Hafenmord - ein Rügen-Krimi
Lupak. Wir unterbrechen an dieser Stelle und reden später noch einmal. Mein Kollege spendiert Ihnen einen Kaffee und etwas zu essen, wenn Sie mögen.«
Mirjam ließ die Arme hängen. Ihr Atem ging stoßweise. Sie spürte den Blick der Kommissarin, der plötzlich ruhigund mitfühlend war. Ich will nicht heulen, dachte Mirjam. Alles, nur das nicht. Dann höre ich nie wieder auf. In diesem Leben nicht mehr.
Romy ließ sich einen Kaffee bringen. Sie war verschwitzt, und ihr Kopf dröhnte. Die Bedrängnis der Frau hatte längst auf sie übergegriffen. Schneider warf ihr einen besorgten Blick zu, als er zurückkehrte.
»Die Frau kippt uns aus den Latschen, wenn wir ihr die Kelleraufnahmen zeigen«, stellte er fest. »Und du siehst auch nicht gerade frisch aus.«
Romy machte eine unwillige Handbewegung. »Mach dir keine Sorgen um mich! Hol lieber Tim Beier.« Sie atmete tief durch. »Entschuldige bitte meinen Ton, ich …«
»Schon gut, beruhige dich«, winkte er ab. »Das ist ein beschissener Fall. Da entgleitet einem schon mal die Stimme.«
Er macht es mir so leicht wie möglich, dachte Romy. Sie lächelte ihn an. »Danke dir.«
Kurz darauf nahm Beier auf Mirjams Stuhl Platz. Tims Bartschatten war dunkel und verstärkte seine bleiche Gesichtsfarbe. Er setzte sich und lehnte das angebotene Glas Wasser ab.
»Erzählen Sie uns, was passiert ist, Herr Beier«, sagte Romy. »Wie haben Sie erfahren, welcher Verbrechen Kai Richardt fähig war?«
»Das müssten Sie eigentlich am besten wissen. Schließlich haben Sie von dem Verdacht der Polizei berichtet und …«
»Ach, hören Sie schon auf!«
»Den gleichen Rat kann ich Ihnen geben!«, entgegnete Beier aufgebracht. »Sie vergessen schon wieder, dass ich am Wochenende in Berlin war.«
»Ich vergesse gar nichts, aber Sie wollen mich schon wieder verarschen! Langsam reicht’s! Sie haben den Auftrag erteilt, dass Richardt zusammengeschlagen und ermordetwurde, weil Sie wussten, was er getan hatte. Und Steffen Brandt ist Ihnen einiges schuldig. Der Verdacht, dass er …«
»Nein!« Tim Beier schlug mit den flachen Händen auf den Tisch. »Sie liegen falsch! Mein Freund ist genauso wenig ein Mörder wie ich!«
Romy zuckte mit keiner Wimper. »Nun erzählen Sie endlich, was passiert ist.«
»Hören Sie auf, die immer gleichen Fragen zu stellen.«
»Das war keine Frage, sondern eine Aufforderung. Fangen wir mit dem Samstagmorgen an.«
Beier warf ihr einen kurzen verblüfften Blick zu und sah dann rasch zur Seite. »Ich habe alles gesagt.«
Romy wandte Kasper den Kopf zu und nickte. Schneider griff hinter sich, stellte einen Laptop auf den Tisch und klappte den Bildschirm auf.
»Herr Beier, in Zusammenarbeit mit der Kriminaltechnik ist es uns gelungen, den Kellerraum zu rekonstruieren, in dem Richardt seine Opfer gefangen hielt und malträtierte«, erläuterte die Kommissarin leise, während Kasper die Datei öffnete. »Ich möchte, dass Sie sich das Video ansehen, das mein Kollege aufgenommen hat.«
Beier starrte sie ungläubig und entsetzt zugleich an. »Warum? Wieso soll ich …?«
»Vielleicht erkennen Sie den Raum wieder.«
»Warum sollte ich …?«
»Ich glaube, dass Sie dort waren. Ich habe dieses Video Mirjam noch nicht gezeigt, und ich wünsche mir sehr, dass wir darauf verzichten können, aber ich befürchte … Immerhin ermöglicht uns die Technik, auf eine echte Tatortbesichtigung zu verzichten, vorerst zumindest.«
Beier verschränkte die Hände ineinander. Er gab einen seltsamen Laut von sich, den Romy nicht einordnen konnte. Plötzlich hatte er Tränen in den Augen. »Das dürfen Sie nichtmachen«, flüsterte er. »Sie würde zusammenbrechen – da unten.«
»Ich weiß.« Romy nickte. Ihr Hals war auf einmal eng. »Bitte schauen Sie sich das Video an.«
Kasper startete die Aufnahme. Die Kamera erfasste die Werkstatt und den schmalen Flur zum Treppenabgang, während Schneiders sachliche Stimme im Hintergrund die Örtlichkeiten beschrieb. Romy beobachtete, wie Tim Beier den Bildern folgte. Als der Fokus der Kamera sich auf den vorderen Keller neben der Treppe richtete, atmete er tief ein.
»Die Räume sind teils leer oder voller Müll«, kommentierte Schneiders Stimme in monotonem Tonfall weiter. »Im vorderen Keller rechts von der Treppe lag die Leiche von Kai Richardt, im hintersten Raum haben die Kollegen das Skelett in der Truhe gefunden.«
Beier schluckte. Er war noch bleicher geworden. Die Kamera schwenkte herum.
»Links von der
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