Hafenmord - ein Rügen-Krimi
Weise ums Leben gekommen«, erläuterte Romy. »Man hat ihn brutal erschlagen. In dem Zusammenhang interessiert uns alles Mögliche – auch zehn oder zwanzig Jahre zurückliegende Ereignisse können von Bedeutung sein.«
Posall nickte langsam. »Ja, durchaus …«
»Sie waren kein Fan von ihm, stimmt’s?«
Er hielt kurz den Atem an.
Die Frage war ihr einfach herausgerutscht. Posalls Leutseligkeit wirkte ihrem Empfinden nach an einigen Stellen unpassend und sollte vielleicht etwas überspielen, das über die übliche Unsicherheit im Gespräch mit Polizeibeamten hinausging.
»Wissen Sie, dieser Aspekt interessiert mich ganz besonders, denn in seinem Umfeld stoßen wir bislang nur ausnahmsweise auf Menschen, die Richardt nicht toll fanden:sympathisch, beliebt und so weiter. Kaum jemand kann sich vorstellen, dass dieser Mann Feinde hatte, noch dazu solche, die ihm richtig ans Leder wollten, geschweige denn für ein Gewaltverbrechen infrage kämen«, fuhr Romy fort. »Was haben Sie gegen ihn, zumal er Sie bei der Hotelsanierung so tatkräftig unterstützt hat?«
»Hat er das?«, rutschte es Posall heraus. Er biss sich auf die Unterlippe. Romy hatte ihn eindeutig auf dem falschen Fuß erwischt. »Ja, na klar hat er das, aber … Sehen Sie, Kai hat noch nie uneigennützig gehandelt. Ich habe hier nämlich nicht mehr viel zu sagen, auch wenn ich der Geschäftsführer bin.«
Romy nickte ihm aufmunternd zu. »Interessant. Fahren Sie fort.«
»Kai hat meinen Bruder mit einem kleinen Gesellschaftsanteil ausgestattet – damit ein bisschen was in meiner Familie bleibt, ich aber keinen unmittelbaren Einfluss habe – und mir einen Knebelvertrag verpasst, mit dem er mich ganz schnell abservieren kann, wenn er will«, erläuterte Posall, und sein Ton klang inzwischen deutlich weniger leutselig. »Und wie ich schon erwähnte: Er hatte gerne das Sagen. Sehr gerne. Insofern bin ich, ehrlich gesagt, durchaus ambivalent, was Richardts Geschäfte angeht, besonders natürlich in meinem Fall. Darüber hinaus …«
»Ja?«
»Man hatte es nicht leicht neben ihm. Er überstrahlte die meisten, sowohl als heller Kopf und vorausschauender Geschäftsmann wie auch als Frauentyp. Männer wie ich wurden neben ihm gar nicht wahrgenommen. Oder aber als Witzfiguren.« Er rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Nase.
Romy fand Posalls Darstellung erstaunlich ehrlich.
»Was passiert nun eigentlich mit dem Gesellschaftsanteil, den Richardts Firma hält?«, setzte die Kommissarin nach.
»Soweit ich informiert bin, bleibt alles, wie es ist – Richardts Firma wird vom zweiten Geschäftsführer weitergeführt …«
»Sie meinen Christoph Albrecht?«, fragte Schneider.
»Ja, genau. Der ist zwar noch sehr jung, aber ein guter Mann. Alles ist natürlich in Kais Sinne geregelt. Dementsprechend bleibt die Firma auch weiterhin als Gesellschafterin des Hotels tätig. Irgendwelche Erbstreitigkeiten, juristische Spitzfindigkeiten oder sonstigen Auseinandersetzungen, die die Unternehmen kaputt machen könnten, wird es nicht geben. So ist der Gesellschaftsvertrag ausgerichtet, vernünftigerweise, muss ich in dem Punkt anerkennend hinzufügen.«
Romy ließ die Informationen sacken. Bislang hatte sie nahezu ausschließlich Hinweise erhalten, die sie nicht erwartet hatte. Sie beugte sich über den Tisch vor. Posall hatte eine abwartende Miene aufgesetzt. Er schwitzte.
»Ich muss Sie routinemäßig nach Ihrem Alibi fragen. Wie haben Sie das Wochenende verbracht?«
»Am Samstag war ich von morgens bis abends im Hotel – es fand eine Tanzveranstaltung statt«, erwiderte Posall, ohne zu zögern. »Am Sonntag habe ich ausgeschlafen. Als Zeugin kann ich nur meine Frau anführen, die allerdings auch lange geschlafen hat. Mittags sind wir nach Stralsund gefahren, Freunde besuchen. Die Namen und Telefonnummern kann ich Ihnen aufschreiben.«
»Das wäre hilfreich.« Romy nickte. »Noch was, Herr Posall. Sagt Ihnen der Name Beate Lauber etwas?«
Sie streckte die Hand in Kaspers Richtung aus, der ein Foto der jungen Frau aus der Akte fischte: ein lachendes junges Gesicht, Stupsnase, zierliche Gestalt, mittellanges Haar. Romy legte es vor Posall auf den Tisch.
Der starrte es sekundenlang an und blickte dann hoch. »Ich weiß nicht … irgendwie … Lauber, sagten Sie?«
»Beate Lauber ist die Enkelin von Heinrich Lauber, und dem wiederum gehörte bis 1953 dieses Hotel. Klingelt es jetzt?«
Posall lehnte sich zurück und atmete angestrengt aus. »Ja, richtig,
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