschlossen, um aus diesem Anfängerhaufen eine repräsentable Crew zu machen. Ein Ding der Unmöglichkeit, aber mich fragt ja keiner.“
    Vidas Gesichtsfarbe erinnert plötzlich an Buttermilch, Julia stöhnt und schüttelt den Kopf, als habe er eine Kriegserklärung abgegeben.
    „Ab sofort erwarte ich Sie jeden Abend Punkt sieben in ordentlicher Kleidung und Schuhwerk. Erscheinen Sie fünf Minuten zu spät, ist der Kurs für Sie beendet. Ihre Launen lassen Sie am besten direkt daheim. Betreten Sie diese Küche, gehören mir Ihr Fleisch und Ihr Hirn, sofern Sie eins haben. Mein Ton wird Ihnen nicht gefallen, denn ich lobe nie, meckere ständig, habe immer Recht und weiß alles besser. Ich zeige was einmal und nie wieder. Keine dummen Fragen oder oberschlaue Bemerkungen, wenn ich was sage, lautet die Antwort „Jawohl Meister!“ Passt es mir nicht, wie Sie Kartoffeln schälen, schälen Sie so lange Kartoffeln, bis mir passt, wie sie Kartoffeln schälen. Wer gehen will, geht jetzt. Jedem anderen verspreche ich die schlimmsten zwölf Tage seines Lebens. Noch Fragen?“
    Totenstille.
    Julia schlägt die Hände vors Gesicht und sinkt auf den Küchenhocker.
    „Nein, Meister!“, ätzt es von der Fensterseite. Henriette sitzt mittlerweile auf dem Sims und lässt die Beine baumeln.
    „Dann ist´s ja gut.“ Julius ignoriert den Stich in seiner Brust und mustert die beiden Damen, die betreten in der Tür warten. Er spürt einen Anflug der Sympathie, als die alte Frau trotzig den Rock lupft und ihre Füße vorzeigt. Die Bohnenstange wirkt weniger glücklich mit ihren senfgelben Birkenstockpantoffeln.
    „Geht doch! Die Schlappen stehen Ihnen weitaus besser als mir.“
    „Moment!“ Die Schwarzhaarige stolpert beim Eintreten über die Fußleiste und greift nach Friedrichs Arm. Das restliche Gesicht beschließt, sich dem Farbton ihrer zornigen Wangen anzupassen. „Hier liegt ein Missverständnis vor!“
    „Junge Frau, vom Rumpalavern wird keine Suppe heiß. Ihr Name?“
    „Melitta. Melitta Dukakis. Aber ich bin nicht ...“
    Julius bückt sich und hängt den Kartoffeleimer kurzerhand über den bleistiftdünnen Unterarm. „In einer halben Stunde brauche ich zwei Säcke geschälte Kartoffeln für Reibekuchen. Machen Sie Ihre Sache sorgfältig, Melitta.“
    Er wirbelt herum und piekst den Finger in Vidas bebende Bauchdecke. Das Mädel hat er auf dem Kieker, seit sie im letzten Jahr eine Riesenszene wegen der Langusten abzog, die sie in kochendes Wasser werfen sollte.
    „Was genau finden Sie so lustig?!“
    Die Chilenin reißt die Augen auf. „Ich ... äh ... ja nix!“
    Er greift nach dem zweiten Eimer. „Gut. In diesem Fall dürfen Sie sich mit drei Kilo Zwiebeln duellieren. Vielleicht vergeht Ihnen so das alberne Gegacker.“
    „Zwieebeln?! Aber ich kann keine ...“
    „Dann lernen Sie´s. Übung macht bekanntlich den Meister.“
    Niemand lacht mehr – sogar der Anwalt steckt ergeben sein Telefon ein.
    „Entschuldigung ... Meister?“ Ein dümmlicher Blick seitens des lang aufgeschossenen Bengels im Kettenhemd. „Heißt das, wir müssen jeden Tag gemeinsam ackern, obwohl nur Roúla und Henry bei dem Wettbewerb antreten?“
    „Das ist ein Kochseminar. Kein Bastelkurs für Volltrottel, den Sie nach einer Schulstunde mit einem selbst gefalteten Papierschwein verlassen. Wir arbeiten im Team, oder gar nicht! Ich gehe jetzt eine rauchen. Wer bei meiner Rückkehr noch da ist, zieht das komplette Programm mit mir durch. Einschließlich Wochenende!“
     
    Der narkotisierende Duft dringt sogar in meinen Traum ein. Ich habe Körner auf das Fenstersims gestreut und zu meinem Entzücken macht Bernadette endlich Anstalten, auf meinen lockenden Finger zu hüpfen. Hinter mir höre ich Felix leises Lachen und spüre seine Arme, die meine Hüfte umfassen

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