Haeppchenweise
bin?
Novela: Sie haben hoffentlich keine kalten Füße bekommen.
Zander: Im Gegenteil! Ich hätte ein nettes Extra für Ihre Show!
Novela: Bin ganz Ohr.
Zander: Wie wäre es mit einer Art Live-Dokumentation über die privaten Hintergründe unseres Kochbuchladens?
Novela: Sie meinen ...?
Zander: Einen Blick hinter die Kulissen, Herr Novela. Beziehungen, Intrigen, Abgründe ... diesen ganzen emotionalen Kram halt, auf den Fernsehzuschauer so abfahren. Darüber hinaus biete ich Ihnen das wohl gehütete Geheimnis meiner Lebensgeschichte an. Eine Menge Stoff für die Tränendrüsen, darauf können Sie sich einen ...
Novela: Sagen Sie mal, Zander ... Sie führen doch was im Schilde ...
Zander: Na, hören Sie mal! Ich bin ein Fan Ihrer Sendung!
Novela: Aha.
Zander: Mal ganz unter uns, verehrter Herr Produktionsleiter: Glauben Sie ernsthaft, ein abgetakelter Exkoch, der sein halbes Leben auf der Straße verbracht hat, würde sich einbilden, Ihrem Star das Nudelwasser zu reichen? Mir ist durchaus klar, dass wir den Kochwettbewerb verlieren. Will nur meine Schäfchen ins Trockene kriegen, wenn Sie wissen, was ich meine.
Novela: Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie reden, Herr Zander.
Zander: Ich hab wenig Lust, mich nach der Schließung des Cook & Chill für die nächsten zehn Jahre in einen Hauseingang zu legen. Das hab ich hinter mir. Am Ende werde ich entdeckt und mache eine Zweitkarriere als Fernsehkoch ...
Novela: ...
Zander: Herr Novela?
Novela: Ich bespreche Ihre Anregung mit meinem Team. Sie hören von uns.
Zander: Sie sind ein kluger Mann. Trinken Sie einen leckeren Automatenkaffee über meinen Vorschlag, davon gibt es im Sender bestimmt literweise ...
Novela hat aufgelegt.
Julia schließt lautlos die Bürotür hinter sich und betrachtet den zitternden Cateringvertrag in ihrer Hand. Frau Lohrisch hat die veranschlagte Summe für die Ausrichtung der Hochzeit ihrer Enkelin großzügig aufgerundet. Im beigefügten Begleitbrief entschuldigt sie sich tausendfach für die Verzögerung. Ein defektes Faxgerät habe zu dem Umstand geführt, den Postweg bemühen zu müssen.
Julia verkneift sich ein Grinsen. Die Sekretärin hatte vergessen, beim Eintüten der Unterlagen die Arbeitsanweisung ihrer Chefin zu entfernen:
„Die junge Dame war sehr überzeugend und verfügt außerdem über ein gewisses Vitamin B. Vertrag unterschriftsfertig machen und hoffen, dass ihre Vorschläge keine kostspielige, heiße Luft sind.“
Wer sagt´s denn! Zwar hat sie keine Ahnung, was Frau Lohrisch unter „Vitamin B“ versteht, aber ist ja auch egal. Sie, Julia, hatte nicht übel gepokert!
Der Dämpfer folgt auf der zweiten Seite bei den Vertragsbedingungen. Auf unerklärliche Weise hat sich die Personenzahl verdoppelt, und die Gästeliste liest sich wie ein Promiquerschnitt durch die Gala. Anscheinend verkehrt die Lohrisch-Sippe nur in den besten Kreisen. Heißt im Umkehrschluss: Sie, Julia, ist schon tot, ehe das Cook & Chill überhaupt aufgetischt hat!
Sogar in ihren eigenen Ohren klingt ihr Lachen ein wenig irre. Vorsichtig platziert Julia den Vertrag auf dem Schreibtisch, als handele es sich um ein gestohlenes Geheimdokument des Bundesnachrichtendienstes. Sie besitzt weder die Fachkenntnis noch die Erfahrung, ein Büffet in dieser Größenordnung auszurichten, ohne auf altbewährte Melonenschiffchen und Tomate-Mozzarella-Platten zurückzugreifen. Das Blatt segelt lautlos zu Boden. Noch im Laufen und auf halber Treppe beginnt Julia aus Leibeskräften, zu brüllen.
„JULIUS!“
Ich komme nicht umhin. Nach drei Tagen und sechs Graubrotmahlzeiten in Folge gelange ich zu dem Schluss, dass ich kein Brotzeit-Typ bin. Daran ändern auch die wechselnden Dauerwurstvarianten nichts, die sich äußerlich zwar immens, geschmacklich aber nur mäßig voneinander unterscheiden. Nie zuvor litt ich derart an Heißhunger auf Döner mit Knoblauchsoße.
Vielleicht ersticke ich mit diesen Gelüsten bloß das brennende Bedürfnis, Felix erneut anzurufen, den ich mittlerweile für ein noch größeres Schwein als seinen Bruder halte. Wer im letzten Jahr Zeuge der peinlichen Ménage à trois zwischen mir und den Sanderbrüdern war, weiß genau, wovon ich rede ...
Den schwachen Moment gestern Nacht, als ich Felix Nummer wählte, habe ich gottlob überwunden und bereue es auch nicht länger, seine Lilien verschenkt zu haben. Sie entsprangen kaum echter Zuneigung. Soll er mit Püppi glücklich werden. Berührt mich nicht mehr.
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