Hahn, Nikola
Lichtenstein?«
Richard
nahm Wachtmeister Baumanns Unterlagen aus seiner Mappe. »Das ist die Abschrift
einer Akte über Karl Hopf. Angelegt im Zusammenhang mit dem Tod seiner Frau.
Ich möchte gern, daß Sie mir sagen, was Sie davon halten.«
Heiner
sah ihn erstaunt an und fing an zu lesen. Richard hatte vier Tassen Kaffee
getrunken, bis er fertig war. »Es spricht einiges dafür, daß beim Tod von Frau
Hopf nicht alles mit rechten Dingen zuging, doch diese Schriftstücke reichen
nicht aus, einen dringenden Tatverdacht gegen ihren Mann oder einen Dritten zu
begründen. Aber sie sind auch kein Unschuldsbeweis. Wenn ich es zu entscheiden
hätte, würde ich auf jeden Fall weitere Ermittlungen anstellen.«
Richard
nickte. »Gut, daß Sie es so sehen.«
»Und
was hat das mit der Mordsache Lichtenstein zu tun?«
Richard
berichtete von seiner Fahrt nach Schönberg und den Vorkommnissen in
Niederhöchstadt. Daß er dort Victoria angetroffen hatte, ließ er unerwähnt.
»Staatsanwalt von Reden hat
Antrag
auf Untersuchungshaft gestellt. Hopf wurde heute dem Richter vorgeführt.«
»Ihrem
Gesicht nach zu urteilen, entsprach das Ergebnis nicht Ihren Erwartungen«,
sagte Heiner.
»Er
wurde entlassen.«
»Trotz
des Schlüssels?«
»Wegen
des Schlüssels! Eine halbe Stunde vor dem Termin war Lichtensteins Auslaufer
bei mir.« Richard haute mit der Hand auf den Tisch. »Hopf hat den Schlüssel in
Lichtensteins Kontor verloren, ja! Aber vor dem Mord! Lichtenstein wollte ihn
am 25. Februar angelegentlich einer Geschäftsfahrt nach Cronberg zurückbringen.
Und nur, weil ihm was dazwischenkam, hatte er das verdammte Ding am nächsten
Tag noch einstecken.«
»Wie kommt
es, daß der Auslaufer sich so überaus pünktlich daran erinnerte?«
»Hopfs
Verteidiger hat ihn aufgesucht und befragt. Als Schick Hopf und Niederhöchstadt
hörte, fiel's ihm wieder ein. Ich habe keinen Zweifel, daß er die Wahrheit
sagt. Aber heute nachmittag hätte ich ihn am liebsten geteert und gefedert.«
Heiner
grinste. »Ihrem Gemütszustand entnehme ich, daß Sie Hopf nach wie vor für
verdächtig halten.«
»Allerdings!«
»Und
was macht die Spur Groß?«
»Sitzt in
der Zelle und schweigt. Oder lügt! Beck und ich haben den Kerl vorhin fünf
Stunden lang vernommen. Ein Granitfels ist ein Wattebausch gegen ihn.«
»Der
granitene Wattebausch könnte ja auch unschuldig sein.«
»Danke,
Braun. Ich fühle mich schon fast wie in Francks Büro.« Richard sah seine
Kaffeetasse an. »In diesem verflixten Fall paßt einfach nichts zueinander!«
Heiner
holte einen Zettel und einen Bleistift. »Ich schlage vor, wir sortieren mal
alles, was Sie haben, malen ein bißchen drin herum und schauen, ob uns dabei
die große Erleuchtung kommt.« Als Richard nichts sagte, lächelte er. »Hopf und
Groß sind im Moment nicht Ihr Problem, stimmt's?«
Richard
schluckte. »Nein. Aber vorher dürfen Sie mir ein Glas von Ihrem Frankfurter
Gesöff einschenken.«
Als
Richard nach Hause kam, war es weit nach Mitternacht. Er verstaute den Umschlag
in seiner Nachtkonsole und wollte sich gerade auskleiden, als es klopfte. Es
war Victoria.
»Du
bist noch wach?« fragte er.
»Ich
habe auf dich gewartet. Wir müssen reden, Richard.«
»Bitte
entschuldige, aber ich bin müde.«
»Dein
Kollege war heute hier und hat mich verhört.«
»Hopf
ist wieder auf freiem Fuß. Das wolltest du doch hören, oder?«
Sie
faßte seine Hände. »Ich habe es dir gestern schon gesagt: Herr Hopf hatte mich
und Flora eingeladen.«
»Ja,
sicher! Es ist selbstverständlich meine Schuld, daß ich meine Frau in den Armen
eines Beschuldigten vorfinde, den ich gerade festnehmen will.«
»Wir
haben nichts getan, was dich in irgendeiner Weise kränken müßte.«
»Aber
viel später hätte ich nicht kommen dürfen, oder?«
Sie
ließ ihn los. »Karl Hopf kann nichts dafür, daß du wütend auf mich bist.«
»Ich
will nicht, daß du dich mit ihm triffst!«
»Dann
sag mir bitte, warum.«
»Er ist
Verdächtiger in einem Mordfall.«
»Ich
denke, der Richter hat ihn gehen lassen?«
»Weißt
du was? Mach, was du willst!«
»Ja,
Richard«, sagte sie. »Genau das werde ich tun.«
Kapitel
14
Abendblatt
Freitag , 4. März 1904
Frankfurter
Zeitung und Handelsblatt
Der Raubmord
auf der Zeil. Obgleich die
Verdachtsmomente gegen den Möbelträger Bruno Groß, daß er an der
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