Hafenmord - ein Rügen-Krimi
war er gerade erst zu Hause eingetroffen, als Romy und Kasper klingelten. Zwei Greifswalder Kollegen warteten in ihrem Wagen einige Meter weiter unten am Straßenrand.
Die Kommissarin lächelte und stellte Kollege Schneider vor. »Herr Bernburg, ich hoffe, Sie erinnern sich noch an mich. Wir sprachen letztens …«
»Ja, natürlich erinnere ich mich«, unterbrach er sie mit einem Anflug von Ungeduld in der Stimme. »Kommissarin Beccare aus Rügen. Konnten Sie den Fall immer noch nicht zu den Akten legen?« Sein Blick war wachsam.
»Bislang nicht. Und wir haben einige Fragen an Sie.«
»Aber ich sagte Ihnen doch schon, dass ich zu Marias Entführung und den … anschließenden Geschehnissen nichts sagen kann.«
»Das ist mir in guter Erinnerung geblieben«, entgegnete Romy. »Es geht um den Mord an dem Berger GeschäftsmannKai Richardt, der mehrere Frauen in seiner Gewalt hatte, auch Maria. Dürfen wir hereinkommen?«
Gunnar Bernburg gab nach kurzem Zögern die Tür frei. »Ich weiß zwar nicht, wie ich Ihnen weiterhelfen kann, aber … bitte.«
Er führte sie ins Wohnzimmer – ein karg eingerichteter Raum, in dem ein Fernseher mit gigantischen Ausmaßen und eine ebenso imposante Musikanlage die Atmosphäre bestimmten. Bernburg wies auf ein Ledersofa und nahm selbst in einem Sessel Platz. Ein Panoramafenster gab den Blick in den Garten frei.
»Ihre Frau ist nicht zu Hause?«, fragte Romy, als Bernburg sie auffordernd ansah.
»Nein, sie ist mit unserer Jüngsten unterwegs. Die Große ist bei einer Freundin.«
Er antwortet nur, um nicht unhöflich zu wirken oder um Zeit zu gewinnen, dachte Romy. »Wie haben Sie das letzte Wochenende verbracht, Herr Bernburg?«
Er lehnte sich zurück. »Warum fragen Sie?«
»Wir müssen Ihr Alibi überprüfen.«
»Wie bitte?«
»Reine Routine«, gab Kasper seinen an dieser Stelle immer wieder gern zitierten Lieblingssatz zum Besten.
»Warum brauche ich ein Alibi?«
»Weil Sie Vera Richardt kennen und ein starkes Motiv haben.«
Bernburg lachte kurz auf, aber das klang alles andere als fröhlich. »Verraten Sie mir doch mal, wer Vera Richardt ist?«
»Sie ist die Witwe von Kai Richardt.«
»Das klingt überzeugend. Und?«
»Und sie ist mit Marias Schwester in eine Berufsschulklasse gegangen. Die beiden waren immerhin so eng befreundet, dass Vera zu Ihrer Hochzeit eingeladen war. Damals hieß sie noch Sanddorn.«
Bernburg runzelte die Stirn und verschränkte die Finger ineinander. »Aha. Interessant. Schon möglich, nur für mich ist dieser Aspekt völlig neu …«
»Vera hat sie am letzten Samstag sehr spät angerufen. Es war schon Nacht«, behauptete Romy, ohne mit der Wimper zu zucken. »Wahrscheinlich von einem öffentlichen Telefon aus. Wir werden das in Ihren Telefonverbindungen nachweisen. Sie hat Ihnen von einer Entdeckung hinter der Fischfabrik im Sassnitzer Hafen berichtet und gab Ihnen einen heißen Tipp.«
»Ich pflege nicht mitten in der Nacht zu telefonieren und mir heiße Tipps geben zu lassen.«
»Herr Bernburg – es hat überhaupt keinen Sinn, eine Tatsache leugnen zu wollen, die wir Ihnen nachweisen können.«
Romy war fest davon überzeugt, dass der Kontakt genau so zustande gekommen war, aber ihr war auch klar, dass sie sich auf dünnem Eis bewegte, solange der Nachweis der Telefonverbindung nicht eindeutig gegeben war. Und Bernburg wusste das. Da er souverän blockte, musste sie eine Möglichkeit finden, ihn aus der Reserve zu locken. Also pokerte sie – ähnlich wie manchmal beim Boxen – mit einer Stärke, die sie gar nicht besaß, in der Hoffnung, ihn so beeindrucken zu können, dass er eine Schwachstelle offenbarte. Und sei es nur für einen Moment.
Er lächelte dünn. Sie lächelte zurück.
»Es existieren Videoaufnahmen, die in dem Keller unter der Werkstatt gemacht wurden, in dem Kai seine Opfer gefangen hielt. Da der Mann eine weitere Entführung plante, nahm er die Kamera an jenem Samstag in Betrieb. Die Aufnahmen wurden auf seinen häuslichen Laptop überspielt, wo Vera sie entdeckte. Als Veras Mann die Werkstatt wieder verlassen wollte, wurde er überwältigt und gefangen genommen. Außer Ihnen gab es noch jemanden, der ein paar Fragenan ihn hatte und ihn im Verlauf der Befragung ziemlich übel zurichtete. Immerhin ließ er Kai am Leben.«
»Durchaus spannend, wenn auch ein bisschen verworren, aber warum erzählen Sie mir das alles?«
»Die technischen Möglichkeiten sind heutzutage beachtlich. Die damit verbundenen
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