Hahn, Nikola
süffisant.
Daß er die Situation offenkundig genoß, machte Victoria wütend. Er bat seine
Besucher in den Hof und pfiff.
Benno
und Flora kamen aus dem Stall gelaufen. Flora fiel Richard in die Arme. »Das
ist ja fein, Papa! Jetzt lernst du Karl endlich auch kennen.«
Bevor
Richard etwas erwidern konnte, sagte Victoria: »Ich bedanke mich für Ihre
Einladung, Herr Hopf. Es ist an der Zeit, daß wir nach Hause fahren. Komm,
Flora.« Floras verständnisloser Blick wanderte zwischen ihren Eltern und Karl
Hopf hin und her, aber sie schien zu spüren, daß es angebracht war, ihrer
Mutter Folge zu leisten. Victoria nahm sie bei der Hand, nickte den Männern zu
und ging.
Hopf
sah Benno an. »Weißt du, wo das Vorhängeschloß ist, das ich neulich
aufgebrochen habe?«
»Ich
hol's«, sagte er.
Richard
sah den Landauer vom Hof fahren und atmete auf.
»Erklären
Sie mir vielleicht langsam mal, was Sie von mir wollen, Kommissar?« sagte Hopf.
Benno
kam zurück und gab Richard das Schloß. Es war rostig und der Bügel
durchgesägt. Richard steckte den Schlüssel hinein. Er paßte. »Ich bin gespannt,
wie Sie mir das erklären werden, Herr Hopf.«
»Wo
haben Sie ihn gefunden? Etwa in Lichtensteins Lokal? Wie ich Ihnen bereits sagte,
habe ich Hermann Lichtenstein im Februar zweimal in seinen Geschäftsräumen
aufgesucht. Es wäre also durchaus möglich, daß ich den Schlüssel bei einem
dieser Besuche verloren habe.«
»Er lag
neben der Leiche«, sagte Richard. »Sie sind vorläufig festgenommen, Herr Hopf.«
»Sie
wollen mich wohl auf den Arm nehmen!«
»Nicht
im mindesten. Sie stehen im Verdacht, zusammen mit Oskar Bruno Groß Hermann
Lichtenstein ermordet zu haben, und wir werden jetzt Ihren Stall und das Haus
durchsuchen. Anschließend überführe ich Sie nach Frankfurt. Sollten Sie die
geringsten Schwierigkeiten machen, lasse ich Sie fesseln.«
»Ich
kenne keinen Oskar Bruno Groß!«
»Diesmal
haben Sie einen Fehler gemacht, Hopf«, sagte Wachtmeister Baumann.
»Das
werden wir noch sehen, wer hier welchen Fehler gemacht hat.«
»Zuerst
den Keller«, sagte Richard.
Sie
gingen gemeinsam hinunter. Wachtmeister Baumann verzog das Gesicht, als sie
den stinkenden Dosenstapel passierten. Richard deutete auf das Schloß an der
hinteren Kellertür. Hopf zuckte die Schultern. »Ich habe leider den Schlüssel
verlegt.«
»Das
glauben Sie ja wohl selbst nicht!« erwiderte Wachtmeister Baumann ungehalten.
Richard
verlangte Hopfs Schlüsselbund, aber keiner der Schlüssel paßte. »Dann brechen
wir das Ding halt auf!« sagte Baumann.
»Das
wird nicht nötig sein, Herr Wachtmeister.« Paul Heusohn nahm einen Draht aus
seiner Hosentasche und hantierte damit an dem Schloß. Es dauerte keine halbe
Minute, bis die Tür offen war.
»Erlauben
Sie, daß ich Licht mache?« fragte Hopf süffisant.
»Eine
falsche Bewegung, und
Hopf
zündete eine Gaslampe an. »Ich habe keinen Grund, davonzulaufen, Kommissar.«
Richard
nahm die Lampe und ging voraus. Hopf hatte die Wahrheit gesagt. Es war ein
Weinkeller. Von der Decke hingen Spinnweben. Richard leuchtete zwei große und
mehrere kleine Weinfässer und Regale mit staubigen Flaschen ab. Nirgends war
etwas Auffälliges zu entdecken.
»Was
hatten Sie erwartet?« fragte Hopf. »Eine private Leichenhalle?«
»Wo ist
das Spiegelzimmer?«
Hopf stutzte,
dann grinste er. »Benutzen Sie Ihre Tochter zum Spionieren?«
»Wo?«
wiederholte Richard.
»Hinter
der Bibliothek.«
Paul
Heusohn betrat den Raum als erstes und sah sich überrascht um. »Haben Sie
diese Aufnahmen gemacht?«
»Samt
und sonders, junger Mann«, sagte Hopf belustigt.
»Darf
man fragen, nach welchen Kriterien Sie die Frauen aussuchen?«
»Nach
ihrer wahrhaftigen Farbe.«
Paul
Heusohn sah verwirrt auf die Schwarzweißbilder.
»Du
bist noch ein bißchen zu grün, das zu verstehen, Junge.«
»Zwei
Seiten einer Medaille. Ist es das, was Sie zeigen wollen?«
Hopf
lächelte. »Sollte ich Sie unterschätzt haben, junger Mann?« Er bemerkte
Richards Blick. »Ihre Schwägerinnen sind gut getroffen, was?«
Wachtmeister
Baumann und Paul Heusohn sahen Richard fragend an. Er wich ihnen aus und
tastete die Wandbespannung ab. In der Nähe des Fensters spürte er eine kleine
Vertiefung und erkannte die Umrisse einer Tür. Als er Anstalten machte, die
Verkleidung abzureißen, deutete Hopf auf eine der Photographien. »Der Schlüssel
steckt im Rahmen.«
Richard
hängte das Bild ab, nahm den Schlüssel heraus und schloß die
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