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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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»Bitte, Richard. Ich möchte nicht, daß du aus Ärger
auf mich etwas Unüberlegtes tust.«
    Er
überging die versöhnliche Geste. »Ich habe Hopf wegen Mordverdachts
festgenommen. Morgen wird er dem Richter vorgeführt. Mehr werde ich dazu nicht
sagen. Und jetzt laß mich bitte allein.«
    »Aber...«
    »Herrgott
noch mal! Das ist keine von deinen lächerlichen Detektivgeschichten!«
    »Was
ist bloß aus uns geworden«, sagte sie traurig und ging.
    In
einem ersten Impuls wollte Richard ihr folgen, aber er blieb am Fenster stehen.
Das Licht einer Laterne flackerte im Wind. Der Main versteckte sich in der
Dunkelheit. Plötzlich wußte er, wo der Fehler lag. Er hat einen ganzen
Schrank voll mit solchen Fläschchen, und die Hunde werden von seiner Arznei
immer ganz schnell wieder gesund. Sie hatten das ganze Haus auf den Kopf
gestellt und kein einziges Medikament gefunden!
     
    Kapitel
13
     
    Abendblatt                                                   
    Mi ttwoch, 2. März 1904
    Frankfurter
Zeitung und Handelsblatt
     
    Der
Raubmord auf der Zeil. Aus der Zelle, die Groß
inne hat, drang heute Morgen Schluchzen. Als der Wärter nachsah, standen dem
Verhafteten Tränen in den Augen. Er soll den ganzen Morgen über geweint haben.
    Der
Polizei waren bis gestern insgesamt zweihundertundachtzehn Mitteilungen in
der Mordsache zugegangen. Augenblicklich fahndet man, wie wir erfahren, nach
zwei Leuten, die dringend verdächtig sind, in die Angelegenheit eingeweiht zu
sein.
    Von
einem traurigen Schicksal ist Hermann Neander, Bureaugehilfe bei den
Rechtsanwälten Mettenheimer und Pachten, die ihre Bureaus im zweiten Stock des
Hauses Zeil 69 haben, ereilt worden. Neander war bekanntlich einer der drei
Herren, die zuerst die Mordtat entdeckten. Aus Limburg wird uns nun berichtet:
Dienstag Abend gegen 10:30 Uhr kam er mit dem Frankfurter Zug hier an und traf
seine Freunde im Hotel zur alten Post. Schon bei der ersten Begrüßung äußerte
Neander zu einem Bekannten: »Du kannst mir glauben, ich war der Mörder nicht.«
Man suchte ihm seine fixen Ideen auszureden. Neander wurde aber immer aufgeregter.
Auf seinem Zimmer fing Neander an zu toben. Jetzt wurden zwei Schutzleute
requiriert, mit deren Hilfe man den Tobenden ins St. Vincenz-Hospital
verbrachte. Heute Morgen wurde die Polizei in Frankfurt sofort von dem
Vorkommnis verständigt.
     
    L auras Glücksgefühl machte einem dumpfen Magendrücken Platz, als
sie am Mittwoch morgen das Polizeipräsidium betrat. Wie würde Martin Heynel
reagieren? So tun, als sei nichts geschehen, wie nach dem Vorfall im
Citronengäßchen? Als sie sich gestern gemeinsam die Stadt angesehen hatten, war
er zuvorkommend und aufmerksam gewesen, aber sie kannte ihn inzwischen gut
genug, um zu wissen, daß sein Verhalten sich ohne Vorwarnung ändern konnte.
    Obwohl
sie nicht den Eindruck gehabt hatte, daß er sich wirklich für das Goethehaus
oder die anderen Sehenswürdigkeiten interessierte, zu denen er sie führte,
hatte es Spaß gemacht, ihm zuzuhören. Daß sie den Reiseführer kannte, dem er
sein Wissen entlehnte, brauchte sie ihm ja nicht auf die Nase zu binden. Er saß
an seinem Schreibtisch und las.
    »Guten
Morgen, Herr Oberwachtmeister«, sagte sie.
    »Guten
Morgen, Polizeiassistentin«, erwiderte er lächelnd.
    Das
Telephon klingelte; kurz darauf waren sie auf dem Weg zum Gefängnis. Nach den
Untersuchungen entschuldigte sich Martin Heynel mit Ermittlungen. Er fragte
Laura nicht, ob sie ihn begleiten wollte, und es fiel ihr schwer, ihre
Enttäuschung zu verbergen. Wenn er glaubte, daß sie den Tag mit dem betrunkenen
von Lieben verbringen würde, hatte er sich getäuscht!
    Sie
ging in die Stadt, sprach bei verschiedenen Ämtern vor, überprüfte die
Pflegestelle für Anna Fricks Sohn und machte sich zusammen mit einem
Armenpfleger Gedanken darüber, welche Hilfsangebote sie den Dirnen zukommen
lassen könnte, um ihnen eine Wiedereingliederung ins bürgerliche Leben zu
ermöglichen.
    Als sie
zurückkam, waren weder von Lieben noch Martin Heynel im Büro. Sie schrieb ihre
Notizen ins reine, blätterte unentschlossen in einigen von Heynes Fachbüchern
und wandte sich dem Aktenschrank zu. Brauns Bemerkung ließ ihr keine Ruhe. Sie
nahm Zillys Akte heraus und las sie Blatt für Blatt noch einmal. Warum Cäcilie
von Ravenstedt falsche Personalien benutzte, was sie in Stuttgart gemacht
hatte und was aus ihrem Kind geworden war, wurde in Heynes

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