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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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sondern kaufte auch das Seil, mit dem Lichtenstein stranguliert
wurde. Wenn das keine erfreuliche Entwicklung der Dinge ist! Leider weiß ich
nicht, wo sich Stafforst zur Zeit herumtreibt. Aufgrund seines Vorlebens
vermute ich, in Hamburg.«
    »Ich
habe Karl Hopf festgenommen«, sagte Richard.
    »Wie
bitte?«
    Richard
berichtete, was sich in Niederhöchstadt zugetragen hatte, allerdings, ohne
Victoria zu erwähnen.
    »Hat
Schick nicht behauptet, der Schlüssel gehöre Lichtenstein?«
    »Jetzt
steht fest, daß er Hopf gehört.«
    »Sie
meinen also, es waren drei Täter.«
    Richard
nickte. »Vorausgesetzt, Ihre Stafforst-Spur stimmt, müssen wir davon ausgehen.«
    »Ich
bin sicher, daß sie stimmt.« Er gab Richard ein Fernschreiben. »Das kam
ebenfalls heute an. Wie es aussieht, ist der Bürogehilfe aus der Zeil 69
verrückt geworden. Wenn Sie mich nicht mehr brauchen, würde ich gern die
Fahndung nach Stafforst vorbereiten.«
    »Tun
Sie das.«
    Beck
ging. Richard las die Meldung und dachte an den nervösen Hermann Neander. Dieser
verflixte Fall war in der Tat zum Verrücktwerden! Wenn Hopf der dritte Mann
war, mußte es eine Verbindung zu Groß oder zu Stafforst geben! Und was war mit
dem Frauenschuh im Kontor? War Zilly etwa mit drei Begleitern am hellichten
Mittag unbemerkt in Lichtensteins Geschäft spaziert? Liebe Zeit, das war
unmöglich! Genauso wie ein Raubmord in einer belebten Straße, in einem von
Dutzenden von Menschen bevölkerten Haus, dachte er bitter. Er sah die
häßlichen Photographien von Zilly vor sich, dazwischen schob sich das Bild im
Fechtboden. Wie Victoria Hopf angesehen hatte! Wie er ihre Hände gehalten
hatte! An den betretenen Gesichtern von Baumann und Heusohn hatte er ablesen
können, daß sie das gleiche gedacht hatten wie er. Die Vorstellung, daß sie
kurz davor gewesen waren, sich zu küssen, war kaum zu ertragen. Richard fühlte,
wie ein unbändiger Zorn in ihm hochkam. Nicht nur, daß seine Frau ihm Hörner
aufsetzte und ihn vor Untergebenen unmöglich machte, sie gab ihn auch noch dem
Spott eines Beschuldigten preis!
    Er
blätterte in Baumanns Unterlagen und versuchte, sich auf Dienstliches zu
konzentrieren. An dem Brandbericht gab es nichts zu mäkeln. Er enthielt
allerdings nicht den geringsten Hinweis auf den Verdacht einer Straftat. Die
Unterlagen zum Tod von Josefa Hopf waren umfangreich. Richard las Vermerke und
Berichte über Hopfs Vorleben, zum Tod seines unehelichen Kindes und seines
Vaters, zur Erkrankung eines Dienstmädchens und diverse arzneirechtliche
Abhandlungen. Die Hebamme hatte Baumann über mehrere Seiten vernommen, ebenso
Nachbarn und Dr. Portmann. Auch der Sektionsbericht war beigefügt.
    Keine
Frage: Der Wachtmeister hatte gut gearbeitet, und seine Zweifel an einem natürlichen
Tod von Josefa Hopf waren nachvollziehbar, wenn auch mit den vorliegenden
Schriftstücken nicht eindeutig zu belegen. Warum die Ermittlungen nicht
weitergeführt worden waren, konnte sich Richard nach Baumanns Äußerungen
denken. In der Sache Lichtenstein halfen die Informationen jedenfalls nicht
weiter. Bis auf die Tatsache, daß Hopf offenbar hin und wieder in Geldnöten
war.
    Als
Richard die Akte in den Umschlag zurückstecken wollte, beschlich ihn ein flaues
Gefühl. Hatte er etwas übersehen? Einen Umstand nicht bedacht? Er breitete die
Unterlagen auf seinem Schreibtisch aus und begann von vorn. Die Uhren schlugen
Mitternacht, als er nach Hause ging.
    Wie am
vergangenen Abend saß Victoria in seinem Zimmer. Diesmal hielt sie kein Buch in
den Händen. Ihre Augen waren rot. Offenbar hatte sie geweint. »Bevor du etwas
sagst, hör mich bitte an«, sagte sie leise.
    Richard
merkte, wie die Wut zurückkam. »Weißt du eigentlich, was du angerichtet hast?«
    »Ich
habe dir gestern gesagt, daß Herr Hopf Flora und mich nach Niederhöchstadt
eingeladen hat. Hättest du mir zugehört, statt einzuschlafen, wäre das alles
nicht passiert.«
    »Und du
glaubst, das rechtfertigt, daß du... und er...« Ihm fehlten die Worte.
    »Es ist
nicht so, wie du denkst.«
    »Ach ja?
Und wie ist es dann?«
    »Karl
Hopf hat sich mit seinem Stallburschen einen Schaukampf geliefert, weil Flora
unbedingt seine Fechtkünste sehen wollte. Danach bemerkte ich, daß er verletzt
war. Jemand hat ihm den Rücken blutig geschlagen! Und es ist noch nicht allzulange
her.«
    »Er
wird's verdient haben.«
    »Was
hast du mit ihm gemacht?«
    »Ist
das das einzige, was dich interessiert?«
    Sie
streckte ihm die Hände hin.

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