Hafenweihnacht
Klebezettel mit Vermerken an, wo sie hingehörten. Wenzels Stimme, der heute spät dran war, lockte sie in Funks Büro. »So schön der Abend gestern war, ich habe trotzdem nicht zur Ruhe gefunden. Dieser blöde Fall hat mich die ganze Nacht wach gehalten. Eine Wut habe ich gekriegt … auf diesen Rohner … mir ist erst in der Nacht klar geworden, was da in Nonnenhorn passiert sein könnte.«
»Und was ist da passiert?«, fragte Wenzel, der müde im Besuchersessel hing und verhalten gähnte.
»Erinnerst du dich, was dieser Rohner gesagt hat? Er sagte: Niemand entrinnt Gott und der von ihm gestellten Herausforderung mit seiner Strafe umzugehen.«
Wenzel versuchte sich an diesen Satz zu erinnern. Rohner hatte jedoch so viel Geschwätz von sich gegeben, dass er zuletzt gar nicht mehr hingehört hatte. »Kann sein, aber …«
Lydia unterbrach ihn: »Ich erinnere mich genau daran. Es war, als wir ihn nach dem Verhältnis von Jochen und Britta Drohst zu ihren Eltern fragten. Und mir ist erst in der Nacht klar geworden, was er damit meinte – nachdem Conrad ganz richtig die Sache mit seiner autistischen Persönlichkeit angesprochen hatte. Mensch! Beide Kinder … beide sind naturwissenschaftlich hochbegabt. Der Bub war ein Zahlengenie und diese Britta ist doch auch ein Überflieger. Aber als sie Kinder waren und noch nicht mit ihren Begabungen glänzen konnten – da stand ihr seltsames Verhalten im Vordergrund. Sie haben vermutlich erst sehr spät begonnen zu sprechen und sich ganz anders entwickelt als andere Kinder … ihr versteht?« Sie sah in die Runde. Inzwischen stand Kimmel in der Tür und hörte zu.
»Ich glaube, dieser Rohner hat ihnen das als Strafe Gottes um die Ohren geschlagen, so war das! Dabei hatten sie zwei hochbegabte Kinder, nur hat sich damals niemand um Autismus geschert. Eine Strafe Gottes! Und die haben das geglaubt. So war das, da bin ich mir sicher. Jedenfalls nicht viel anders. Da muss man doch komisch werden.«
»Könnte so gewesen sein«, meinte Robert Funk, »und welche Auswirkungen hat das auf unseren Fall?«
»Keinen … vermutlich keinen. Ich habe nur eine Wut auf diesen … diesen Gerechtfertigen … im Nachhinein.«
»Werden wir den noch mal vernehmen?«, fragte Kimmel.
»Könnte sein.«
»Dann will ich dich nicht in der Nähe von ihm sehen, hast du mich verstanden?«
Er drehte sich um und ging in den Besprechungsraum. Lydia Naber schnitt ihm eine Grimasse, als er aus der Tür verschwunden war und obwohl er schon im Gang war und sie nicht sehen konnte, rief er laut: »Da kannst du machen, was du willst, ich bleibe dabei.«
Sie grinste. Er war schon wieder fast der Alte.
Gommi ließ auf sich warten. Er hockte im Büro und telefonierte mit dem LKA. Kimmel schob seine Unterlagen unruhig hin und her. Was hatte der nur so lange mit denen in München zu quatschen? Er wurde daraus nicht schlau. So lange war das noch gar nicht her, da wusste Gommi noch nicht mal, wo und was das LKA war und jetzt riefen die ständig bei ihm an. Wie hatte er das nur geschafft?
Gommi hatte sich an die SMS erinnert, die ihn am gestrigen Abend von Xari erreicht hatte. Xari war komisch am Telefon gewesen und hatte ihn dann auf dem privaten Handy zurückgerufen. So recht wusste er nichts mit dem anzufangen, was Xari ihm erzählte. Er bedankte sich höflich und eilte sich zur Besprechung zu kommen, denn er wusste, wie wenig Kimmel Unpünktlichkeit mochte.
»Was hast du denn gar so geschäftig mit den LKA’lern zu tun?«, wurde er auch gleich empfangen.
Er setzte sich und brummte nachdenklich. Etwas plagte ihn.
»Was ist denn los, Gommi?«, fragte Lydia besorgt, »ist was passiert?«
»Na ja, ich weiß nicht so recht. Des war der Xari vom LKA. Das war ganz komisch. Er wollte nicht am Telefon reden, also an unserem und hat mich auf dem privaten Handy angerufen. Gestern, als ich die Sachen in München abgegeben haben, da waren am Abend noch Leute da.«
Lydia Naber hakte skeptisch nach. »Leute, welche Leute?«
»Zwei Typen, wie der Xari gesagt hat. Die waren bei demjenigen, der die Notebooks vom Drohst ausgewertet hat, und haben sich die Notebooks angesehen und Fragen gestellt.«
»Dem Gutachter?«, wollte Kimmel wissen.
»Ja. Und der Xari hat gesagt, die seien vom befreundeten Dienst gewesen, so hat er gesagt – befreundeter Dienst. Was ist bitte ein befreundeter Dienst?«
Kimmel stand der Mund offen, Lydia auch.
Wenzel sagte. »Hast du das noch nie gehört Gommi – befreundeter
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