Hafenmord - ein Rügen-Krimi
Hafen«, sagte sie leise und ahmte den grüßenden Tonfall ihres Mannes vom Beginn des Videos nach.
»Ich habe das Versteck gefunden. Das hat ihn ziemlich aus der Fassung gebracht.« Sie hob eine Hand und wies mit dem Daumen über die Schulter. Dann winkte sie, genau wie Kai. Ihr Lächeln wurde noch breiter.
»Kai wird nicht mehr in der Lage sein, sich seine Videosanzusehen – so oder so nicht«, fuhr sie fort. »Mir ist nämlich gerade eine wunderbare Idee gekommen: Ich werde jemanden vorbeischicken, der noch ein paar Fragen an ihn hat. Das ist nur gerecht.« Sie streckte den Arm aus. Dann wurde es dunkel.
»So oder so nicht«, wiederholte Romy im Stillen. Ihr war klar gewesen, dass er noch lebte. Einen Mord wollte sie nicht riskieren oder war im letzten Moment davor zurückgeschreckt. Wenn sie sich diese Theaternummer vor der Kamera gespart hätte, stünde sie jetzt deutlich besser da …
»Es gibt keinerlei Spuren von Christoph Albrecht«, unterbrach Kasper ihre Gedanken. »Das hat Buhl vorhin bestätigt.«
»Das ist nur gerecht«, ließ Romy den Satz nachklingen. »Ich glaube auch nicht, dass er es war«, meinte sie grübelnd. »Er hat am allerwenigsten mit all dem zu tun.
»Und ist auch nicht kaltblütig genug«, schob Kasper nach.
»Vielleicht haben wir eine Verbindung zu Beier und Brandt übersehen.«
»Die waren schon dort. Beier hat seine Fragen gestellt. Ehrlich gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, dass Brandt ein zweites Mal hingefahren ist …«
»Vorstellen kann ich mir so manches nicht. Aber ausschließen dürfen wir diesen Aspekt nicht«, beharrte Romy.
»Wie dem auch sei«, mischte Varold sich ein, der den Überlegungen der beiden Kommissare nichts hinzuzufügen hatte, und stand auf. »Ihr wisst nun Bescheid – die Schlussfolgerungen müsst ihr selbst ziehen.«
»Danke noch mal«, sagte Kasper, als der Kollege aufbrach.
Romy hob nur kurz grüßend die Hand und brütete dann weiter vor sich hin. »Vera kriegen wir wegen unterlassener Hilfeleistung und Anstiftung zu einer Gewalttat ran – mindestens. Aber was haben wir übersehen? Meinst du, wirsollten sie gleich noch mal vernehmen und mit den Aufnahmen konfrontieren?«
Bevor Kasper darauf eingehen konnte, trat Fine, ohne zu klopfen, ein. »Habt ihr einen Moment Zeit?«
Romy seufzte. »Klar.«
»Kommt mit nach vorne. Max hat was gefunden.«
»Überschneidungen in seiner Tabelle?«
»Und ob.«
Sie saßen zu viert im Gemeinschaftsraum. Max Breder war hochrot im Gesicht. Er blickte mehrmals von seinem Hefter in die Runde und wieder zurück. Er ist aufgeregt, dachte Romy. Sie sah ihn forschend an. »Was gibt’s?«
»Es begann 1991«, sagte er schließlich mit gewichtiger Stimme.
Romy stöhnte leise. »Bitte, Max, mach es kurz – wir haben alle verdammt anstrengende Tage hinter uns.«
Er hob eine Hand. »Wart’s ab. Außerdem war es deine Idee, Vera Richardt von Grund auf zu durchleuchten«, entgegnete er.
Romy stutzte und nickte ihm dann zu.
»Von 1991 bis 1993 hat Vera Richardt, die damals noch Sanddorn hieß, die Berufsschule in Greifswald besucht«, begann er seinen Bericht. »Mit ihrer Mitschülerin Claudia Seifert war sie auch nach dem Abschluss noch einige Jahre zumindest locker befreundet. Als Claudias ältere Schwester 1994 heiratete, war Vera auch eingeladen.«
Kasper klopfte mit einer Schuhspitze auf den Boden. »Willst du uns alle ehemaligen Mitschüler in dieser epischen Breite vorstellen?«
»Nein, nur diese«, gab Max mit seiner tiefen Stimme selbstbewusst zurück. »Die ältere Schwester lebt schon lange nicht mehr. Sie hieß Maria. Und sie heiratete seinerzeit Gunnar Bernburg.«
Sekundenlang sagte niemand ein Wort. Romy und Kasper starrten Max perplex an. Nur Fine lächelte.
»Das ist aber noch nicht alles«, fuhr Breder schließlich fort und warf Romy einen nahezu triumphierenden Blick zu. »Ich habe mir auf deine Aufforderung hin noch einmal die Telefonverbindungen vom Festnetz der Richardts angesehen – nach dem Mord an Kai. Am Dienstag gab es einen sehr kurzen Anruf von einer Handynummer, die bislang noch nicht aufgetaucht war. Ich konnte die Rufnummer zu einem Thomas Herbrecht zurückverfolgen. Der Mann stammt aus Greifswald und arbeitet in dem Maschinenbauunternehmen, in dem Gunnar Bernburg technischer Leiter ist.«
Breder hob eine Braue und verschränkte die Arme vor der Brust. Er lächelte.
Bernburg öffnete ihnen im Mantel und mit freundlich fragendem Blick die Haustür. Offensichtlich
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