Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
Vom Netzwerk:
abzuwarten, lässt sich ein Mann neben Maria Teske auf der Sitzbank nieder. Seine blonden Haare sind straff zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Das runde Gesicht ziert ein Dreitagebart, der im Gegensatz zum stahlgrauen Anzug und dem weißen Hemd mit Schlips steht.
    »Christian Forchhammer!«, stellt er sich mit breitem Grinsen vor. »Ich arbeite in einer PR-Agentur in Hamburg und mache hier oben über Weihnachten Urlaub. Wenn’s mir gefällt, bleibe ich bis Silvester!«
    »Nett für Sie«, zischt Maria Teske und rückt weiter von ihm ab. »Schade nur, dass es mich nicht interessiert!«
    »Oh, ich sehe Sie arbeiten. Ich wollte nicht stören. Vielleicht haben Sie ja später etwas Zeit?«
    »Habe ich nicht!«
    »Und wie sieht es morgen aus?«
    »Schlecht!«, sagt Maria Teske entnervt, steckt Büchlein und Schreiber in die Handtasche und rutscht aus der Sitzbank.
    »Und jetzt entschuldigen Sie mich!«
    Der Yuppie-Typ aus Hamburg bleibt mit langem Gesicht zurück. Sie holt ihre Lederjacke von der Garderobe. An der Kasse begleicht sie ihre Rechnung, steigt über mehrere Treppen zum Ausgang und tritt nichts ahnend vor die Tür des Kellerrestaurants. Draußen wird sie von einem Schneegestöber empfangen. Ärgerlich presst sie sich an die Hauswand und wartet. Schnell wird ihr klar, dass es nicht nach einem kurzen Schauer aussieht. Der Schlossgang liegt bereits unter einer hohen Schneedecke. Maria Teske beschließt, sich bis zum Redaktionsgebäude durchzuschlagen um ihren Artikel dort in Ruhe auf dem Computer zu schreiben. Sie klappt den Kragen hoch, zieht den Schal enger und sprintet los. Als sie nach hundert Metern unter dem Torbogen des alten Rathauses ankommt, hat sich schon reichlich Schnee auf ihrer Lederjacke angehäuft. Schmelzwasser läuft ihr in den Nacken und dann den Rücken hinunter. Hier kann sie sich einen Moment unterstellen und erst mal den Schnee abschütteln. Von hier aus läuft sie im Schutz der Häuserwände weiter. Neben dem Hauptgebäude der ›Husumer Rundschau‹ führt ein Weg an einem viereckigen, grauen Betonpoller vorbei und unter einer glasüberdachten Passage hindurch in den Hinterhof. Etwas oberhalb liegt der Redaktionsanbau. Klatschnass erreicht die Journalistin das Vordach. In der Scheibe der Eingangstür spiegelt sich eine Jammergestalt. Es ist dunkel. Der Schnee hat die Außenlampe verhüllt. Auch im Redaktionsraum brennt kein Licht. Sie schaut auf ihre Uhr. Es ist 22:52.
    Kein Wunder, dass keiner mehr arbeitet, denkt sie, schließlich ist Samstag!
    Sie stochert mit dem Schlüssel um das Schlüsselloch herum, bis sie es endlich trifft. Im Flur stellt sie ihre Handtasche ab, zieht sich die Lederjacke aus und schüttelt den Schnee ab. Die Haare hängen in Strähnen herunter. Sie versucht ihre Haarbürste aus der Handtasche zu kramen.
    Vielleicht sollte ich erst mal Licht anmachen, denkt sie, lässt die Handtasche stehen und tastet sich an die Wand um den Lichtschalter zu finden. Da wird sie stutzig. Durch das Milchglas der Redaktionstür schimmert ein mattes, pulsierendes Licht. Argwöhnisch läuten bei ihr sofort alle Alarmglocken. Eine Befürchtung sagt ihr, dass nicht nur irgendein Kollege vergessen hat seinen Computer auszuschalten. Im Schutz der Dunkelheit pirscht sie zur Tür, drückt vorsichtig die Klinke herunter und peilt durch den geöffneten Spalt. Sie kann nichts erkennen. Das Licht kommt aus einer Ecke, die sie nicht einsehen kann. Sie stößt die Tür ganz auf und tritt entschlossen in den Raum.
    Was dann passiert, trifft sie so urplötzlich, dass sie nicht mehr reagieren kann. Ein harter Gegenstand trifft ohne jede Vorwarnung ihren Hinterkopf.
    Da muss jemand neben der Tür gelauert haben, kann sie noch denken. Ihr Körper fällt vornüber. Im Fallen sieht sie den erleuchteten Bildschirm eines Computers. Der Kopf schlägt hart auf dem Boden auf, dann umschließt sie Dunkel und saugt ihr Bewusstsein ins Nichts.
     
    * * *
     
    Dicke Rauchschwaden vernebeln den Flur der Polizeiinspektion Husum. Bei Heinz Püchels Zigarettenpausen finden sich zwar immer weniger Raucher zusammen, dafür qualmen die letzten vier Verbliebenen umso heftiger. Swensen ist gleich im Konferenzraum sitzen geblieben. Er fühlt sich saumüde. Nur mit Mühe kann er ein Gähnen unterdrücken. Ein Blick auf die Uhr sagt warum. Es ist bereits 23:13. Gestern war er erst gegen zwei Uhr ins Bett gekommen und morgens schon wieder um fünf aufgestanden.
    In meinem Alter ist dieser Marathondienst einfach nicht

Weitere Kostenlose Bücher