Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
Vom Netzwerk:
einem Mal ein trockenes Gefühl im Hals.
    »Wenn es einmalig bleibt, dann nicht! Ich werde sicherheitshalber mit Silvia darüber reden. So etwas ist eigentlich überhaupt nicht ihre Art!«
     
    * * *
     
    Maria Teske schaltet ihre Kaffeemaschine an. Beim Blick aus dem Fenster sieht sie durch ihr transparentes Abbild in der Scheibe. Über Nacht ist draußen alles erstarrt. Die Zweige der Wacholderbüsche sind von filigranen Eiskristallen umschlossen, die im rosa Morgenlicht wie diffuse Neonlampen leuchten. Maria Teske verharrt einige Zeit bewegungslos, weil sie einen stechenden Schmerz zwischen den Augen spürt. Sie ist mal wieder spät ins Bett gekommen. Außerdem hatte sie den ganzen gestrigen Tag lang ein unangenehmes Gefühl mit sich herumgetragen, als ahne sie etwas Bedrohliches, Gefährliches. Während der Arbeit konnte sie die Ahnung noch gut verdrängen. Dann hatte der Schlaf sie erlöst. Beim Aufstehen war dieses rätselhafte Gefühl immer noch da gewesen und auch jetzt hält es sich mitleidlos. Irgendetwas stimmt nicht. Später einmal wird sie die nächsten beiden Tage als die schrecklichsten in ihrem Leben bezeichnen.
    Sie nimmt einen Schluck Kaffee und geht mit der Tasse ins Bad, wo sie ihr Gesicht in ihre mit kaltem Wasser gefüllten Hände taucht. Sie putzt sorgfältig die Zähne, stellt sich unter die Dusche, dreht das Wasser auf heiß und lässt es unter hohem Druck auf ihre Haut prasseln. Sie merkt sofort, wie ihre Energie zurückkehrt.
    Kurz nach neun tritt die junge Journalistin aus dem Haus um beim Bäcker am Hafen zu frühstücken und sich dort mit Heike Malek zu treffen, einer alten Schulfreundin, die schon längere Zeit als Sekretärin in der Stormgesellschaft arbeitet. Sie hatte ihr gestern noch spät abends auf den Anrufbeantworter gesprochen und sie dringend um einen Termin für heute früh gebeten. Obwohl sie bis jetzt von Heike noch keine Bestätigung bekommen hat und auch heute Morgen das Telefon nicht abgenommen wurde, ist Maria Teske trotzdem fest davon überzeugt, dass ihre Freundin sie nicht hängen lassen wird. Kaum hat sie die Haustür abgeschlossen, kriecht ihr die Kälte unter die Kleidung. Ihr Atem sprüht weißen Dampf zwischen den Lippen hervor. Bei jedem Schritt brechen ihre Lederstiefel knackend durch die Eiskruste, die sich auf der weichen Schneedecke gebildet hat. Die Fußwege sind größtenteils noch nicht geräumt. Der plötzliche Wintereinbruch ist bei den meisten Hausbesitzern noch nicht angekommen. Im Zigarettenladen kauft sie die ›Husumer Rundschau‹ und stapft dann weiter die Süderstraße hinunter. Kurz vor dem Marktplatz beginnt der Weihnachtsmarkt. Die ersten Buden öffnen gerade. Aus einer Auslage glotzen ihr gebrochene Fischaugen entgegen. Daneben liegen Karpfenhälften, von denen feuerrotes Blut herabtrieft. Die Tiere müssen gerade geschlachtet worden sein. Der Anblick hat etwas Grausames. Maria Teske bekommt eine Gänsehaut.
    Kaum berichtest du einmal über Mord und Totschlag,und schon kannst du dir nicht mal mehr einen toten Karpfen angucken, denkt sie, geht zügig weiter, an der Marienkirche vorbei die Krämerstraße hinunter und betritt den Bäckerladen am Hafen. Am Tresen sucht sie sich ein Ei- und ein Käsebrötchen aus und bestellt einen Becher Kaffee.
    Am Tisch schlägt sie hastig den Lokalteil der Zeitung auf. Da ist er, ihr erster Aufmacher: Mord im Storm-Museum? Darunter das Foto mit dem Zinksarg, der gerade aus der Eingangstür des Storm-Hauses getragen wird. Auf das Fragezeichen in der Schlagzeile hatte der Chefredakteur bestanden, und auch darauf, dass der inoffiziell gehandelte Name des Toten nicht genannt wurde. Bis Redaktionsschluss war es Maria Teske nicht gelungen, an eine brauchbare Bestätigung heranzukommen, dass es sich bei dem Toten um Dr. Herbert Kargel von der Storm-Gesellschaft handelte.
    »Keine Gerüchte«, hatte ›Think Big‹ ihr gesagt, wie der Chef Theodor Bigdowski von allen heimlich genannt wird, »bitte nur die Fakten, Maria. Und keine von diesen spektakulären Aktionen mehr, die ihr Beide da heute Morgen abgezogen habt. Der Chef der Polizeiinspektion hat sich persönlich bei mir beschwert. Ich will in Zukunft keinen Ärger mehr mit unserer Kripo hier vor Ort. Morgen ist auch noch ein Tag, an dem unsere Zeitung neue Storys braucht. Also bitte in Zukunft etwas mehr Fingerspitzengefühl, meine Liebe, und bleib dran an der Story.«
    Maria Teske beißt ins Eibrötchen und denkt an Ernst Meyer, der sie gestern in diese

Weitere Kostenlose Bücher