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Hafenweihnacht

Hafenweihnacht

Titel: Hafenweihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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Type. Da wird einem dieser Zindl mit seinem zielorientierten Aura-Tunneling richtig sympathisch.«
    Wenzel schaltete sein Handy aus. »Ein ganz eigenartiger Typ, sehr markantes Außeres. Sieht aus wie eine Mischung zwischen Krähe und Falke und so begegnet er einem auch – klug, immer auf der Hut und ständig in Frontalposition, mit einer sehr ausgeprägten Angriffslust. Schon komisch, dass so einer ausgerechnet Prediger wird und es fertigbringt, Leute um sich zu scharen. Er hat uns gesagt, er sähe sich als Pontifex.«
    »Brückenbauer«, erklärte Lydia mit sarkastischem Ton, »so einer … Brückenbauer.«
    Gommi grinste sie an und meinte: »Dann ist die Brückenbauerin ja die Pontifexe!« Er lachte laut.
    »Ein ganz, ganz übler Kerl«, erwiderte sie böse, und ließ Gommi ein wenig schmoren, bevor sie hinzufügte, »dieser bigotte Predigerheini. Der hat mich was genervt mit seinem Betroffenheitsgequatsche und seiner Bigotterie. Wie Wenzel schon sagte, ständig hat er einen fixiert, es niemals zugelassen den Blickkontakt aufzugeben. Sehr unangenehm. Aber es hat ihm nichts genutzt.«
    Wenzel erzählte weiter, wie kalt Rohner über die Nachricht vom gewaltsamen Tode Jochen Drohsts mit einem Bibelzitat hinweggegangen war, ihm aber ab diesem Zeitpunkt eine Anspannung anzumerken gewesen war. Die Fragen nach seiner Funktion als Prediger oder Vorstand einer religiösen Gruppe hatte er ausweichend beantwortet, und mit Drohst wollte er schon seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr gehabt haben.
    »Da habe ich mir den Herrn aber gleich vorgenommen und ihn gefragt, wie es sein kann, dass Zeugen ihn erst vor Kurzem am Haus in Nonnenhorn gesehen haben und was es mit der Tatsache auf sich hat, dass er in Erbstreitigkeiten verwickelt ist, die mit der Familie Drohst zu tun haben. Auweh, auweh. Da ist er ganz fuchtig geworden, der Herr. Einer wie der kann es nicht vertragen unter Druck zu geraten, denn es ist ja seine Lebensaufgabe Druck auszuüben, und ich meine, es hat ihn wahnsinnig gewurmt, von einer Frau so direkt angepackt zu werden. Die anderen waren noch rumgestanden, in dem Betsaal da … das war ihm gar nicht recht. Immerhin hat er uns ein Alibi liefern können.«
    Wenzel schmunzelte. »Vor dem Betsaal standen jede Menge Autos herum. Gehobene Mittelklasse … hat zu den Typen gepasst. Wir haben die Kennzeichen überprüft und uns die Halter geben lassen, von diesen Gerechtfertigen.«
    »Gerechtfertigten«, verbesserte Wenzel.
    »Nein, nein, ich habe das schon richtig gesagt – die Gerechtfertigen.«
    Schielin stellte das Weinglas auf den Tisch und spürte den Aromen nach. »Ich war heute in Bregenz bei diesem Adrian Zuger. War recht ergiebig, was Drohst betrifft. Von allen, die wir bisher über ihn befragt haben, wurde er als unzugänglich, streitbar, kalt, aggressiv und unfreundlich beschrieben. Man könnte die Liste noch fortsetzen. Er war ein Einzelgänger und lebte völlig zurückgezogen.«
    Robert Funk fiel mit pathetischem Ton ein und rezitierte: »Gesellschaft braucht der Tor, und Einsamkeit der Weise.«
    »Goethe?«, frage Lydia Naber.
    »Rückert«, lautete die Antwort.
    Schielin sprach weiter: »Klingt nach einem klugen Spruch für den ersten Moment. Aber ich genieße eure Gesellschaft hier und jetzt sehr gerne, und – was Drohst angeht –, ich bin mir sicher, dass ihm alle bisherigen Urteile nicht gerecht werden konnten, denn meiner Meinung nach deutet alles darauf hin, dass er ein Autist war, schlicht unfähig zu sozialer Interaktion und hochbegabt im Umgang mit Zahlen, mit mathematischen Fragestellungen, Algorithmen. Wir werten und interpretieren sein Verhalten bisher in gleicher Weise wie die Personen, die wir über ihn befragt haben, aber das führt uns in die Sackgasse …«
    Kimmel unterbrach ihn vorsichtig: »Entschuldigung, Conrad, wovon sprichst du? Dieser Zindl sitzt als Mordverdächtiger ein. Welche Bedeutung hat das, wovon du sprichst?«
    »Die einzige Verbindung zwischen Zindl und Drohst lässt sich über die Gegenstände herstellen, die Zindl geklaut hat – Handy und Brieftasche. Eine andere existiert nicht.«
    »Ja, das reicht aber doch völlig aus«, meinte Kimmel.
    »Fragt sich nur, wofür es ausreicht. Für Diebstahl, für Raub, für Diebstahl … Körperverletzung mit Todesfolge? Mich treibt ein ungutes Gefühl um. Zindls Anwalt, ich glaube, der hat noch einen Trumpf versteckt. Wie der aufgetreten ist, das hat mich stutzig gemacht.«
    Robert Funk bestätigte dies. »Das war wirklich

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