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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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Berichten und
Vermerken mit keinem Wort erwähnt. Der Oberwachtmeister hatte sich tatsächlich
mit der lapidaren Meldung zufriedengegeben, daß Cilla Zilly war und sich in
Stuttgart nichts hatte zuschulden kommen lassen.
    Laura
studierte die Stuttgarter Depesche. Wenn Zilly tatsächlich in den Mord an
Lichtenstein verwickelt war, konnte jede Kleinigkeit von Bedeutung sein.
Plötzlich lächelte sie. Stadtpolizeiamt Stuttgart? Wenn das keine glückliche
Fügung war! Laura nahm einen Bogen Papier aus Liebens Schreibtisch und fing an
zu schreiben. Sie hatte den Brief gerade beendet, als Martin Heynel hereinkam.
Neugierig schaute er ihr über die Schulter. »Mit wem korrespondieren Sie denn
so eifrig?«
    »Ich
habe eine Anfrage gemacht.«
    »In welcher
Sache?«
    Laura
faltete das Schreiben und steckte es in ein Kuvert. »In einer dringlichen.«
    »Etwa
für Kommissar Biddling?«
    »Sie
sagen mir auch nicht, wo und wann Sie welche Ermittlungen tätigen, Herr
Heynel! Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen?«
    Sie zog
ihren Mantel an und ging, den Brief aufzugeben. Als sie zurückkam, blätterte
Martin Heynel in Zillys Akte. »Die Dame scheint Sie ja mächtig zu
interessieren.«
    »Sie
nicht?«
    »Ich
habe andere Sorgen.«
    »Und
welche?«
    »Ich
muß Akten holen. Kommen Sie mit?«
    Im
Treppenhaus zog es erbärmlich, auf dem Flur war kein Mensch zu sehen. Martin
Heynel ging an der Registratur vorbei zur Bodentreppe, und Laura spürte ihre
Hände feucht werden. Auf was ließ sie sich ein? »Das muß ja ein uralter Fall
sein, wenn die Akten auf dem Dachboden lagern.«
    »Der
uralte und immer gleiche Fall«, sagte er lächelnd. Auf dem Boden war es
schummrig und kalt. Er öffnete eins der Fenster. »Schauen Sie!«
    Lauras
Herz klopfte, als sie neben ihn trat. Aus dem Dunst der Stadt ragte der Dom. Die
Schreie der Kutscher und Zeitungsjungen klangen wie aus einer fernen Welt.
»Eine interessante Aussicht, ja.«
    Er
lachte. »Ich lege Ihnen Frankfurt zu Füßen, und Sie sagen
    Interessante
Aussicht?«
    »Vom
Domturm sieht es bestimmt beeindruckender aus.« »Wir stehen hoch genug, Großes
klein zu sehen, doch nicht
    zu
hoch, ein Metermaß geringzuschätzen«, sagte er leise. Seine
    Hände
umschlossen ihr Gesicht. »Wir wollen es beide, nicht
    wahr?«
    Als
Laura später nach Hause ging, glaubte sie, jeder müsse ihr ansehen, was sie
getan hatte. Beim bloßen Gedanken an seine streichelnden Hände wurde ihr heiß.
Zärtlich war er gewesen und fordernd, hart und sanft, hatte Gefühle in ihr
entfacht, die sie niemals für möglich gehalten hatte, und ein so schmerzliches
Verlangen, daß sie glaubte, es keine Sekunde länger aushalten zu können,
während sie gleichzeitig wünschte, es möge nie enden.
    Er
hatte vorgesorgt, und er hatte recht. Das Schlimmste, was ihnen passieren
konnte, war ein Kind. Sie liebte ihn, sie hatte ihn vom ersten Tag an geliebt.
Und er? Sein Gesichtsausdruck hatte zufrieden gewirkt, fast, als habe er eine
überfällige Aufgabe erledigt. Aber was wollte sie eigentlich? Er verlangte
nichts, das sie nicht zu geben bereit war.
    Die
Stube im Rapunzelgäßchen war kalt. In der Küche flackerte Kerzenlicht, aber es
war niemand da. Laura wollte nach oben gehen, als sie draußen Stimmen hörte.
Sie schaute aus dem Fenster. Die Dämmerung hatte den Hof in ein dunkles Grau
getaucht. Am Brunnen brannte eine Lampe, und in ihrem Schein lief Helena hin
und her. Heiner versuchte, sie zu beruhigen. Als er sie am Arm faßte, riß sie
sich los und beschimpfte ihn. Laura konnte die Worte nicht verstehen, aber sie
sah, daß sie ihn trafen. Mitten in der Bewegung hielt Helena inne, schlug die
Hände vors Gesicht und weinte. Behutsam führte Heiner sie ins Haus. Kurz darauf
kam er in die Küche.
    »Guten
Abend, Fräulein Rothe«, begrüßte er sie lächelnd. »Möchten Sie einen Kaffee?«
    Laura
nickte. »Geht es Ihnen gut?«
    »Aber
sicher. Warum fragen Sie?«
    »Ist
Ihre Frau nicht da?«
    »Sie
ist schon zu Bett gegangen.«
    Er
schenkte Kaffee aus und setzte sich zu ihr an den Tisch. Laura rang mit sich.
»Bitte verstehen Sie mich nicht falsch«, begann sie zögernd. »Ich glaube,
Helena
    »Ja«,
sagte er müde. »Sie ist ein bißchen vergeßlich.«
    Laura
hätte ihm gerne etwas Tröstliches gesagt, aber es fiel ihr einfach nichts
Passendes ein.
    Am
Donnerstag war Paul Heusohn so früh im Präsidium, daß noch die Nachtbeleuchtung
brannte. Als er Richards Büro aufschloß, kam Martin Heynel über den Flur.
    »Guten
Morgen,

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