Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
Vom Netzwerk:
auch dort war bis auf einige geparkte Fahrzeuge niemand zu sehen. Geduckt sprinteten sie über die Straße, durch das Gartentor bis zur Hauswand, wo sie sich zwischen Fenster und Eingangstür mit den Rücken andrückten. Wie auf Bestellung öffnete sich im selben Moment quietschend die Tür neben ihnen. Zwei Männer traten rückwärts, vorsichtig mit den Füßen nach hinten tastend, nach draußen. In den Händen balancierten sie einen Zinksarg. Meyer reagierte wie eine gespannte Feder. Ruckartig sprang er nach vorn und drückte auf den Auslöser seiner Kamera. Blitzlichter zuckten, schleuderten für Bruchteile von Sekunden die riesige Schatten der abgelichteten Personen an die Ziegelwand. Hinter den Sargträgern drängte sich ein Mann nach vorn. Doch bevor er den Mund aufmachen konnte, wurden seine Augen von einem grellen Flash getroffen. Er schlug die Hände vor sein Gesicht. Maria Teske kannte ihn flüchtig von einer Pressekonferenz zu der Rüdiger Poth sie einmal während ihrer Volontärszeit mitgenommen hatte. Es war Hauptkommissar Jan Swensen. Sie zögerte nicht.
    »Herr Swensen, ist es richtig, dass Dr. Herbert Kargel erschossen wurde?«
    Der Mann vor ihr öffnete vorsichtig seine Augen. Langsam schien er seine Sehkraft zurückzugewinnen.
    »Was fällt Ihnen ein?«, fragte er mit gedrückter Stimme und starrte sie und Meyer drohend an, während die Männer mit dem Zinksarg an ihnen vorbeizogen und sich ein anderer Mann in entgegengesetzte Richtung entfernte.
    »Maria Teske, Husumer Rundschau!«
    »Sie brauchen sich mir nicht vorzustellen, Frau Teske! Ich kenne Sie!«
    Jan Swensen war seine Erregung nicht unmittelbar anzusehen, aber Maria ahnte, dass der Kripomann seine schlechte Laune nur mühsam verbergen konnte.
    »Darf ich fragen, wie Sie durch die Absperrung gekommen sind?«
    »Wir haben da so unsere Tricks!«
    »Frau Teske, bitte verlassen Sie sofort den Tatort, sonst lasse ich Sie festnehmen!«
    »Herr Swensen, nur eine Information für unsere Leser!«
    »Ich sage das jetzt nicht noch mal. Verschwinden Sie hier, aber plötzlich. Morgen gibt es eine Pressekonferenz.«
    Er schaute Maria gelassen an, schob seinen Kopf durch die offene Eingangstür und rief hinein: »Paul, kannst du mal kurz deinen Posten verlassen und diese Herrschaften hinter die Absperrung begleiten!«
    Kurze Zeit später kam ein Streifenpolizist aus dem Haus und schaute Maria Teske und Ernst Meyer auffordernd an. Ernst Meyer bewegte sich in Richtung Gartentor. Maria Teske blieb stehen. Der Streifenpolizist stellte sich mit seinen breiten Schultern demonstrativ neben sie.
    »Wann beginnt die Pressekonferenz?«
    »Morgen gegen eins!«
    »Geht das nicht genauer?«
    »Morgen um fünf vor eins! Und jetzt auf Wiedersehn, Frau Teske!«
    Ohne ein Wort eskortierte der Streifenpolizist Maria Teske und Ernst Meyer, den er wartend am Gartentor eingesammelt hatte, die Wasserreihe entlang bis an das rotweiß gestreifte Plastikband, das am Anfang der Gasse quer gespannt im Wind flatterte. Auf der anderen Seite standen einige Journalistenkollegen vom Radio und anderer Zeitungen, die Maria flüchtig kannte. Mit triumphierendem Blick kroch sie gebückt unter der Absperrung hindurch, während Ernst Meyer das Plastikband wie ein Sieger in die Höhe hob.
    Maria Teske grinst amüsiert in sich hinein, als sie sich die neidischen Gesichter ihrer Kollegen noch einmal vor Augen führt, die sie gestern mit ihrem Fotografen direkt vom Tatort kommen sahen, während sie sich zur Untätigkeit verdonnert nur vor der Polizeisperre aufbauen konnten.
    Dichtes Schneetreiben hat eingesetzt. Die Flocken klatschen fast horizontal gegen die Glasfront der Bäckerei und laufen getaut in dünnen Streifen die Scheibe hinunter. Maria Teske steckt sich den Rest ihres Käsebrötchens in den Mund. Ungeduldig schaut sie auf die Uhr. Auf der Kopfsteinstraße, die in einer scharfen Linkskurve am Hafenbecken entlang führt, kommen immer wieder Autos ins Schlingern.
    Ob ich Heike noch mal anrufe, denkt sie und sieht gleichzeitig eine Frau aus der Twiete kommen, einem Fußgängerdurchgang, der den Hafen mit der Innenstadt verbindet. Eine Böe erfasst ihren Schirm, klappt den Stoff mit dem Gestänge nach oben, so dass sie sich gegen den Wind drehen muss, damit der Schirm seine vertraute Form zurückgewinnt. Mit mehren Sätzen erreicht sie danach die Ladentür, wobei sie auf dem glatten Pflaster beinahe strauchelt. Maria Teske winkt der Frau zu, als sie eintritt und sich den Schnee aus den

Weitere Kostenlose Bücher