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Hafenweihnacht

Hafenweihnacht

Titel: Hafenweihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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komisch. Irgendwas könnte da schon noch kommen.«
    Schielin fuhr fort: »Dieses Haus in Nonnenhorn, diese Erbgeschichte, die Gerechtfertigten und die Schwester – die interessieren mich immer mehr. Ich muss mit dieser Schwester noch mal reden.«
    »Sie hat ein Alibi«, erinnerte Robert Funk.
    »Das meine ich nicht. Sie hatte immerhin heftige Auseinandersetzungen mit ihrem Bruder und sie muss uns mehr darüber erzählen, als sie das bisher getan hat. Vor allem was die Verbindung zu diesen Gerechtfertigten angeht«, antwortete Schielin und seine Stimme nahm einen eindringlichen Ton an, »dieses eigenartige Haus in Nonnenhorn, mit der räumlichen Trennung von Eltern und Kindern … dann wird da eingebrochen, und das ausgerechnet in der Nacht, in der Jochen Drohst im Lindauer Hafen stirbt, zu Tode kommt, zu Tode gebracht wird? Nein – das ist alles nicht zufällig, zwischen all diesen Bruchstücken besteht ein Zusammenhang, sie gehören zusammen, da bin ich mir sicher; und Zindl – Zindl passt da überhaupt nicht rein.«
    Jetzt war es raus.
    Kimmel richtete sich erschrocken auf. »Du bist von Zindls Täterschaft nicht überzeugt?«, fragte er und sah verdutzt in die Runde, die von Schielins neuer Ermittlungsausrichtung so gar nicht verwundert zu sein schien, was ihn noch mehr irritierte. Hatte er gar nicht mehr mitbekommen, was auf seiner Dienststelle gelaufen war? Hatte er den Kontakt verloren?
    »Zindl ist unser Verdächtiger und unsere Ermittlungen hatten und haben durchaus den Zweck solche Anhaltspunkte und Indizien zutage zu fördern, die seine Täterschaft untermauern – aber da ist nun mal nichts und wir brauchen einen Plan B.«
    »Einen Plan B?«, Kimmel verstand das nicht. Wozu brauchte man einen Plan B?
    Lydia Naber erklärte: »Falls wir mit einer Anklage gegen Zindl Probleme kriegen.«
    Vom Kamin her drang ein lauter Knall, als in einem der mächtigen Scheiter ein Harzpfropfen explodierte. Funken stoben hysterisch auf. Das Gespräch blieb unterbrochen.
    Vom Eingang her kamen drei Leute. Sie unterhielten sich französisch, wie zu hören war, als sie am Tisch vorbeigingen. Robert Funk nutzte die Pause und beugte sich nach vorne: »Drei Engländer, ein Club … drei Deutsche, ein Verein … und drei Franzosen?«
    Die anderen sahen ihn erwartungsvoll an.
    »Eine glückliche Ehe.«
    Damit war der offizielle Teil des außergewöhnlichen Treffens beendet und Kimmel verkündete seine Entscheidung, sich noch vor Weihnachten an der Hüfte operieren zu lassen.
    Aha, dachte Lydia Naber, deshalb ist er heute Abend so aufgeräumt. Na endlich.
    Für den nächsten Vormittag entschuldigte sich Schielin. Er hatte einen Termin mit Ronsard.
    In der Nacht fand er keinen Schlaf. Seine Gedanken kreisten um den Ertrunkenen. Hatte denn niemand erkennen wollen, was es mit seinem Verhalten auf sich hatte? Die Nacht plagte ihn mit einem Gang durch die Zwischenwelt der Träume und des Halbschlafs. Unruhig dämmerte er dem Morgen entgegen.

Geheimnisse
    In der Nacht war der Wind zur Ruhe gekommen und dichter Nebel war über dem Wasser aufgestiegen. Der See lag still, mit unsichtbarem, glattem Gesicht und die Kälte blieb im Dunst gefangen. Der Nebel schluckte alle Konturen, alle Geräusche, und so war am Morgen eine große Stille um die Lindauer Insel, welche von keinem Geläut, keinem Motor und nicht einmal durch das Grollen und Knattern der Eisenbahnen gestört werden konnte.
    Lydia Naber hatte ebenfalls eine unruhige Nacht hinter sich gebracht und war früher als sonst aufgestanden. Ihr Mann atmete tief und friedlich und sie beneidete ihn um die Ruhe, die er in sich trug. Sie schlich leise in die Küche, schloss sachte die Tür und setzte Wasser für einen Tee auf. Die Uhr klackte rhythmisch und der Kräutertee wirkte beruhigend.
    Der letzte Abend im Portner hatte so gutgetan, aber als sie spät zu Hause angekommen war und endlich müde im Bett lag, konnte sie das Denken nicht abstellen: Ihr Gespräch mit Rohner, das Haus in Nonnenhorn, die merkwürdige Schwester … und immer wieder tauchte dieser Rohner mit seinem zerfurchten, strengen Gesicht und der weißen Mähne auf.
    Es war noch stockdunkel, als sie das Haus verließ, und sie kam nur langsam im dichten Nebel voran.
    Obwohl sie lange gefeiert hatten, war sie nicht die Erste auf der Dienststelle. In den Büros von Robert Funk und Kimmel brannte schon Licht. Sie widmete sich dem rituellen Ordnen der Kriminalakte; kopierte, lochte, prüfte alles auf Vollständigkeit und heftete

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