Hahn im Korb.
für ein Fest ist das?«
»Das erkläre ich dir später«, meinte Giovannino.
Der mit dem schwarzen Anzug erhob sich und streckte und reckte sich ausgiebig.
»Wenn ich noch einen einzigen Tag länger in diesem Mistkaff bleibe, dreh' ich durch«, sagte er. Und fügte hinzu: »Laß uns ein wenig die Beine vertreten.«
Er machte sich auf den Weg, ohne auf seinen Begleiter zu warten.
»Einen wunderschönen guten Tag, Don Vito«, grüßte Corbo laut und herzlich schon aus dreißig Meter Entfernung.
Daß der Maresciallo die feste Absicht hatte, ihn in ein
Gespräch zu verwickeln, merkte Vito an dem gemächlichen Schritt, mit dem er näherkam; da war nichts zu machen, er war an der äußersten Spitze der östlichen Hafenmole unterhalb des Leuchtturms gefangen – der einzige Ausweg wäre, sich ins Meer zu stürzen, und in einem Sekundenbruchteil von Panik war er versucht, genau das zu tun. Seit zwei Stunden war er bereits hier, um die Dinge zu überdenken und alles – Aussagen, Gesten, Blicke – wieder und wieder verbissen durchzugehen; doch jedesmal verklebte das negative Ergebnis sein Gemüt wie mit einer Pechschicht. Und jetzt auch noch Corbo, der hatte ihm zu seinem Glück noch gefehlt! Steckt man einmal in der Scheiße, sinkt man immer tiefer, dachte er voller Selbstmitleid. Der Platz war abgelegen, auf einem Felsen in der Nähe saß in sich versunken ein älterer Fischer mit Angelschnur; der Hafenverkehr, der sich ausschließlich auf dem mittleren Kai abspielte, drang wie ein gedämpftes Brummen herüber.
»Störe ich?« erkundigte sich Corbo.
»Um Gottes willen!« log Vito.
Corbo setzte sich gewichtig neben ihn, zog seine Mütze und legte sie auf die Knie, dann wischte er sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn, der dort eine glitzernde Krone gebildet hatte.
»Glauben Sie mir das?« sagte er. »Ich habe in dieser Saison kein einziges Mal richtig im Meer gebadet. Ach, das Meer ist schon etwas Schönes!«
Sie verharrten eine Weile schweigend, dann setzte Corbo seine Mütze wieder auf, als wollte er mit dieser Geste die Rückkehr zum offiziellen Teil einleiten.
»Guter Don Vito«, fing er an, »haben Sie mir nichts zu berichten?«
»Worüber?« fragte Vito scheinheilig und spürte, wie ihm das Herz in die Hose rutschte.
Corbo bückte sich, nahm eine Handvoll Kieselsteine und begann systematisch auf die Schale einer Wassermelone zu zielen, die in der Nähe der Felsen schwamm.
»Sehen Sie«, sagte er, »heute nacht, als geschossen wurde …« Er unterbrach sich und fragte: »Sie wissen doch, daß heute nacht in Ihrer Gegend geschossen wurde?«
»Ich habe die Schüsse gehört.«
»Gut«, fuhr Corbo fort, »als sie geschossen haben, bin ich sofort losgerannt – ich verhörte gerade einen Bauern –, aber ich konnte nichts entdecken. Auf dem Rückweg hatte ich mich schon fast damit abgefunden, daß alles vertane Liebesmüh' war, da begegnete ich Mammarosa, der Höllenqualen auszustehen schien. Carbone war bei mir, und der hatte denselben Eindruck. Er wollte, daß wir Ihnen umgehend einen Besuch abstatten, doch ich sagte nein.«
Er machte eine Pause. Vito verstand, daß es nun an ihm war zu sprechen, und setzte eine skeptische Miene auf.
»Verzeihen Sie mir«, sagte er, »ich glaube, nicht recht verstanden zu haben. Wenn ich nicht irre, hatten Sie und Carbone heute nacht die Absicht, zu mir nach Hause zu kommen?«
»Da irren Sie sich nicht«, entgegnete Corbo trocken und fuhr fort: »Wenn wir Sie noch mit pochendem Herzen und vor Schreck gefrorenem Blut angetroffen hätten, glauben Sie nicht, mein lieber Don Vito, daß Sie mir und meinem Kollegen etwas zu sagen gehabt hätten? Ich habe mich heute nacht Ihnen gegenüber als Freund erweisen wollen; heute morgen hatte ich eigentlich mit Ihrem Besuch in der Kaserne gerechnet. So habe ich mich schließlich auf den Weg gemacht, um Sie aufzusuchen. Hier bin ich nun.«
Wieder eine Pause. Da Vito nichts sagte und sein Gesicht immer noch gekünsteltes Erstaunen zeigte, begann Corbo geduldig noch einmal von vorne: »Kaum hatte ich Mammarosa gesehen …«
»Und Sie wollen auf einen verkalkten Blinden hören?« fiel ihm Vito ins Wort.
»Tun Sie ihm nicht unrecht, diesem armen Alten«, sagte Corbo mit leichtem Tadel.
Vito spürte, wie ihm die Schamröte ins Gesicht schoß, und dankte Gott, daß der Maresciallo, der mit Steineschleudern beschäftigt war, ihn nicht beobachtete.
»Außerdem
Weitere Kostenlose Bücher