Hafenweihnacht
weitere Kriterien, die – sofern man damit umgehen kann – exakte, belastbare Ergebnisse liefern. Solche Informationen sind die ausschlaggebende Voraussetzung, um das Knowhow und die Erfahrung der Mitarbeiter bestmöglich zu nutzen. Deshalb ist es sinnvoll, zusätzlich zu den finanziellen auch qualitative Kennzahlen, die die Wertschöpfung und Nachhaltigkeit abbilden, für das Personalmanagement heranzuziehen, etwa Indikatoren der Personalentwicklung oder einer Minimierung des demografischen Risikos.«
Adrian Zuger stellte die Tasse zurück auf den Tisch und vermittelte mit einer einfachen Geste seiner Hände, dass dem, was er gerade gesagt hatte, im Grunde nichts zu entgegnen war.
Schielin hatte interessiert zugehört. Ihn beschäftigten aber nicht Kennzahlen, Wertschöpfung und Nachhaltigkeit. Er fragte sich, was der Grund sein könnte, warum sich Adrian Zuger die Zeit nahm mit ihm über die Begrifflichkeiten seiner Firma zu reden. Schließlich war er Polizist und wegen eines ehemaligen Mitarbeiters hier. Da wäre es doch normal gewesen, wenn er neugierig gewesen wäre, worum es ginge, was die Anwesenheit eines Kriminalers erforderlich machte. Stattdessen redete er gelassen vom Tätigkeitsfeld der Firma. Schielin wollte ihn eine Weile auf vertrautem Gebiet belassen und fragte, ob er diese allgemeinen Formulierungen vielleicht konkreter umschreiben könne.
Adrian Zuger war dankbar dafür reden zu dürfen und beugte sich ein wenig nach vorne, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Business-Intelligence-Systeme für das Human-Resource-Management dienen uns als technologische Grundlage: Sie liefern einen Rundumblick auf alle personalbezogenen Maßnahmen, Kosten und Ergebnisse, indem sie sämtliche personalrelevanten Informationen aus den Human-Resource-Informationssystemen, Datenbanken und Fachanwendungen zusammenführen, bereinigen und analysieren. Im ersten Schritt müssen die Personal-Manager jedoch aus den übergeordneten Unternehmensstrategien die Human-Resource-Strategie und konkrete Maßnahmen ableiten. Dann gilt es, Kennzahlen zu definieren, anhand derer sich der Erfolg der Maßnahmen steuern lässt. Abschließend wird dann festgelegt, welche Daten aus welchen Systemen für diese Kennzahlen benötigt werden. Ihre besondere Stärke zeigen diese Systeme bei der Prognose künftiger Entwicklungen im Personalbereich. So können Human-Resource-Manager mithilfe unserer Analysetools zum Beispiel vorhersagen, welche Mitarbeiter aus welchen Abteilungen das Unternehmen wahrscheinlich in einem bestimmten Zeitraum verlassen werden – und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten: entweder um diese Mitarbeiter zu halten oder sich zielgerichtet um die Rekrutierung möglicher Nachfolger zu kümmern. Und für besonders kritische Punkte – etwa wenn in einer Abteilung über dreißig Prozent der Mitarbeiter kündigungsgefährdet sind – können sie Warnroutinen einrichten, die Alarm schlagen, sobald der definierte Schwellenwert erreicht ist. Wenn ein Unternehmen antizipieren kann, wie sich Veränderungen in der Belegschaft auf die Geschäftsabläufe und die Kundenbeziehungen auswirken, ist es in der Lage, schon frühzeitig geeignete Personalstrategien zu entwickeln. Auch der umgekehrte Rückschluss ist möglich: Erkennt ein Unternehmen, dass neue Prozesse andere Qualifikationen der Mitarbeiter fordern, kann es im Rahmen seines Qualifikationsmanagements zum Beispiel seine Einstellungs- und Weiterbildungsstrategien entsprechend anpassen.«
Schielin fand, dass es nun Zeit war zur Sache zu kommen und das Geplänkel zu beenden. Und er entschied sich für die etwas rabiatere Variante. Dieser Zuger war ihm ein wenig zu unaufgeregt und locker. Ein smarter Typ wie er verfügte über genügend Vorstellungsgabe, um sich ausmalen zu können, dass sich kein Kriminaler wegen eines unbedeutenden Delikts die Zeit nehmen würde einer Befragung wegen von Lindau nach Bregenz zu fahren. Er formulierte sehr knapp: »Ich bin wegen Jochen Drohst gekommen, wie Sie schon wissen, Herr Zuger. Er war Ihr Mitarbeiter. Wir haben ihn am letzten Freitagmorgen im Lindauer Hafen tot aufgefunden. Wir gehen von einem Verbrechen aus und müssen daher sein soziales Umfeld ergründen. Daher meine Fragen, die Sie bitte als Routine verstehen möchten: Welche Funktion hatte Jochen Drohst in Ihrem Unternehmen, wann haben Sie ihn zuletzt gesehen, was können Sie über ihn als Privatperson berichten und wo waren Sie in der Nacht von Donnerstag auf Freitag letzter
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