Hafen der Träume: Roman (German Edition)
vorschlage«, fing Cam wieder an, doch Phillip hob abwehrend die Hand.
»Sie bringen Ihre Schwester in Annas Büro im Sozialamt. Punkt neun. Das ist die zuständige Stelle. Dort können wir in Ruhe reden. Offen und ehrlich.«
»Ja.« Erleichterung durchströmte sie. »Damit bin ich einverstanden. Ich bringe sie hin. Sie haben mein Wort.«
»Ich gebe keine zwei Cents auf Ihr Wort, Sybill.« Phillip beugte sich ein wenig vor. »Aber wenn Sie nicht mit ihr erscheinen, finden wir sie. Und noch etwas, wenn eine von Ihnen sich Seth auch nur auf eine Meile zu nähern versucht, landen Sie beide im Knast, dafür werde ich sorgen.« Er ließ ihren Arm los und trat zurück.
»Wir sind um neun da.« Sybill zwang sich, die schmerzende Stelle an ihrem Arm nicht zu reiben. Dann wandte sie sich ab und ging zur Toilette, um ihre Schwester zu holen.
»Wieso, zum Teufel, lässt du dich darauf ein?« wollte Cam wissen, als er hinter Phillip das Gebäude verließ. »Jetzt, wo wir sie endlich haben.«
»Weil wir morgen mehr aus ihr herausbekommen.«
»Blödsinn.«
»Phillip hat Recht.« So sehr es ihm widerstrebte, musste Ethan diesen Plan akzeptieren. »Eine Unterredung an der zuständigen Stelle. Wir behalten klaren Kopf. Und es ist besser für Seth.«
»Wieso? Nur damit seine verkommene Mutter und seine verlogene Tante sich vorher absprechen können? Herrgott, wenn ich denke, dass diese Sybill eine ganze Stunde mit Seth alleine war. Am liebsten würde ich …«
»Es ist nicht mehr zu ändern«, unterbrach ihn Phillip schroff. »Ihm ist nichts passiert. Uns ist nichts passiert.« Mit brodelnder Wut im Bauch stieg er in den Jeep. »Und wir sind zu fünft. Die beiden kriegen Seth nicht in die Finger.«
»Er hat sie nicht mal erkannt«, stellte Ethan fest. »Ist das nicht komisch? Er wusste nicht, wer Sybill ist.«
»Ich auch nicht«, knurrte Phillip und legte den Gang ein. »Aber jetzt weiß ich es.«
Zunächst war es wichtig, dass Gloria eine warme Mahlzeit bekam und sich beruhigte. Danach wollte Sybill ihr gezielte Fragen stellen. Ein paar Blocks von der Polizeistation entfernt gab es einen kleinen Italiener, für den sich Sybill nach einem flüchtigen Blick entschied.
»Ich bin völlig mit den Nerven runter.« Gloria zog gierig an ihrer Zigarette, während Sybill den Wagen einparkte. »Eine Unverschämtheit von diesen Mistkerlen, mir derart aufzulauern. Du weißt ja, was die Schweine getan hätten, wenn ich allein mit ihnen gewesen wäre.«
Seufzend stieg Sybill aus dem Wagen. »Du musst etwas essen.«
»Ja, klar.« Bereits beim Betreten des Lokals rümpfte Gloria die Nase. Das Restaurant war hell und freundlich eingerichtet, dekoriert mit bunten italienischen Keramiktöpfen, dicken Kerzen, gestreiften Tischtüchern und hübschen Flaschen mit Kräuteressig in Holzregalen. »Ich will lieber ein Steak als pappige Nudeln.«
»Bitte.« Sybill bezwang ihren Unmut, nahm Gloria am Ellbogen und fragte nach einem Tisch für zwei Personen.
»Raucher«, fügte Gloria hinzu und zündete sich die nächste Zigarette an, während sie zum lauteren Teil neben der Bar geführt wurden. »Einen doppelten Gin Tonic.«
Sybill rieb sich die Schläfen. »Für mich ein Mineralwasser. Danke.«
»Entspann dich«, meinte Gloria, als die Kellnerin gegangen war. »Du siehst aus, als könntest du auch einen vertragen.«
»Ich fahre. Und außerdem ist mir nicht danach.« Sie
wich der Rauchwolke aus, die Gloria ihr ins Gesicht blies. »Wir müssen reden, ernsthaft.«
»Nun lass mich erst mal zur Ruhe kommen, ist das zu viel verlangt?« Gloria rauchte und musterte die Männer an der Bar, überlegte, welchen sie abschleppen würde, wenn ihre tödlich langweilige Schwester nicht dabei wäre.
Großer Gott, Sybill ging ihr wahnsinnig auf die Nerven. Das war schon immer so, dachte sie, trommelte mit den Fingern auf den Tisch und wollte endlich ihren verdammten Drink haben. Andererseits war Sybill ganz nützlich, auch das war schon immer so! Man musste sie nur richtig zu nehmen wissen, im richtigen Moment auf die Tränendrüse drücken, dann hatte man leichtes Spiel mit ihr.
Sie brauchte einen Hammer, um es den Quinns zu zeigen, und Sybill war dafür genau die Richtige. Die wahnsinnig tüchtige, erfolgreiche, seriöse Dr. Griffin. »Gloria, du hast noch gar nicht nach Seth gefragt.«
»Was ist mit ihm?«
»Ich habe ihn ein paar Mal gesehen und mit ihm gesprochen. Ich habe mir angeschaut, wo er wohnt, wo er zur Schule geht. Und ich habe ein paar
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