Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
Vom Netzwerk:
missliche Situation manövriert hatte. Dabei hatte der Tag so vielversprechend begonnen.
    Das ist die Chance deines Lebens, hatte sie gedacht, nachdem ›Think Big‹ sie morgens angerufen hatte.
    »Maria, wo steckst du gerade?«
    Seine Stimme war wie immer mehrere Oktaven zu hoch.
    »Ich bin hier im Nissen-Haus, wegen der Ausstellung über den Wrackfund vor Üelvesbüll.«
    »Vergiss die Ausstellung! Es geistert ein Gerücht durch die Stadt, dass im Storm-Haus ein Toter gefunden wurde, erschossen! Man munkelt, dass es Dr. Kargel von der Stormgesellschaft sein soll! Ich will so schnell wie möglich wissen, was da los ist!! Außerdem sieh zu, dass du etwas über unser Gutachten rausbrätst. Kargel ist der Mann, der für dieses Gutachten zuständig ist und das Original-Manuskript müsste auch noch bei ihm sein. Sieh zu, dass du etwas Brauchbares rausbringst. Schnapp dir einen Fotografen von den Freiberuflichen, am besten den Meyer, und schwirr ab in die Wasserreihe. Wir brauchen Fotos und Fakten!«
    »Und Poth? Das macht doch normaler Weise Rüdiger Poth, oder?«
    »Der hat sich bis jetzt noch nicht in der Redaktion blicken lassen und das Telefon nimmt er auch nicht ab. Ich hab ihm bereits den gesamten Anrufbeantworter vollgequatscht, Fehlanzeige! Ich weiß auch nicht, was mit ihm los ist! Es bleibt keine Zeit mehr uns darum zu kümmern. Du hast sofort diesen Auftrag. Enttäusch’ mich nicht und schaff’ eine druckreife Story für die morgige Ausgabe ran.«
    Sie hatte Meyer sofort am Handy und verabredete sich mit ihm vor dem Hofeingang zum ›Mischmasch‹, einem kleinen Nippesladen, der originellen Firlefanz verkauft, etwas oberhalb der Wasserreihe. Von dort aus sahen sie gleich, dass die Gasse von der Polizei abgesperrt worden war.
    »Das war’s dann wohl!«, hatte sie zu Meyer gesagt, doch der schaute sie nur konsterniert an.
    »Du bist vermutlich noch nicht lange im Geschäft, Mädel, wa?«
    »Doch!«, hatte sie sich gewehrt. »Ich hab meistens Feuilleton gemacht.«
    »Okay! Dann klemm’ dich mal an meine Hacken!«
    Meyer ging runter zum Hafen und bog links in die Hafenstraße. Maria Teske musste kräftig ausholen um mitzuhalten. Selbst neben dem Szenetreff ›Speicher‹ langweilte sich ein Polizist und versperrte den kleinen Pfad, der zur Wasserreihe hinaufführt. Meyer ging ohne zu zögern an ihm vorbei und biegt nach zirka zwanzig Metern rechts in einen Hinterhof. Er schritt durch einen kleinen Vorgarten bis vor eine Holztür an der kaum noch Farbspuren sichtbar waren und klopfte. Nachdem er ein zweites Mal etwas kräftiger gegen das Holz geschlagen hatte, hörte man Geräusche von innen. Eine hutzlige Frau öffnete. Nach vorn über ihren Stock gebeugt lugte sie argwöhnisch durch den Türspalt, den die Kette freigab. Meyer schätzte sie auf weit über achtzig.
    »Grenzt die andere Seite Ihres Hauses an die Wasserreihe?« fragte er.
    »Da ist meine Haustür«, sagte sie mit einer Quäkstimme, wobei sie jedes Wort mühsam ausformte, und musterte Meyer von oben bis unten. »Wer sind Sie überhaupt!«
    »Oh, Entschuldigung!« sagte er und hielt ihr seinen Presseausweis unter die Nase. »Wir arbeiten für die Zeitung! Ernst Meyer und meine Kollegin Maria Teske. Wir haben eine Bitte. Die Dame und ich würden gerne durch Ihr Haus in die Wasserreihe rübergehen!«
    »Und warum gehen Sie nicht die Straße entlang?«
    »Die Straße ist abgesperrt. Und wir müssen unbedingt ins Storm-Haus. Wir werden da dringend erwartet!«
    Im faltigen Gesicht der Frau bildeten sich noch mehr Falten. Man konnte sehen, wie sie nachdachte.
    »Sie würden uns einen großen Gefallen tun, gnädige Frau!«, zirpte Meyer mit süßlichem Tonfall. »Sie können sich darauf verlassen, dass wir auch äußerst vorsichtig sind!«
    »Na gut!«, stieß sie mit einem froschähnlichen Laut hervor, hakte die Kette aus und deutete mit dem Stock nach innen. »Sie müssen sich aber die Schuhe ausziehen. Ich will nicht, dass Sie mir den ganzen Dreck durchs Haus schleppen.«
    Innen brannte kein Licht. Kaum ein Lichtstrahl drang durch die kleinen Fenster. Im Dämmerschein humpelte der Umriss der Frau schwerfällig durch mehrere Räume. Als sie endlich die Haustür auf der anderen Seite des Hauses erreicht und geöffnet hatte, sicherte Meyer mit einem Blick nach draußen die Lage. Die Gasse war menschenleer. Weiter hinten, vor der Absperrung, stand ein Polizist mit dem Rücken zu ihnen. Das Haus der alten Frau lag schräg gegenüber vom Stormmuseum und

Weitere Kostenlose Bücher