Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
Vom Netzwerk:
schüttelt Julias Hand ab. Sie stößt den Stuhl um, stolpert über ein Paar ausgestreckte Anwaltsbeine und taumelt hinaus. Plötzlich fühlt er sich besser.
    „Ganz die Mama.“
    Julius zwingt sich, ohne Hast nach seiner Serviette zu greifen. Er tupft seine Lippen, legt das Tuch neben seinen Teller und erhebt sich.
    „Entschuldigen Sie mich. Ich muss mal eben was Privates regeln.“
     
    Melitta atmet erleichtert aus und klaubt eine Olive aus dem Salatschälchen ihrer Mutter. Eine weitere Gelegenheit, Mammá von diesem schrecklichen Ort zu erlösen. Leider steigt von der Consommé ein feiner Duft von Thymian und Lorbeer auf. Zögernd greift sie nach ihrem Löffel.
    „Was für ein übler Typ!“ Vida beäugt angeekelt die Fleischstücke in ihrer Suppe.
    Friedrich rückt näher. „Aber kochen kann er. Isst sie das auf?“
    Die Chilenin schüttelt den Kopf und schiebt ihm den Teller zu. „Denk daran, dass das Zeug mal am Hintern einer Kuh baumelte. Also, ich tue mir diesen Militärjargon keine zwei Wochen lang an! Wer weiß, was dem noch einfällt, um uns fertigzumachen.“
    „Hört, hört ...“ Lukas bläst seine Backen auf.
    „Er macht niemanden fertig!“, entgegnet Julia scharf.
    „Julia, wir sind Hobbyköche, keine Kochazubis. Der Zander vergisst, dass wir Geld für diesen Kurs bezahlen.“ Johannes tippt linkshändig auf seinem Telefon herum, während sein Löffel in der Luft verharrt.
    „Und wenn schon, ich finde ...“
    „Vergiss es! Der soll sich andere Idioten suchen, die er durch die Gegend scheuchen kann!“, schimpft Vida und schiebt ihren Stuhl zurück. Dr. Hennemann erinnert sich an seine Suppe und führt den Löffel zum Mund.
    „ Sie setzt sich hin.“
    „Was?!“
    „ Sie . Setzt. Sich. Hin!“ Friedrich erhebt sich vom Kopfende der Tafel.
    Eine Weile schaut er stumm auf die wütenden Gesichter herunter. Vida lässt sich auf ihren Stuhl fallen. Merkwürdigerweise fühlt Melitta sich auch angesprochen, obwohl sie gar nicht zu diesen Leuten gehört. Doch sie klebt hilflos zwischen dem Glück Mammás und dem heißen Zorn dieser Vida fest.
    „ Er findet, sie stellen sich ziemlich an. Es gibt angenehmere Zeitgenossen als Julius Zander, aber sie könnten eine Menge von ihm lernen. Während sie herumbocken, stehen Jørgensens Schüler am Herd und kochen sich um Längen voraus. Julius ist nur ein Bruchteil ihres eigentlichen Problems. Es wird bald kein Cook & Chill mehr geben, in dem sie sich mit wem auch immer anlegen können. Sie müssen sich schon zusammenraufen, wenn sie Katta mit gutem Gewissen unter die Augen treten wollen.“
    Das hätte sie dem komischen Mann nicht zugetraut! Melitta senkt den Blick, obwohl sie nicht versteht, wieso sie sich schuldig fühlen sollte. Aber Friedrichs Rede hat offensichtlich nicht nur sie erreicht: Vida zieht mit vorgeschobener Unterlippe ihren Teller zu sich heran.
     „Das hast du hübsch gesagt, Friedrich. Gibt es jetzt den Hauptgang?“ Roúla hebt ihre Gabel in die Höhe und lächelt in die Runde. Einige Köpfe neigen sich verlegen.
    Der Anwalt sieht von seinem Mobiltelefon auf und nickt Friedrich anerkennend zu.
    „Du bist eindeutig in der falschen Branche, mein Freund.“
     
    Henriette hockt auf der obersten Stufe vor der Ladentür, die Arme um die Knie geschlungen, wie ein kleines Paket, das keiner abgeholt hat. An ihren zuckenden Schulterblättern erkennt er, dass sie still in sich hineinweint. Julius atmet aus und öffnet vorsichtig die Tür.
     „Darf ich mich setzen?“ Wegen der lästigen Kuhglocke und ihrem Gebimmel muss er lauter reden, als er vorhatte. Henry starrt geradeaus, den Rücken jetzt steif wie ein Besenstiel.
    „Die Treppe gehört mir nicht.“
    „Du verpasst die Reibekuchen.“
    „Na und?“
    „Ist das Rezept deiner Großmutter.“
    „Was du nicht sagst.“
    „War ´ne tolle Frau.“
    „Musst es schließlich wissen.“
    Julius nickt einem vorbeieilenden Herrn zu, in dem er einen Stammgast erkennt, und schielt auf Henriettes Fingernagel, der lauter kleine Kreuze in ihr Knie drückt. Seine Tochter hat kräftige Waden.
    „Mir kam nie eine Bayerin mit so einer Liebe zur rheinischen Küche unter. Die ganze Familie litt wegen ihrer Erbsensuppe einmal in der Woche an Blähungen. Aber wehe, man aß nicht mindestens zwei Portionen. Sehr zum Leidwesen deiner Mutter ...“ Er lächelt bei der Erinnerung an Lydias Gesichtsausdruck, als er nach der dritten Schüssel verlangt hatte.
    „Oma konnte ziemlich grantig werden“,

Weitere Kostenlose Bücher