Hafenmord - ein Rügen-Krimi
der Altbesitzer wollte es damals ja ursprünglich zurückhaben, aber ihm fehlte das Geld …«
»Ihnen nicht.«
»Nein, aber wie ich Ihnen gerade schilderte – ein Zuckerschlecken war das alles nicht und …« Er sah Romy verdattert an. »Was soll die alte Sache jetzt eigentlich?«
»Das erkläre ich Ihnen gern. Vergegenwärtigen Sie sich doch bitte mal den Sommer im Jahre 2000. Das Hotel gehörte inzwischen der GmbH, es war frisch saniert, erstrahlte in schönstem Bäderzauber, und die Gäste trafen wie erwartet zahlreich ein. Da taucht plötzlich eine junge Frau auf, um eine traurige Geschichte zu erzählen, in deren Mittelpunkt ihr Großvater steht. Vielleicht ist sie sogar giftig geworden, hat Ihnen Vorwürfe gemacht, was auch immer. Die junge Frau war Beate Lauber.«
Posall verschränkte die Arme vor der Brust. »Mag sein, und?«
»Kurze Zeit später verschwand Beate spurlos.«
»Das war vor fast elf Jahren: Na, das nenne ich ja mal eine zeitnahe Ermittlung!« Posall lachte dröhnend.
Schneider beugte sich abrupt vor und ließ seine Faust auf den Tisch krachen, so dass Hinz Posall heftig zusammenzuckte. Romy konnte sich gerade noch beherrschen, es ihm nicht gleichzutun.
»Glauben Sie mir, es ist wirklich nicht die Zeit für dumme Witze!«, donnerte Kasper mit tiefer Stimme. »War die Frau hier – ja oder nein?«
»Ja, sie war hier.«
»Was genau wollte sie?«, übernahm Romy nach einem anerkennenden Seitenblick auf den Kollegen wieder dieBefragung. Für seine Verhältnisse war das ein regelrechter Temperamentsausbruch gewesen.
»Sie appellierte an unser Gewissen und wollte, dass wir ihren Großvater entschädigen«, antwortete Posall eilig.
»Wen genau meinen Sie mit ›wir‹?« Romy spürte, dass sich ihre Pulsfrequenz deutlich erhöht hatte.
Hinz Posall wischte sich eine einzelne Strähne verschwitzten Haars aus der Stirn. »Kai und ich saßen zusammen, um Geschäftliches zu besprechen. Da platzte sie herein und erzählte die Geschichte von ihrem Großvater.«
Aha, dachte Romy. »Und wie genau stellte sie sich eine Entschädigung vor?«
Der Hotelier rutschte auf seinem Sessel hin und her. »Der Mann war Mitte siebzig, glaube ich, und die Frau wollte, dass wir ihm einen kleinen Job anbieten, als Gärtner oder so, damit er seine magere Rente ein bisschen aufstocken konnte. Und noch mal was von seinem Hotel mitbekommt – so ähnlich drückte sie sich aus, wenn ich mich recht erinnere.«
»Und? Was hielten Sie von der Idee?«
»Na ja … Also, Kai hat sich das alles ganz ruhig angehört und meinte dann, dass wir keine Wohltätigkeitsveranstaltung oder einen sentimentalen Ossi-Begegnungs-Club planten, sondern einen betriebswirtschaftlich korrekt geführten und gewinnorientierten Laden aufziehen wollten«, berichtete Posall zögernd und warf Schneider schnell einen abwiegelnden Blick zu. »Ich gebe nur seine Worte wieder, Herr Kommissar.«
»Das dachte ich mir.«
»Daraufhin ist die Lauber ziemlich wütend geworden. Sie sei gut informiert, zudem Anwaltsgehilfin und kenne sich dementsprechend aus. Sie würde sich dafür stark machen, dass der Verkauf des Hotels nach der Wende trotz des vorliegenden Rückübertragungsanspruchs noch mal durchleuchtetwürde – von wegen Korrektheit und so –, und die Presse wollte sie auch einschalten«, berichtete Posall weiter.
»Das konnte Ihnen nicht recht sein«, stellte Romy fest. »Mitten in den schönsten Neubeginn hinein platzt jemand, der in alten Geschichten herumwühlt und Sie unter Druck setzen wollte …«
»Die konnte uns gar nichts!«, wehrte Hinz Posall ab. »Der Lauber hatte damals das Geld nicht, und …«
»Ja, ja, aber selbst wenn er es gehabt hätte – die alten Seilschaften hätten so oder so gut funktioniert, stimmt’s?«, ergriff Schneider wieder das Wort. »Ich bin mir sicher, dass Dreyer …«
»Der Alte wäre doch sowieso pleitegegangen!«, begehrte Posall auf. »Ich bin es doch auch!«
»Das ist natürlich ein überzeugendes Argument: Wenn schon ein Wessi mit seinem Kapital und seiner Erfahrung nicht klarkommt und Hilfe und Geldgeber braucht, dann kann der alte Mann doch richtig froh sein, dass er nicht zu seinem Recht gekommen ist, oder?«, blaffte Romy ihn an.
Sie konnte sich gerade noch beherrschen, ihm keinen Vogel zu zeigen, aber ihre Stimme hatte deutlich an Lautstärke gewonnen.
»Lauber muss Ihnen ja regelrecht dankbar sein, dass Sie ihm das Hotel vor der Nase weggeschnappt haben – sein Hotel! Soll ich ihm Bescheid
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