Hafenmord - ein Rügen-Krimi
Kommissarin lächelte. »Sind Sie hier und bereit, Fragen zu beantworten, weil Tim ihr Expartner ist?«
»Ja, natürlich. Was denn sonst?«
»Okay. Tim Beier hat sie am Montagmorgen in der Praxis angerufen. Was wollte er?«
»Er hat mir erzählt, dass … der Richardt tot ist.«
»Warum?«
»Er dachte wohl, dass ich ihn kannte, von damals, und mich diese Information interessieren könnte«, erwiderte Mirjam. Die Antwort gefiel ihr. Sie klang harmlos und überzeugend, und sie konnte sich vorstellen, dass Tim ähnlich argumentiert hatte.
Die Kommissarin sah sie einen Moment forschend an. »Warum haben Sie den Kontakt abgestritten?«
»Ich habe nichts abgestritten, sondern den Anruf einfach vergessen.«
»Genau das glaube ich nicht.«
Mirjam zuckte mit den Achseln.
»Frau Lupak, es ist mir klar, dass Sie Ihren Exfreund schützen möchten …«
»Schutz hat er wohl kaum nötig.«
»O doch. Woher wusste Tim eigentlich, was für ein Schwein Kai Richardt ist?« Beccare fiel plötzlich in einen scharfen Tonfall.
»Das weiß ich doch nicht! Wahrscheinlich von Ihnen – so wie ich auch.« Mirjam trank einen Schluck Wasser. Ihre Hände zitterten nur leicht, aber sie befürchtete, dass die Kommissarin ihre Erregung sehr genau registrierte.
»Wir wissen inzwischen, dass der beste Freund von Timder anonyme Anrufer war, der die Polizei über den toten Richardt informierte. Was sagen Sie dazu?«
»Nichts. Ich kenne den Mann nicht.«
Die Kommissarin lehnte sich zurück. »Sind Sie sehr erleichtert, dass Kai Richardt tot ist?«
»Ja.« Die Antwort kam schnell. Zu schnell. Sie hörte es selbst. Es klang, als ob sie sich schon viel zu lange mit diesem Mann beschäftigte. Mit Kai Richardt.
»Aber Sie können doch gar nicht hundertprozentig wissen, ob er wirklich derjenige war, der Ihnen das angetan hat«, gab Beccare zu bedenken. Der Blick ihrer dunklen Augen hielt sie fest. »Das hatten Sie selbst bei unserem ersten Gespräch kritisch und zu Recht zu bedenken gegeben.«
»Ja, ich erinnere mich. Aber Sie sind mit dieser These zu mir gekommen und haben mich überzeugt«, erwiderte Mirjam. »Und Sie betonten ausdrücklich, dass sich die Hinweise zusehends verdichteten.«
»Das stimmt. Wenn er noch leben würde, säße er jetzt in Untersuchungshaft, und wir hätten längst ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Wir würden ihn vernehmen, vernehmen und nochmals vernehmen. Aber er lebt nicht mehr und kann zu unseren Erkenntnissen, Mutmaßungen, Verdachtsmomenten und Beweisen nichts sagen.« Die Kommissarin machte eine Pause und lauschte ihren Worten hinterher.
»Ich bin sicher, dass er es war, weil zu vieles zusammenpasst, aber wie das manchmal so ist …«, fuhr sie grübelnd fort. »Vielleicht übersehen wir etwas. Oder bewerten Details über, während wir andere Hinweise vernachlässigen oder noch nicht mal sehen. So was kommt vor, im alltäglichen Leben genauso wie bei der Polizeiarbeit.«
»Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«
»Stellen Sie sich vor, er sei unschuldig.«
Mirjam lachte laut auf und presste die Hände auf ihre Oberschenkel. Im Zusammenhang mit diesem Schwein von Unschuld zu sprechen, schien ihr unfassbar.
»Das glaube ich nicht«, wehrte sie vehement ab. »Sie würden einen solchen Verdacht doch gar nicht in dieser Form …«
»Sie sollen es nicht glauben oder über meine Haltung beziehungsweise die der Polizei nachdenken, sondern sich vorstellen, dass es so sein könnte«, fiel Beccare ihr ins Wort. »Stellen Sie sich einfach vor, wir unterlägen einem Justizirrtum, der sich nun nicht mehr klären lässt, weil der Mann tot ist und zu den entscheidenden Fragen keinerlei Stellung beziehen kann. Und stellen Sie sich weiter vor, dass er an den Geschehnissen so nah dran war und unseren Verdacht erregte, weil er den Frauenschänder kannte und ihm selbst auf den Pelz gerückt ist!«
»Was soll das eigentlich?« Das Zittern war stärker geworden. Mirjam hatte Mühe, es zu kontrollieren. Sie atmete mit halb geöffnetem Mund und starrte die Kommissarin an.
Die beugte sich über den Tisch zu ihr vor. »Ich möchte, dass Sie ernsthaft über die Möglichkeit nachdenken, dass Kai Richardt unschuldig sein könnte.«
Mirjam hatte das Gefühl, dass ihr der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. »Dieser Scheißkerl war es, verdammt noch mal!«, schrie sie und sprang auf. »Und ich bin ihn endlich los!«
Ramona Beccare nickte ruhig und stand ebenfalls auf.
»Danke für Ihre klare Aussage, Frau
Weitere Kostenlose Bücher